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Die Maikaefer

Die Maikaefer

Titel: Die Maikaefer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Burkhard Driest
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Imker Richard Wittek. Sie waren drei Jahre älter als Günni, und er kam mit ihnen sehr gut klar. Das war wie ein Geschenk für ihn, denn mit den anderen Jungs auf dem Gut konnte er wenig anfangen, weil er nicht so stark, nicht so schnell und nicht so wagemutig war wie sie. Ich sah ihn oft schmächtig und verträumt am Fenster sitzen, wenn ich mir bei den Kelms Honig holte, den Brunhilde vom Imker mitbrachte. Da Günni und seine Mutter eine Allergie gegen Honig hatten, blieb immer genug für Ricki und mich übrig. Günni und seine Mutter waren sich auch sonst sehr ähnlich, beide waren dünn und hatten eine durchscheinende Haut.
    Ich rief ihm etwas zu, doch er winkte nur kurz und verschwand im Stall.
    Paul erklärte ich, dass nun gleich gemolken würde und ich ihm das morgen zeigen wolle. Er war damit zwar einverstanden, aber ich merkte, dass er vor den Tieren Angst hatte. Unbehaglich fand er es auch später an der Abendtafel, weil er nicht vom Krieg schwärmen durfte, wie er es sonst immer tat, denn auf Gut Drewitz hatten Kinder beim Essen zu schweigen, wenn sie nicht sowieso an einem Extratisch saßen. Das war keine bewusste Zurücksetzung, sondern ein ungeschriebenes Gesetz. Sogar die beiden von Tante Sissi so geliebten Dackel Plüsch und Plum mussten brav auf ihren Plätzen an der Tür zur Terrasse liegen und durften sich nicht mucksen.
     
    Als Hofmeister Erich Domke morgens die Glocke läutete, war ich schon angezogen und rannte schnell in Pauls Zimmer. Er schlief noch. Ich weckte ihn und beschrieb ihm, was für großartige Erlebnisse ihn erwarteten. Er zog sich die Decke über den Kopf, und ich bekam ihn nicht aus den Federn. Mir blieb nichts übrig, als an diesem ersten Morgen alleine loszuziehen.
    Im Kuhstall waren schon alle da, als ich kam. Am Eingang stand Günni Kelm, den ich nach Brunhilde und seinem kleinen Bruder Ricki fragte, doch er schaute mich nur an. Vielleicht träumte er wieder. Oder hatte Ärger mit irgendjemandem hier. Vielleicht mit Rupert »Ruppig« Rohr, der keine Träumer mochte und ihn mit Vorliebe aufs Korn nahm, obgleich er selbst ein Spinner war und oft Schauergeschichten erfand, um sich bei Schmierbacke wichtig zu machen. Für Schmierbacke tat er alles und war sehr stolz, ihn als Kumpel zu haben, denn Schmierbacke war der Anführer unter den Hütejungen. Für mich war Rupert ein Trottel, weil er wie ein Dackel hinter Schmierbacke her lief. Er versuchte, ihm alles gleich zu tun, und war sich überhaupt nicht bewusst, wie lächerlich er mit seinen schmalen, hängenden Schultern, dem langen Hals und dem eiförmigen Kopf neben Schmierbacke wirkte. Da halfen auch seine rotblonden, dünnen wehenden Haare, die blassen Augen, die farblosen Wimpern und die vorstehenden Beißer nicht. Schmierbacke war groß wie ein Mann und sah auch sonst sehr männlich aus. Das war ihm selbst auch bewusst, und er unterstützte es durch Liegestütze, wann immer er Gelegenheit dazu hatte. Ganz anders als Ruperts Eierkuchengesicht war Schmierbackes Visage mit seinem breiten Mund und den hohen Wangenknochen markant. Wenn er den Mädchen auf dem Hof begegnete, verzog sich sein eckiger Mund zu einem verwegenen Lachen. Er strahlte Sicherheit und Freundlichkeit aus, ganz anders als seine zwei Jahre ältere Schwester Irmgard, das Mauerblümchen. Im Kuhstall war er gerade wegen seiner Flausen beliebt, die nicht zuletzt mit seiner Unerschrockenheit zusammenhingen. Er war zum Beispiel der Einzige, der den Bullen bei der Stange hielt, wenn es sein musste, aber er ärgerte auch gern die Mädchen oder heckte etwas aus, um den anderen Streiche zu spielen. Wenn Mädchen dabei waren, machte er Rupert nach, der noch im Stimmbruch war, und alle lachten.
    Schmierbacke, Rupert, Bruno und Günni waren nur Helfer, aber sie waren wichtig geworden, seit die richtigen Melker an die Front mussten. Zu mir waren sie alle nett, und Bruno erlaubte stets, dass ich in seiner Reihe melkte.
    Als ich aus dem Stall zurückkam, brachte ich frische, warme Milch mit, die meine Mutter so gerne vor dem Frühstück trank. Ich fragte gleich nach Paul und glaubte es kaum, als sie sagte, er schlafe noch immer.
    Ich verstand das nicht. Das Füttern der Pferde und das Melken hatte er versäumt. Wie aber sollte ich ihm alles zeigen, wenn er so lange im Bett lag? Jedenfalls würde ich keine Ruhe geben und freute mich, als meine Mutter rief: »Genug geschlafen!«, ihn aus dem Bett holte und sagte, er solle sich nun mit mir auf den Weg machen. Besonders

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