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Die Maikaefer

Die Maikaefer

Titel: Die Maikaefer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Burkhard Driest
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routinierter Eloquenz noch viel schärfer werden können, beschränkte sich aber auf diese kleinen Hinweise, denn er war sich bewusst, dass die Leute auf dem Dorf eine klare Sprache noch nicht gelernt hatten. Außerdem wollte er Hotte nicht verletzen – im Gegenteil, er mochte ihn, er wollte nur, dass er seiner Pflicht genügte.
    Hotte war zwar bereit, mit den Gastkindern des Rittmeisters zu spielen oder herumzulaufen und ihnen das Gut zu zeigen, aber er war keinesfalls damit einverstanden, dass sein Drewitz-Modell, an dem sein ganzer Stolz hing, demontiert oder gar den Flammen überantwortet wurde. »Bist du verrückt!«, rief er erbost. Er nahm schnell ein Tuch und erstickte damit die Flammen. Dann packte er Paul am Kragen und schüttelte ihn kräftig. Er zog ihn zu sich heran und knurrte ihn voller Wut an: »Fass ja nicht noch einmal mein Modell an, sonst zieh ich dir die Hosen stramm und prügele dich nach Strich und Faden durch. Hast du verstanden?«
    Paul nickte. Er hatte verstanden, verspürte aber keinerlei Angst, sondern überlegte, wie er ihm doch noch eine zweite Spielrunde abhandeln könnte, während der Schmiedehelfer ihn zur Tür schubste. Er hatte sogar eine Idee, aber bevor er den ersten Vorschlag äußern konnte, haute ihm der aufgebrachte Hotte mit der Faust auf den Kopf, sodass Paul schwindlig wurde.
    Schwankend ging er die Allee entlang, auf der eigentlich seine Panzer hätten rollen sollen. Durch seine Tränen sah er alles hinter Schleiern und orientierte sich an dem Licht, das im Herrenhaus schon überall brannte, aber wegen der vorschriftsmäßigen Verdunklung nur durch Schlitze und Ränder blitzte.
     
    Am Tag vor unserer Rückfahrt nach Naugard fragte Onkel Albi mittags beim Essen die Schattner-Kinder, ob es ihnen gefallen hätte, und wollte von Paul wissen, wofür er sich am meisten interessierte. Er ging ganz selbstverständlich davon aus, dass Paul seine Vorliebe für irgendetwas auf dem Gut entdeckt hätte, aber Paul antwortete ohne Zögern: »Für den Krieg.«
    Anfangs dachte Onkel Albi, Paul hätte seine Frage falsch verstanden, und wiederholte sie. Paul lächelte ein wenig schüchtern, machte einen hinreißenden Augenaufschlag, wobei er seine für Onkel Albis Geschmack zu langen Haare nach hinten strich, um sie gleich wieder nach vorne fallen zu lassen, und wiederholte seine Antwort. Alle hatten ihre Augen auf ihn gerichtet, und so musste er sich wie auf einer Bühne fühlen, wo der Erwartungsdruck der Zuschauer ihn zwang, weiterzuspielen. Das tat er mit dem Satz: »Hitler blieb praktisch keine andere Wahl.« Das erklärte er damit, dass Polen die Situation nach dem Ersten Weltkrieg nicht nur politisch ausgenutzt hätte, um sich deutsche Gebiete anzueignen, sondern auch höchst kriminell vorgegangen wäre, indem es gegen die dort lebenden Deutschen alle Mittel brutaler Unterdrückung und Ausbeutung eingesetzt hätte. Dann wiederholte er all das, was er mir bereits über Polen erzählt hatte, und meine Mutter meinte später, Onkel Albi, der diese Gespräche bei Tisch nie duldete, habe vermutlich angenommen, Paul sei einer der Fanatischen vom DJ.
    »Was ist das?«, wollte ich wissen.
    »DJ heißt Deutsches Jungvolk. Da müssen die Jungs ab zehn hin.«
    »Und was machen die da?«
    »Die lernen da Disziplin und Gehorsam. Vor allem auch Marschieren. Bei jedem öffentlichen Auftritt wird marschiert, und dazu singen sie Marschlieder. Und damit es auch recht musikalisch klingt, sind ihre Schuhsohlen mit Nägeln beschlagen. Wer also nicht im Gleichschritt ist, fällt sofort auf. Schon beim Antreten heißt es: »Der Größe nach angetreten, Marsch, Marsch!« Das üben sie ständig, und wer nicht schnell genug ist, kriegt Schliff. Wer Schwäche zeigt, wird gedrillt, weil jeder hart und stählern sein muss.« Sie lachte. »Hart wie Krupp-Stahl.«
    »Ist Paul denn so hart?«
    »Weiß Gott nicht. Er ist ja auch nicht beim DJ, da hätten sie ihm seine langen Zotteln schon abgeschnitten. Außerdem müsste er da zehn sein. Aber Paul wirkt viel älter als er ist, das kann Albi ja nicht wissen.«
    Bis zur Erwähnung der polnischen »Konzentrationslager Bereza Kartuska und Brest Litowsk« hatten alle Paul gebannt zugehört, wenngleich meine Mutter anschließend meinte, das wäre dem ungewöhnlich fließenden Vortrag Pauls geschuldet gewesen, nicht aber den politischen Fakten, die Paul so bravourös auswendig gelernt hatte.
    Ich verstand von all dem nichts, doch mir war im Laufe der vielen Besuche auf

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