Die Malerin von Fontainebleau
einleuchten, zumal er nicht verstand, was die
Figuren, die sich da um die Bilder wanden, bedeuteten. Das war etwas nur für die Gelehrten.
Didier zog die Bettdecke glatt und schüttelte die Vorhänge, die um die Bettpfosten befestigt waren. Eine fette Spinne fiel auf die Erde. Er sah zu, wie sie mit ihren haarigen Beinen einen neuen Zufluchtsort suchte. Sie fand ein Mäuseloch in den Dielen und verschwand darin. Warum wollte der ältere Paserini nichts mehr von der hübschen Zofe wissen? Für eine Nacht mit solch einem prachtvollen Weibsstück hätte er sogar ein Goldstück gegeben. Die Magd war den Viertelfranken durchaus wert gewesen. Unwillkürlich griff er sich an den Schritt. Vielleicht hatte sie heute noch einmal Zeit.
Luca Paserini, der Jüngere der beiden, war ein seltsamer Kauz, verschlossen, arrogant und launenhaft. Niemals zeigte er sich unbekleidet, benahm sich wie einer der hohen Herren. Didier zog die Oberlippe hoch, wobei gelbe Zähne sichtbar wurden. Nur weil er das Knäblein von Meister Rosso war, brauchte er sich nicht gleich einzubilden, er wäre mehr als ein Stukkador oder wie sie sich nannten. Jedenfalls waren sie keine Maler, sondern arbeiteten in der Werkstatt nach den Entwürfen des Meisters. Wahrscheinlich hielt sich der junge Paserini für schlau und dachte, niemand sehe, wie er sich heimlich zu Meister Rosso schlich.
Der Meister bezahlte seine Diener und den Kammerherrn gut. Sie waren ihm treu ergeben, aber es gab immer einen, der nicht zufrieden war, und den würde er ausfindig und zu seinem Spitzel beim Meister machen.
Didier rückte den Stuhl vor den Waschtisch, schloss das Fenster, das er zum Lüften geöffnet hatte, und nahm einen Lavendelstrauß aus seinem Korb mit frischen Leinentüchern. Den Lavendel legte er auf das Kopfkissen von Lucas Bett und die Tücher auf den Tisch neben die Waschschüssel. Er hob den Korb auf und war im Begriff, das Zimmer
zu verlassen, als es an der Tür kratzte. Kurz darauf wurde die Tür vorsichtig aufgedrückt, und ein Bursche mit derben Gesichtszügen schaute herein.
»Hab mir gedacht, dass ich dich hier finde, Didier.«
Der Bursche trug Kleidung, die so abgetragen war, dass man die ursprüngliche Farbe nicht mehr erkennen konnte. Die Haare standen ihm fettig vom Kopf ab, und Didier konnte förmlich sehen, wie sich die Läuse darin tummelten. Außerdem hatte der Bursche die Krätze oder sonst einen Ausschlag, denn seine Haut war rot und voller Pusteln. Selbst Didier, der auf Reinlichkeit keinen allzu großen Wert legte, fand das ständige Kratzen abstoßend. »Was willst du, Albin?«
Albin wischte sich die laufende Nase mit seinem Ärmel ab und hielt Didier anschließend die ausgestreckte Hand hin. »Den versprochenen Écu. Du hast gesagt, wenn ich was höre, was du brauchen kannst, kriege ich einen Écu.«
»Du Simpel glaubst doch nicht, dass ich eine Information bezahle, bevor ich sie gehört habe? Los, erzähl schon! Und komm rein und mach die Tür zu!«
»Wer sagt mir, dass du mir das Geld gibst?« Albin kam herein, sah sich im Zimmer um und wollte nach einem Gürtel greifen, der über einem Stuhl hing.
»Du musst mir schon vertrauen. Nimm deine dreckigen Finger da weg!« Didier schlug dem hinterhältig blickenden Burschen auf die Hand und bereute bereits, dass er ihn als Spitzel eingespannt hatte. Das sollte ihm eine Lehre sein, sich seine Leute besser auszuwählen. Weil er nicht überall gleichzeitig sein konnte, stellte Didier sich ein Netzwerk aus Spitzeln vor, die für ihn arbeiteten. Wenn der hohe Herr weiter so freigiebig mit seinen Belohnungen war, könnte er jemanden wie Albin, der weder lesen noch schreiben konnte und auf der untersten Stufe des Schlosspersonals stand,
leicht bezahlen. Andererseits bedeuteten Mitwisser Erpressbarkeit, aber dann würde er schon Mittel finden, sich derer zu entledigen.
»Ich kann ja auch zu jemand anderem gehen und erzählen, was ich weiß!«
Jetzt hatte Didier genug. »Du kleine Ratte!« Er packte den überraschten Burschen, der zwar kräftiger, aber kleiner war als er, drehte ihm mit einem Griff den Arm auf den Rücken und drückte ihm seinen Dolch an die Kehle. »Sag’s mir, oder ich stech dich ab!«
»Das würdest du nicht …«, keuchte Albin
»Versuch mich nicht.« Ein Blutstropfen rollte an Albins Kehle hinunter. »Zu wem könntest du sonst wohl gehen?«
»Hör auf!« Angst flackerte in Albins Augen auf. »Du bist ja irre!«
Didier ließ den Dolch sinken und steckte ihn in seinen
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