Die Malerin von Fontainebleau
die Tür. »Das Bad ist eingelassen«, deutete Rosso und schlug die Decke zurück.
Sofort stand auch Luisa auf, denn trotz des Feuers war die Kälte im Raum spürbar. Meister Rosso genoss das Privileg eines täglichen Morgenbads. Sauberes Leinenzeug und ein Tablett mit Äpfeln und Wasser lagen neben duftenden Salben und Ölen im Nebenzimmer auf einem Tisch. Gewaschen und angekleidet, wobei Rosso augenzwinkernd ihre Geschicklichkeit beim Anlegen des Brustwickels bewunderte, gingen sie gemeinsam hinunter.
Im Schloss war es ruhig dank der Abwesenheit des Königs und seines Hofstaats. Kein Höfling ließ es sich nehmen, einem Festakt wie dem in Moulins beizuwohnen. Sie hofften auf die Gelegenheit, einen Titel zu erwerben oder den König zumindest durch ein großzügiges Geschenk, das durchaus in einer schönen Ehefrau oder Tochter bestehen konnte, auf sich aufmerksam zu machen. Franz war stolz darauf, die schönsten Frauen Frankreichs an seinem Hof um sich zu scharen.
Luisa folgte Rosso durch die königlichen Gemächer, in denen noch nicht gearbeitet wurde. Vor einigen Zimmertüren lagen Diener auf Strohsäcken und schnarchten. Nur in den Küchen war schon Betrieb. Die Köche und ihre Gehilfen begannen ihr Tagwerk lange vor allen anderen. Es duftete nach Brot, und an einem Tisch wurde bereits Gemüse geputzt,
und Äpfel wurden klein geschnitten. Aus einem der großen Öfen holte eine Magd eine geschlossene Auflaufform. Luisa sog den Duft ein, und ihr Magen knurrte.
Rosso tippte auf ihre Kappe und nickte der Magd zu. »Was hast du da? Mein Gehilfe hier braucht eine Morgenmahlzeit.«
»Brotauflauf, Monsieur«, antwortete die Magd und ließ die Form von ihrem Holzschieber auf einen Tisch gleiten.
»Gib ihm davon und von dem Maronenmus, wenn noch welches da ist.« Rosso hatte oben einen Apfel gegessen und schien nicht hungrig zu sein.
Die Magd gab eine Portion von dem aus Brot, Eiern und Rosinen bestehenden Auflauf und etwas süßes Mus in eine Schüssel und reichte sie Luisa. »Ein einfaches Gericht, Monsieur, aber sehr schmackhaft.« Die Magd machte einen linkischen Knicks.
Rosso war bereits auf den Hof hinausgetreten und streckte die Arme in der kalten Morgenluft. Noch stand stellenweise Nebel über den Bäumen. Der See und der angrenzende Wald lagen noch gänzlich unter feuchten Schleiern verborgen. Einer der Hofhunde schnüffelte an einem Erdloch neben der Werkstatt. »Willst du nicht essen?«
Der Brotauflauf dampfte in der Kälte. »Zu heiß.« Ihr fiel wieder ein, dass Madame d’Étampes Cellini erwähnt hatte, der noch im letzten Jahr nach Paris gekommen war. Es kursierten Gerüchte, dass Cellini Schlechtigkeiten über Meister Rosso verbreite und ihn beim König in Ungnade bringen wolle. Sie hatte Rosso nach dem streitbaren Goldschmied fragen wollen und nutzte die Ruhe des Augenblicks. »Man erzählt sich so einiges über Cellini. Madame d’Étampes mag ihn nicht. Darf ich fragen, was vorgefallen ist, dass er dich in der Öffentlichkeit schlecht macht?«
Rosso runzelte die Stirn. »Benvenuto setzt sich selbst immer
ins beste Licht. Er ist der strahlende Held, während alle anderen ihn betrügen.« Er zuckte die Schultern. »Vor Jahren hat er mir in Rom Geld geliehen, das ich ihm zurückgezahlt habe, als er das erste Mal in Paris war. Darum ging es ihm im Grunde aber gar nicht. Er wollte meine Protektion beim König. Doch er hatte es sich bereits mit Madame d’Étampes verscherzt, und ich hätte ihm nicht helfen können, selbst wenn ich gewollt hätte.«
»Aber nun ist er wieder hier!«
»Der König ist bestrebt, die besten Künstler an seinen Hof zu holen, und Cellini gehört zu den besten Goldschmieden, obwohl er sich natürlich zu Höherem berufen fühlt. Er ist ein exzellenter Goldschmied, aber kein Maler.« Rosso gab ihr einen Klaps auf den Hintern. »Genug jetzt. Gehen wir an die Arbeit.«
Rosso schien sich nicht um Gerüchte zu scheren, selbst wenn es um ihn ging.
In der Galerie war Matteo bereits mit dem Verputzen des nächsten Freskoabschnitts beschäftigt. Luisa stand in der Mitte des Raumes auf Höhe der königlichen Kabinette und ließ die Komposition aus Stuck und Malerei auf sich wirken. Sie wurde nicht müde, Symmetrien und Entsprechungen zu suchen in diesem Labyrinth aus Plastik, Relief und Bildnis, das sich zur Gänze wohl nur Rosso selbst erschloss.
Arbeiter aus der Tischlerei waren damit beschäftigt, zwei neue Gerüste vor den noch leeren Rahmungen für die Fresken im Ostteil der
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