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Die Malerin von Fontainebleau

Die Malerin von Fontainebleau

Titel: Die Malerin von Fontainebleau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilken Constanze
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Gürtel. Er stieß Albin von sich und stellte fest, dass er die Situation genoss. Es fühlte sich gut an, einmal der Stärkere zu sein.
    Der Bursche wischte sich das Blut vom Hals und sagte: »Zum Teufel mit dir! Hab doch nur Spaß gemacht.«
    »Ich auch«, erwiderte Didier und verschränkte die Arme vor der Brust.
    »Der Meister in der Galerie redet wie ein Ketzer. Er glaubt nicht an das Paradies, und er heißt eine Todsünde gut, nämlich, sich das Leben mit eigener Hand zu nehmen.«
    »Gerede. Meister Rosso liest viele Bücher, und der König wird ihn nie deswegen verurteilen. Was noch?«
    »Er war mit diesem Paserini – dem, der aussieht wie ein Mädchen – in dem kleinen Raum.«
    »In welchem Raum?«
    »In der Galerie gibt es nur einen kleinen Raum. Über der Tür steht ein Bild vom König.«

    »Ja, verstehe, das Kabinett. Sie haben dich nicht bemerkt?«
    »Nein, sie waren ja drin, und ich habe davor gefegt, und die Gerüste stehen so, dass ich mich dahinter verdrücken konnte. Jedenfalls hat der Paserini gesagt, dass Armido eine Aleyd heiraten will. Ich weiß nicht, wer das ist, aber es schien nicht gut zu sein, weil er sich deshalb Sorgen macht.«
    Didier biss sich auf die Lippen. Deshalb also war Armido so abweisend zu Josette. Er hatte eine andere. Aber wer war Aleyd? Das musste er herausfinden. Diese Information würde gutes Geld einbringen. »Hier hast du deinen Écu.« Er warf Albin die Münze zu, der sie prüfend zwischen die Zähne nahm und dann in seinen Gürtel steckte.
    Als sie gemeinsam aus der Tür traten, kam Claude Grivel, der Erste Kammerherr, vorbei und packte Albin am Kragen. »Was hast du stinkendes Wiesel hier oben zu suchen? Didier, warum lässt du zu, dass er hier ist?«
    »Verzeihung, Monsieur. Ich hatte ihn erwischt, wie er in das Zimmer der Paserini schaute. Sicher wollte er stehlen.« Didier sah Albin fest an und hoffte, er werde verstehen, dass er lügen musste.
    »Das stimmt gar nicht! Er hat mich hier herauf gerufen, weil …« Plötzlich brach Albin ab und zappelte hilflos in Grivels hartem Griff, der bei Verfehlungen keine Gnade kannte. Er führte ein strenges Regiment und wusste die Rute gezielt einzusetzen.
    »Weil was?« Jetzt fixierte der Kammerherr Didier.
    »Gar nichts! Der lügt doch!«, fauchte Didier, dem so schnell kein Grund einfiel.
    »Dann kommt ihr beide mit. Dieses Wiesel erhält zehn Stockschläge und du fünf, weil du offensichtlich etwas verheimlichst. Wenn ich herausfinde, dass ihr unter einer Decke steckt, geht es euch schlecht. Agnes!«, rief Grivel laut nach einer Kammerdienerin.

    Eine dickliche Person mit mürrischem Gesicht, aber reinlicher Schürze und Kleid kam aus einem anderen Raum. »Ja, Monsieur?«
    »Sieh in dem Zimmer hier nach, ob alles seine Ordnung hat. Dann holst du deinen Mann, und wir durchsuchen diese beiden Burschen. Falls ihr etwas gestohlen habt, werden Stockhiebe nicht das Einzige sein, was ihr zu erleiden habt!«
    Nachdem Agnes nichts zu beanstanden hatte, zerrte Grivel den widerspenstigen Albin mit sich in seine Kammer, die direkt neben dem Treppenhaus lag. Es war das Privileg des Ersten Kammerherrn, ein eigenes Zimmer zu bewohnen. Dort verwahrte er das Dienerbuch, in dem alle im Schloss Beschäftigten verzeichnet waren. Sobald der Tross des Königs Einzug hielt, übernahm der Hofkämmerer das Regiment, doch jetzt lag alle Macht über die Dienerschaft von Fontainebleau in den Händen von Claude Grivel.
    Grivels privates Reich war winzig und bot gerade genug Platz für ein Bett, eine Truhe und einen Tisch unter dem hohen Lichtschlitz. Dort lag das Dienerbuch, in das alle Verfehlungen und die Bestrafungen eingetragen wurden. Noch hatte Didier sich nichts zuschulden kommen lassen und ärgerte sich, dass er Albin ins Vertrauen gezogen hatte. Doch möglicherweise war die Information es wert, und Stockhiebe hatte er in seiner Jugend wahrlich genügend ertragen. Schmerzen machten ihm wenig aus.
    »Ausziehen!«, befahl Grivel, ein hochgewachsener hagerer Mann, den niemand je lächeln sah.
    Didier zögerte, doch nur eine Sekunde, denn Grivel hatte seine Weidenrute hervorgeholt und schlug ihm damit ins Gesicht. »Sofort!«
    Als die beiden Jungen nackt vor ihm standen, befahl er Agnes und ihrem Mann, deren Kleidung zu durchsuchen. Verschämt bedeckten die Jungen ihre Blöße mit den Händen.
Albins Rücken war mit eitrigem Ausschlag bedeckt, und Didier wandte den Blick ab. Sorge bereitete ihm sein Geldbeutel, den er im Inneren seiner Hose

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