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Die Malerin von Fontainebleau

Die Malerin von Fontainebleau

Titel: Die Malerin von Fontainebleau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilken Constanze
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vernäht hatte. Darin befanden sich noch ein Goldstück und die restlichen Münzen. Warum hatte er sie nicht vergraben? Jetzt war es zu spät, Agnes hatte das Geld bereits entdeckt und warf ihm einen hämischen Blick zu.
    Grivel nahm die Münzen in Empfang und hob erstaunt die Augenbrauen. »Woher hast du das? Den Paserini gestohlen?«
    Albins Écu fand weniger Beachtung. Agnes’ Mann, der von schlichtem Gemüt war, legte ihn auf den Tisch. Grivel sagte zu ihm: »Ihr könnt gehen. Bei Bedarf rufe ich nach euch.«
    Als das Ehepaar verschwunden war, wandte er sich erneut an Didier: »Woher?«
    Er unterstrich seine Frage mit einem Hieb auf Didiers Brust. Sofort zeigte sich ein roter Striemen auf der hellen Haut des Jungen, der frierend in der Kälte des kleinen Raumes stand.
    Didier biss die Zähne zusammen, dass es knirschte, und schwieg.
    Wieder und wieder fuhr die Rute auf seine nackte Haut nieder, bis Brust und Oberarme mit blutigen Striemen übersät waren. »Woher hast du das Goldstück?«
    Sein Kiefer hatte sich so verkrampft, dass es ihm schwerfiel zu sprechen. »Von einem der hohen Herren, Monsieur.« Er musste Grivel antworten, der sich in Rage zu prügeln schien.
    »Wie ist sein Name?« Unerbittlich fixierten ihn die von Falten umkränzten Augen des Ersten Kammerherrn, der sein Leben dem Dienst im Schloss gewidmet hatte. Er hatte Geduld und alle Zeit der Welt.

    »Ich weiß es nicht, Monsieur, wirklich. Es, es war während der Jagd, als sie alle hier waren. Ich war einem zu Diensten.« Er grinste verschlagen. »Ihr wisst schon, wie, Monsieur.«
    »Und dafür hat man dir ein Goldstück gegeben? Das glaube ich nicht. Wie sah der Mann aus?«
    »Es war dunkel, Monsieur, oder soll ich Euch sein …« Didier nahm die Hände von seiner Blöße. »Mehr habe ich nicht zu sehen bekommen.«
    Albin lachte blöd und erhielt dafür von Grivel einen Hieb. »Haltet den Mund, beide. Didier, zieh dich an und verschwinde. Und du, Bursche, dreh dich um.«
    Didier streifte sich seine Sachen über, als er jedoch nach seinem Geld greifen wollte, schlug Grivel nach ihm. »Raus! Das bleibt hier.«
    Wütend über die Demütigung und seine eigene Dummheit verließ Didier das Kammerherrenzimmer und hörte Albin schreien. Verflucht sollte der Mistkerl Albin sein, und gnade ihm Gott, wenn er etwas von ihrer Vereinbarung preisgab.

XIX
    Aleyds Brief
    Plus tu languiz, plus en as de souci … Wächst deine Sehnsucht, wachsen deine Qualen …
    Aus einem Sonett von Louise Labé
     
     
    A rmido stand vor dem Kamin seines Zimmers im Schloss von Fontainebleau und überlegte, wie er Josette am elegantesten loswerden konnte. Das Feuer knisterte behaglich und erwärmte zumindest eine Raumhälfte auf ein erträgliches Maß. Er hatte sein Wams aufgeknöpft und genoss die Hitze auf seinem Körper. Nach einem langen Arbeitstag in der Kälte der Werkstatt lechzte er nach wohltuender Wärme. Seine Schwester hatte heute einen Teil des Mosaikfreskos unterhalb der Darstellung von Kleobis und Biton angefertigt, und er musste zugeben, dass sie alles hervorragend gelöst hatte. Er neidete ihr diese privilegierte Aufgabe nicht, sie hatte Talent, und Rosso hatte das erkannt, gleich, was sonst noch zwischen ihnen geschah. Auch heute Abend war sie bei ihm. Der Meister hatte Pellegrino nach Paris gesandt, wahrscheinlich, um Komplikationen zu vermeiden. Nun, solange niemand hier im Schloss von der heimlichen Liaison erfuhr, würde es weder für Rosso noch für seine Schwester Probleme geben. Doch wie lange konnte man ein Geheimnis in dieser Umgebung bewahren?

    Es klopfte an die Tür. »Herein!«
    Didier trat mit einem Brief ins Zimmer. Argwöhnisch betrachtete Armido das neutrale Siegel, doch das Wachs war unverletzt. Er fingerte eine kleine Münze aus seinem Gürtel und gab sie dem mit gesenktem Blick wartenden Diener. »Danke.«
    Der junge Provenzale verneigte sich und verschwand. Was war nur los mit dem Jungen? Früher hatte er immer etwas zu erzählen gehabt oder war so lange neugierig herumgestanden, bis man ihn hinausschickte. Armido brach das Siegel auf, das keine Auskunft über den Absender gab, und faltete den Brief auseinander.
    Die hohen geschwungenen Schriftzüge waren ihm vertraut, sie stammten von Aleyd. Seine anfängliche Freude wich rasch einer Beklemmung, die mit jeder Zeile wuchs. Im Pariser Haus von Madame d’Étampes hatten sie sich vor zwei Monaten zum letzten Mal gesehen.
    Mein geliebter Armido , schrieb Aleyd, was ich dir mitteile, wäre

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