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Die Malerin von Fontainebleau

Die Malerin von Fontainebleau

Titel: Die Malerin von Fontainebleau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilken Constanze
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sie ihn eine Stunde vor Mitternacht am See treffen will. Es war ganz einfach. Der Trottel kam und wartete, und ich stand hinter einem Holzstapel und habe den richtigen Augenblick abgepasst. Ein Stich, und er ging zu Boden!«
    »Er hat nicht geschrien und war sofort tot? Niemand hat euch gesehen?«
    »Ihr wart noch nie im Dunkeln unten am See. Da ist es pechschwarz. Die Hofhunde kennen mich und haben nicht angeschlagen. Er hat noch geröchelt, da habe ich ihn umgedreht und seinen Kopf ins Wasser gedrückt, bis er still war. Ich habe ihn dicht am Ufer erwischt und brauchte ihn dann nur ein Stück ins Schilf zu ziehen.« Selbst während der Schilderung der Tat war Didier stolz auf seine Kaltblütigkeit.
    Der Unbekannte räusperte sich. »Wenn das wahr ist, und ich habe da immer noch meine Zweifel, dann hast du ein schweres Unrecht auf dich geladen. Gott helfe dir! Ich erteile dir nicht die Absolution. Geh zu einem anderen und beichte.«

    »Aber ich wollte Euch meine absolute Loyalität beweisen, und der Mann war ein Ketzer! Ich habe es gehört, als sie in der Küche geredet haben. Ich …«
    »Schweig!«, fuhr ihn der Unbekannte an. »Ich will nichts davon hören. Deine Tat hat unnötigen Aufruhr hier im Schloss verursacht, und das gefällt mir ganz und gar nicht. Ich kann nur hoffen, dass du noch eine wertvolle Information für mich hast.«
    Niedergeschmettert starrte Didier in das dunkle Loch hinter dem Gitter. Seine Hoffnungen waren mit einem Schlag zunichte gemacht worden.
    »Was ist mit Luca Paserini?«
    »Der war heute Abend nicht auf seinem Zimmer. Wahrscheinlich ist er in den Räumen von Meister Rosso.«
    »Wieso das? Ist der Meister nicht zum König nach Ussel gereist?«
    »Doch, doch, aber Luca Paserini genießt seit einiger Zeit eine Sonderstellung, wenn Ihr wisst, was ich meine …«
    »Nein, das weiß ich nicht. Drück dich gefälligst deutlicher aus.«
    Eine Tür fiel ins Schloss. »Wer ist da?«, rief jemand von hinten.
    Didier erhob sich und trat in den Schein der Kerzen hinaus. »Ich bin’s, Didier. Ich bete hier.«
    Der Wachmann hob seine Laterne. »So spät noch? Ich soll hier abschließen. Beeil dich, ich warte an der Tür.«
    Der Provenzale kniete sich wieder an den Beichtstuhl. »Sie schließen die Kapelle gleich zu, Euer Gnaden.«
    »Was ist das für ein Unfug? Wer ordnet so etwas an? Hier!« Ein halber Livre wurde unter dem Gitter durchgeschoben. Dabei blitzte ein Ring auf. Didier erkannte einen ovalen Siegelring mit einem kleinen roten Stein. »Wenn du etwas erfährst, legst du einen Lavendelstrauß hier auf die Bank. Man
wird dir dann in Kürze eine Nachricht zukommen lassen, wann wir uns treffen. Und ich verbiete dir jedwede eigenmächtige Handlung!«
    »Ja, Euer Gnaden.« Enttäuscht steckte Didier das Geldstück ein. Er wollte sich erheben, doch der Unbekannte zischte: »Du wartest, bis ich fort bin!«
    Der Vorhang raschelte, die Tür des Beichtstuhls knarrte, und der Unbekannte sprang mit zwei überraschend flinken Sätzen hinaus und zum Seitenausgang. Durch den Zug verlöschten die Kerzen am Altar, und Didier blieb im Dunkeln zurück. Vom anderen Ende rief der Wachmann bereits nach ihm.
    »Was ist denn los? Ich bete oft nachts hier. Wer soll sich daran stören?«, fragte Didier, als er im Korridor auf den Wächter traf.
    Mürrisch drehte der Bewaffnete einen großen eisernen Schlüssel in der Kapellentür um. »Frag nicht, verschwinde, sonst mache ich Meldung!«
    Aus Erfahrung wusste Didier, wann es besser war, nicht auf einer Antwort zu bestehen, und ging denselben Weg zurück, den er gekommen war. Eigentlich hätte er sich sofort in sein Schlafquartier, eine zugige Dachkammer, die er sich mit fünf anderen Burschen teilte, begeben sollen, doch er wollte sich noch einmal die Räume der Paserini vornehmen. Möglicherweise hatte er etwas übersehen.
    Auf Zehenspitzen schlich er über den Korridor, darauf bedacht, Grivel nicht zu wecken, der seine Zimmertür auch nachts stets einen Spalt offen stehen ließ. Er war noch einige Schritte von Luca Paserinis Tür entfernt, als diese geöffnet wurde und vorsichtig eine schmale Gestalt heraustrat. Das war keiner der Paserini und auch keiner der anderen Künstler. Didier kniff die Augen zusammen, um die Dunkelheit besser zu durchdringen, jemand musste die Öllampe
im Treppenhaus gelöscht haben, die ihren Schein bis zu den Türen warf. Die Person hielt etwas in den Armen und kam in seine Richtung. Der Provenzale stellte sich an die Wand und

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