Die Malerin von Fontainebleau
Worten heftig gestikulierend Nachdruck verlieh.
»Der König hat in Turin einen haute cour de justice eingeführt, Jules«, sagte Aleyd ruhig. »Ich glaube, dass das erst der Anfang ist. Sie werden uns nicht dulden. Wenn wir ihnen offen die Stirn bieten, laufen wir in gewetzte Klingen.«
»Du enttäuschst mich, Schwester.« Jules blickte in die betretenen Gesichter der Versammelten. »Und du, Armido? Willst du kämpfen oder dich auch feige verstecken wie die anderen?«
Armido brachte ein schwaches Lächeln zustande. »Mein Freund, ich würde dich nie im Stich lassen, aber ich habe eine Verantwortung übernommen. Ich heirate deine Schwester. Soll ich sie durch falschen Stolz zur Witwe machen?«
»Falschen Stolz nennst du es, wenn wir öffentlich für unseren Glauben einstehen?«, erwiderte Jules.
Sidrac kam Armido zu Hilfe. »Ich denke, wir alle fühlen wie du, Jules, doch in gefährlichen Zeiten wie diesen müssen wir in erster Linie an das Wohl unserer Familien denken, und Armido und Aleyd werden ab heute eine Familie sein.«
Die Kinder begannen unruhig auf ihren Plätzen hinund herzurutschen, und Suzanne erhob sich. »Entschuldigt mich, aber wir wollen eine Hochzeit feiern, und ich möchte nur kurz nach dem Essen sehen.«
Jules gab sich einen Ruck, ging zu Armido und umarmte ihn kurz. »Und dir soll ich meine Schwester geben?«
»Sie hat ja gesagt.« Armido streckte seine Hand nach Aleyd aus, die aufstand und sich neben ihn stellte.
»Ah, ich hoffe, du hast dir das gut überlegt, Aleyd«, sagte Jules mit gespieltem Ernst.
»Ich werde auf sie aufpassen, Jules.« Aleyds Hand lag fest und warm in der Armidos, und er meinte jedes Wort.
Die Kerzen auf dem schlichten Altartisch flackerten im Zug. Draußen stürmte es, und die Kälte drang durch alle Ritzen. Die Menschen hier oben freuten sich, wenn der Schnee so hoch lag, dass die Häuser darin versanken, denn er isolierte vor der beißenden Kälte. Dafür nahmen sie auch die unpassierbaren Wege in Kauf, die außerdem auch Schutz bedeuteten. Im Falle eines Schneesturms jedoch konnte man nur hoffen, genügend Vorräte im Haus zu haben. Dank Sidrac herrschte zurzeit kein Mangel, er hatte neben Gewürzen und Mehl sogar Datteln aus Embrun mitgebracht.
Der Prediger hob die Hand zu einer segnenden Geste. »Gottes Wege sind vollkommen. Gott ist ein Schild denen, die vertrauen.«
Die Trauung hätte schlichter nicht sein können. Nachdem Jules seine Schwester in die Ehe gegeben hatte, stellte Sidrac die Traufrage. Armido hatte auf seiner Reise in die Dauphiné einen Ring bei einem Goldschmied in Lyon für Aleyd gekauft,
den er ihr nun an den Finger steckte. Der meergrüne Stein schimmerte im Kerzenlicht.
»Er hat die Farbe deiner Augen.« Zärtlich drückte er seine Lippen auf ihre Finger.
Sie wischte sich die tränennassen Wangen. »Ich danke dir, Armido.«
Sidrac sprach die Fürbitte, das Vaterunser und schließlich den Segen auf Französisch. »Gott segne dieses Brautpaar, und wer auf Gott hofft, wird von Güte umfangen.« Der barbe schenkte Armido und Aleyd ein strahlendes Lächeln und breitete seine Arme aus. Die Trauung würde später in ein Buch eingetragen werden, doch das hatte Zeit bis nach der Feier.
Alle standen nun auf und stimmten ein Lied an. Zwei von Sidracs Jungen spielten Flöte, und Isabeau, die Kräuterfrau, zupfte eine Laute. Die französische Hymne war Armido unbekannt, doch er war berührt von der Tatsache, dass die Gläubigen sangen. In der katholischen Kirche war der lateinische Gesang allein der Geistlichkeit vorbehalten. Suzanne trat auf sie zu, um sie zu umarmen und zu küssen, und Armido kam nicht umhin, an seine eigene Familie zu denken. Pietro und seine Schwestern würden ihm nie verzeihen, dass er ohne sie geheiratet hatte. Doch bevor er nach Siena zurückkehrte, wollte er die Arbeit in Fontainebleau beenden. Hatte er erst einmal einen schlechten Ruf, würde er keine gute Stellung mehr finden. Über sein Leben mit Aleyd hatte er sich nur wenige Gedanken gemacht. Für ihn stand fest, dass sie ihn nach Fontainebleau begleiten und dort mit ihm leben würde.
»Ich darf zu Tisch bitten!«, rief Suzanne, und die fröhliche Gesellschaft wandte sich dem Essen zu, welches die Frauen aus einfachsten Zutaten bereitet hatten.
Die Familien der Ziegenhirten hatten Käse und Milch mitgebracht
und Isabeau Honig und einen Kräuterlikör. Armido und Aleyd saßen nebeneinander an den zusammengestellten Tischen, auf denen bereits Brot, Butter und
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