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Die Malerin von Fontainebleau

Die Malerin von Fontainebleau

Titel: Die Malerin von Fontainebleau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilken Constanze
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kochen. Die meisten sind doch einfache Leute, und wenn der Erzbischof einem kleinen Korbflechter, der weder lesen noch schreiben kann, sagt, Gott strafe das Dorf mit Hagel, dann glaubt er das«, meinte Sidrac.
    »Und was schlägst du vor? Sollen wir vielleicht in die Stadt ziehen, uns vor den Erzbischofspalast stellen und die Fäuste schwingen?« Jacob streckte die verbrannten Hände aus und verzog sarkastisch den Mund. »Die wissen doch genau, dass wir nur zu den Waffen greifen, wenn wir angegriffen werden,
und selbst dann sind wir leichte Beute, weil keiner von uns soldatisch gedrillt ist.«
    »Wir brauchen Unterstützung. Die Lavbruchs sind jetzt in Lyon. Ihr Wort hat Gewicht …« Jacob wurde von Armido unterbrochen.
    »Die Lavbruchs? Von denen hat Luisa erzählt. Sie sind mit ihr bis Piacenza gereist. Sampieri war mit von der Partie, und es sollte mich sehr wundern, wenn ihr Wort in Embrun Gewicht hätte. Sobald Sampieri hört, dass die Lavbruchs Vaudois sind, wird er sie unter irgendeinem fadenscheinigen Vorwand anklagen. Mit Rückendeckung des Erzbischofs Château-Morand und des feigen prévôt wird das kein Problem sein.«
    »Wer ist denn der prévôt ?«, erkundigte sich Élie.
    »Bertrand Tellier, ein Günstling des Erzbischofs.« Sidrac nahm den Weinkrug und füllte die Becher ringsum auf.
    »Aber bisher hattet ihr keine Probleme mit dem Erzbistum Embrun?« Élie sah in die Runde.
    Pascal und Hugues wechselten vielsagende Blicke. Hugues, der ältere der beiden Ziegenhirten, erklärte: »Unsere Familien haben in Embrun gelebt, bis der Erzbischof gemeinsam mit dem prévôt eine Säuberung veranlasst hat. Das war vor vier Jahren. Mein Vater war über achtzig Jahre alt, und meine Frau lag krank im Bett, als sie mit diesem Befehlsschreiben zu uns kamen. Es war wegen unserer Religion. Sie sagten, dass sie deswegen Erkundigungen eingezogen hätten, und deshalb seien Kosten entstanden, für den Vogt, den Gerichtsschreiber und den Steuerbeamten. Wir sollten fünfzig Livres bezahlen, und wenn wir die Summe nicht zahlen wollten, hatte der Gerichtsbeamte Anweisung, uns unsere Schweine und Möbel wegzunehmen.«
    Obwohl Sidrac, Suzanne, Isabeau und die Dubrays das Schicksal ihrer Nachbarn kannten, schwiegen sie höflich.
Hugues, dessen Gesicht von den harten Witterungsbedingungen in den Bergen zerfurcht war, fuhr fort: »Ich habe ihnen gesagt, dass wir kein Geld haben! Damals hatten wir eine kleine Metzgerei und lebten von den Schweinen, die wir in einem kleinen Stall hielten. Die haben sie uns zuerst fortgenommen. Pascal hat mir beim Schlachten geholfen. Mit den Schweinen haben wir unsere Existenz verloren. Die Möbel …« Er machte eine hilflose Geste. »Wir können auf dem Boden schlafen, aber ohne die Schweine mussten wir hungern. Mein Vater starb eine Woche darauf. Er war zu schwach geworden. Anlass zum Ärger war auch das Fronleichnamsfest. Wenn die römisch-katholische Kirche ihre Prozession durch die Stadt macht, werden die Häuser geschmückt. Wir tun das nicht, aber wir haben auch nichts dagegen, wenn die anderen das machen.«
    Armido konnte sehen, wie sehr den schlichten Mann das Erzählen aufregte. Und doch ertrugen Hugues und Pascal ihr Schicksal mit bewundernswertem Gleichmut.
    »Ich habe gesagt, dass ich niemanden daran hindere, vor meinem Haus zu schmücken, aber meine Religion erlaube mir nicht, es selbst zu tun. In meinem ganzen Leben habe ich das nicht tun müssen und auch mein Vater nicht. Als wir uns weiter geweigert haben, das Haus zu schmücken, haben sie uns beschuldigt, wir liefen mit der Bibel unter dem Arm durch die Stadt, um die Katholiken zu ärgern.«
    Jetzt hob Pascal den Kopf. Er hatte ein ehrliches, rundes Gesicht. »Besser die Bibel unter dem Arm als ein Kartenspiel in der Hand, Messieurs, habe ich gesagt. Weiter haben sie uns beschuldigt, dass wir vor ihrem Priester den Hut nicht zögen. Dabei kehrte der uns den Rücken zu, sobald er uns nur von Ferne sah! Die Stimmung auf der Straße gegen uns wurde immer ärger.«
    »Der Gerichtsschreiber befahl uns, uns in der kommenden
Woche beim prêvot vorzustellen, um die restlichen Schulden zu bezahlen. Am Schluss hat er gesagt, dass wir auf einer Liste stehen mit roten Buchstaben und uns in Acht nehmen sollen!« Hugues starrte vor sich auf den Tisch. »Da kam Sidrac, unser barbe, und sagte, dass wir in den Bergen ein neues Zuhause finden könnten.« Ein schwaches Lächeln erhellte Hugues’ Gesicht. »Die Leute in Embrun wollten uns Böses,

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