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Die Malerin von Fontainebleau

Die Malerin von Fontainebleau

Titel: Die Malerin von Fontainebleau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilken Constanze
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bewusstlos, und jetzt scheint sie ernsthaft verletzt. Lasst den Knecht gegen einen anderen auswechseln.« Er schnippte mit den Fingern, und ein junger Dominikanermönch, der neben dem Richtertisch an der Wand lehnte, trat vor.

    »Euer Exzellenz?« Seine Kutte und das darüber getragene Skapulier mit Kapuze waren blendend weiß, und an seinem Gürtel, einer schwarzen Kordel, hing ein Rosenkranz mit einem silbernen Kreuz.
    »Hol einen neuen Folterknecht. Guillaume ist ein guter Mann. Warum haben wir diesen hier gewählt? Er ist viel zu grob.« Bei den letzten Worten hatte der Erzbischof die Stimme gesenkt.
    Der Mönch beugte sich vor. »Er hatte sich bei der Sache mit dem Juden bewährt, Exzellenz.«
    »Ach? Ja nun, aber jetzt ist er zu brutal. Hol Guillaume.« Château-Morand winkte den Mönch fort, der sich verneigte und leise auf Sandalen verschwand.
    Das Gewölbe hatte nur ein hoch gelegenes, vergittertes Fenster, durch dessen Halbrund das Licht der untergehenden Sonne schien. Mehrere Laternen und Fackeln sorgten im Kerker für zusätzliches Licht. Rutilio piekte die rothaarige Frau mit einem spitzen Eisenstab unterhalb der ausgerenkten Schulter an, und nachdem der Knecht ihr kaltes Wasser über das blasse Gesicht gegossen hatte, flackerten ihre Lider.
    »Sie wird wach!«, rief Rutilio aufgeregt.
    »Dann können wir ja endlich weitere Fragen stellen«, meinte der ungeduldige Erzbischof und rückte vorsichtig seinen Fuß auf einer kleinen Bank zurecht. »War diese hier diejenige, die einen Ausländer geheiratet hat, der für den König arbeitet, und deren Bruder ein gefährlicher Wortführer der Ketzer ist?«
    »Nein, Exzellenz. Diese hier ist die Kräuterfrau. Ihr meint Aleyd Dubray, die Schwester von Jules Dubray, der uns leider entwischt ist. Ihr Mann ist der Ausländer, ein Künstler, was die Sache etwas erschwert.« Gereizt trommelte Sampieri auf dem gewichtigen Buch, das vor ihm auf dem Tisch lag.

    »Warum ist das ein Problem? Ketzer ist Ketzer!«, sagte der Erzbischof.
    Sampieri schloss kurz die Augen, bevor er antwortete: »Leider, Euer Exzellenz, ist das eben nicht so, denn Künstler genießen bei Seiner Majestät und seiner Mätresse einen besonderen Status. In Paris hatte ich das zweifelhafte Vergnügen, die Bekanntschaft von Madame d’Étampes zu machen.« Sampieri ballte die Hand zur Faust. »Ich hatte ihn schon vor mir auf dem Stuhl, aber sie hat ihn mir wieder entrissen!«
    »Sehr ärgerlich. Ich dachte, ihr Einfluss wäre im Schwinden begriffen …«, sinnierte der Erzbischof.
    »Immerhin haben wir seine schwangere Frau. Früher oder später bekommen wir auch ihn und ihren Bruder, verlasst Euch drauf! Die Zeit ist auf unserer Seite, Exzellenz. Seine Heiligkeit ist nicht nur wegen eines Bündnisses in Nizza«, meinte Sampieri vieldeutig.
    Die vollen Lippen des Erzbischofs machten ein schmatzendes Geräusch, als dieser sich einen Weinkelch an den Mund hielt. Was für ein dekadenter Trottel, dachte Sampieri. Aber er brauchte den Erzbischof, genau wie er den jungen Sekretär brauchte. Wo steckte Guy de Mallêt nur? Er hatte ihm doch eine Botschaft zukommen lassen, dass er seiner Unterstützung in Embrun bedurfte.
    Die Frau auf der Streckbank kam zu sich und hustete. Mühsam hob sie den Kopf und öffnete die verquollenen Augen. Ihre Lippen waren trocken und aufgesprungen, das einstmals hübsche Gesicht entstellt von durchlebtem Leid und von Angst. Isabeau versuchte, die Arme zu bewegen, doch nur der linke Arm gehorchte ihr. Die rechte Schulter war aus dem Gelenk gerissen und schwoll bereits an. Knöchel und Handgelenke waren von den Fesseln blutig gescheuert. »Lasst mich endlich sterben«, stammelte Isabeau unter unerträglichen Schmerzen, »lasst mich sterben …«

    »Gebt der Frau ein Tuch, damit sie sich bedecken kann«, sagte der Erzbischof. Sampieris missbilligende Miene konnte er nicht sehen.
    »Eine Hexe verdient keinen Respekt. Außerdem ist sie es gewohnt, fadennackend ums Feuer zu tanzen und Männern mit ihren Zaubersprüchen die Köpfe zu verdrehen«, zischte Sampieri, und Rutilio kicherte zustimmend.
    Dankbar nahm Isabeau das Tuch an, das ein junger Diener des Bischofs ihr reichte, und setzte sich unter Mühe auf. »Ich bin keine Hexe! Was auch immer Ihr mir vorwerft, aber eine Hexe bin ich nicht!«
    So viel Starrsinn und Widerspenstigkeit hätte Sampieri der kleinen Frau nicht zugetraut, doch es würde ihr nichts nutzen. Er beherrschte die Kunst, ein Verhör zu führen, und verstand es,

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