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Die Malerin von Fontainebleau

Die Malerin von Fontainebleau

Titel: Die Malerin von Fontainebleau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilken Constanze
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Wenn die Dinge anders stünden, würde er seine Soldaten nach Embrun schicken und solche Kleingeister wie den Erzbischof und seinen teuflischen Inquisitor aufs Schafott bringen. Aber unter den gegebenen Umständen hat er
alle Hände voll damit zu tun, vor der Welt sein Gesicht als höchst christlicher Herrscher zu wahren.«
    »Und trotzdem glaube ich an ihn und seinen Sinn für Gerechtigkeit«, sagte Luisa und hielt die Lederhülse hoch. »Das hier ist meine Eintrittskarte zu einem Gespräch mit Seiner Majestät.«
    »Das Glück ist mit den Jungen! Gott erhalte Euch Euren Optimismus! Wahrscheinlich habe ich bereits zu viel gesehen, als dass ich noch an hehre Taten glauben kann. Aber …« Er hob einen Finger. »Ihr sollt den König sehen. Zumindest dabei kann ich Euch helfen. Heute Abend speist der König im kleinen Kreis und hat dazu Musiker und Tänzer, einen Dichter, dessen Namen ich vergessen habe, und den Entdecker Jacques Cartier eingeladen. Das ist der richtige Rahmen für Rossos Werk. Wir treffen uns am Gehege der wilden Tiere.«
    »Ich kann Euch gar nicht sagen, wie dankbar ich Euch bin!« Luisa ergriff seine Hand.
    »Aber Ihr habt mir noch nicht gesagt, woher Eure Fehde mit dem Comte de Mallêt rührt und warum Ihr den König so rasch sehen müsst«, hakte der Botschafter nach.
    Luisa trat neben ihn an das Fenster und beobachtete die Männer, die sich im Fechten übten. Wo der Rasen endete, standen blühende Obstbäume, und auch ein Kräutergarten war zu sehen. Ein tierisches Brüllen, das sie nicht einordnen konnte, ertönte und ließ die Männer kurz mit dem Fechten innehalten.
    »Ein Löwe. Der Duc de Villeneuve hält sich eine Reihe exotischer Tiere. Ihr werdet ihn heute Abend kennenlernen, ein exzentrischer Mann«, erklärte Giustiniani und sah Luisa weiter erwartungsvoll an.

XXXII
    Von göttlicher und königlicher Gnade
    Etiam innocentes cogit mentiri dolor. [Schmerz zwingt sogar Unschuldige zu lügen.]
    Publilius Syrus, Sententiae
     
     
    I ch flehe Euch an, hört auf!« Ein Schrei erstickte jedes weitere Wort der jungen Frau auf der Streckbank.
    Sie lag rücklings auf der mit eisernen Dornen gespickten Bank. Ihre Arme waren kopfüber gezogen und die Beine an den Knöcheln festgebunden. Die weiße Haut ihres nackten Körpers war mit blauen Flecken und bereits verschorften Wunden von früheren Folterungen bedeckt. Kerkerhaft, schlechte Ernährung und die Folterungen während der peinlichen Befragungen hatten dem zarten Körper der Frau zugesetzt. Die Haare ihrer Scham waren von demselben flammenden Rot wie ihre langen Locken, die sich unter ihrem Körper wie ein blutiges Tuch ausgebreitet hatten.
    Monsignor Sampieris Bursche stand neben der erbarmungswürdigen Delinquentin und starrte fasziniert auf deren Körpermitte, während der Folterknecht das Rad der Streckbank unerbittlich weiterdrehte. Plötzlich ertönte ein schriller Schrei, und das fürchterliche Geräusch von zerreißenden Sehnen und einem splitternden Gelenk schreckte selbst den Inquisitor auf. Sampieri hob die Hand, und der
Knecht drehte das Rad zurück, so dass die Arme der Delinquentin schlaff zwischen den Seilen hingen. Der Kopf der Frau war zur Seite gesackt, und ihre Augen waren geschlossen.
    »Atmet sie noch?«, fragte Sampieri.
    Der Knecht beugte sich über das von Sonnenflecken übersäte Gesicht und legte seine grobe Hand mit der schwieligen Innenseite auf die Brust der Frau. Nach einer Weile hob er den Kopf. »Ich glaube schon. Das Herz schlägt noch.«
    »Mach sie los und gieß ihr Wasser ins Gesicht«, befahl der Monsignore.
    Während der Knecht dem Befehl nachkam, tippte Sampieris Bursche den Bauch des Opfers mit dem Finger an. »Sie ist eine Hexe, Monsignore! Seht Euch ihre Scham an. Diese roten Haare kommen vom Teufel!«
    »Halt den Mund, Rutilio«, kanzelte Sampieri seinen Burschen ab. Sie waren nicht allein im Kerker des erzbischöflichen Palastes von Embrun. Neben Monsignor Sampieri saß auf einem Stuhl mit geschnitzten Armlehnen der Erzbischof selbst, der dieser Befragung trotz seines gichtigen Fußes höchstselbst beiwohnte. Ein Schreiber notierte jede Aussage, und ein Dominikanermönch, der das Rechtswesen studiert hatte, fungierte als Qualifikator. Es war seine Aufgabe festzustellen, ob der Beschuldigte der Häresie verdächtig sei beziehungsweise in welchem Grad, leicht, stark oder schwer.
    Antoine de Lévis de Château-Morand schlug ungeduldig auf seine Lehne. »So kommen wir nicht voran. Sie ist schon wieder

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