Die Malerin von Fontainebleau
Stirn wischte und einen der livrierten Diener heranwinkte. »Verzeiht, Monsieur, aber das hat Monsieur Paserini nicht erwähnt.«
Bei der wiederholten Nennung des Namens horchte Madame de Tavannes auf und stieß Mallêt in die Seite, dass dieser sich umschaute, bis er Luisa entdeckt hatte. Er fixierte sie kurz und wandte sich wieder ab. Sein Sohn war noch nicht hier, Luisa und Gérard hatten den Wagen von Kardinal Tournon an einem Gasthof gesehen, den sie kurz nach ihrer Rast an der Saône passiert hatten.
»Trotzdem, Monsieur, ich habe kein Quartier im Palas zur Verfügung. Auch die Stallungen sind hoffnungslos überfüllt.
Selbst Teile der Wirtschaftsgebäude haben wir schon belegt. Ihr seid schon länger hier und wisst selbst, welch ein Durcheinander hier herrscht.« Der Hausmarschall rang nach Luft, warf einen Blick auf die herrschaftliche Gruppe, die er hatte stehen lassen müssen, und verzog gequält das Gesicht. »Dort wartet der Comte de Beaulac, den ich hier unterbringen muss! Versteht Ihr?«
»Wie viele Räume sind für den Comte reserviert?«, fragte Giustiniani.
»Drei, aber …«
»Dann bekommt er nur zwei! Sehr schön. Ich wusste, dass Ihr ein verständiger Mann seid.« Giustiniani drückte dem Hausmarschall ein Geldstück in die Hand, und der schwergewichtige Mann gab sich geschlagen.
»Wenn ich das hier überlebe, gebe ich mein Amt auf …« Er griff sich theatralisch ans Herz, wies den wartenden Diener an und ging mit ausgebreiteten Armen auf den inzwischen wütend schimpfenden Comte zu.
»Signor Giustiniani, wie kann ich Euch nur danken. Ihr könnt nicht wissen, wie wichtig es für mich ist, den König so bald wie möglich zu sehen.« Luisa griff nach seiner Hand und drückte sie fest.
Der Botschafter lächelte. »Landsleute müssen sich unter die Arme greifen. Sagt, wo ist Euer Bruder, Luca?«
Sie drückte kurz einen Finger gegen die Lippen und fragte den Diener, der sie in ihr Quartier bringen sollte: »Wo kann mein Begleiter hier die Pferde unterstellen?«
»Fragt den Stallmeister. Ihr findet ihn dort vorn.« Der Diener wies auf die linke Seite des Hofes. Unterhalb einer schmalen Treppe, die zum Wehrgang hinaufführte, lagen die Ställe.
Gérard nahm Luisa die Zügel ab. »Ich mache das und treffe Euch dann später. Wo?«
»Palas, hinter dem Musikzimmer, eines der Zimmer zum Zwinger«, sagte der Diener.
Luisa löste noch die Lederhülse mit Rossos Zeichnung von der Satteltasche und schüttelte ihren Stiefel, mit dem sie in einen weichen Pferdeapfel getreten war. Der Hof war gepflastert, aber gegen den stetigen Betrieb von ein- und ausgehenden Menschen und Tieren waren die Knechte mit ihren Besen und Schaufeln machtlos. Zu Luisas Missbehagen führte der Diener sie direkt auf die Höflinge zu. Hinter der Gruppe befand sich der Eingang zum Ostflügel, und um dorthin zu gelangen, kreuzten sie das Blickfeld von Madame de Tavannes und Mallêt.
»Auf ein Wort, Paserini!«, befahl der Comte de Mallêt und stellte sich Luisa mit einer Hand an seinem Degen in den Weg. Die jungen Hofdamen in ihren kostbaren Roben ermutigten ihn anscheinend, sich in Positur zu werfen. Er trug kurze gestreifte Pluderhosen, weiße Strümpfe, ein Hemd mit gebauschten Ärmeln und darüber ein kurzes, eng anliegendes Wams. Blau, Braun und Gold waren heute seine Farben, und auf seinem Barett prangte eine riesige exotische Feder.
Giustiniani hob die Hand. »Lasst den jungen Paserini in Ruhe, Comte!«
»Was habt Ihr mir schon zu sagen, Botschafter.« Ein verächtlicher Blick streifte den Venezianer. »Wo steckt Euer Bruder, Paserini? Es gibt Gerüchte, dass er in eine verräterische Intrige gegen den König verwickelt ist.«
»Ihr lügt! Mein Bruder ist dem König treu ergeben und nur der Kunst wegen in dieses Land gekommen«, verteidigte sie Armido.
»Dann sagt mir doch, wo er sich aufhält!« Comte de Mallêt machte eine Handbewegung in Richtung seines Publikums. »Wir alle wüssten es gern.«
»Ach ja? Woher das Interesse an einem unbedeutenden Stukkador? Das scheint mir doch sehr seltsam. Ich kann nur vermuten, dass Ihr persönliche Gründe für Eure Frage habt. Seit wann verschwendet ein Comte seine Zeit an unbedeutende Ausländer? Und jetzt lasst mich vorbei, denn ich habe einen Auftrag zu erledigen.« Entschlossen drängte sie sich zwischen Mallêt und den pikierten Höflingen hindurch. Sofort setzte ein hämisches Zischeln und Tuscheln hinter ihrem Rücken ein. Mit wachsender Furcht schritt sie auf den
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