Die Malerin von Fontainebleau
nicht zurück! Bitte schick mich nicht zurück!«, murmelte sie vor sich hin und träumte sich bereits nach Frankreich.
Vor ihr stapfte Rutilio den steiler werdenden Pfad hinauf. Sein Herr saß in dem Tragestuhl und las laut aus dem Alten Testament. Offensichtlich hoffte er, dadurch zur Erbauung der Träger beizutragen. Möglicherweise wollte er aber auch die anderen Mitreisenden ärgern, denn zu ihrer Gruppe gehörten ein jüdischer Kaufmann und drei Straßburger Saitenmacher. Samuel Katz nahm von dem provozierenden Verhalten des Monsignore keine Notiz. Er strich sich gelegentlich über seinen langen weißen Bart und setzte mit stoischer Miene einen Fuß vor den anderen. Obwohl er sich hätte tragen lassen können, zog er das Gehen vor. Sein Gehilfe war
ebenso schweigsam, trug ein Lederbündel und hatte stets eine Hand an seinem Degen.
Interessanter noch als Katz fand Luisa Peter Lavbruch und seine Brüder, mit denen sie bereits einige Worte gewechselt hatte. Die drei gingen hinter ihr und waren in ein leises Gespräch vertieft. Untereinander sprachen sie einen deutschen Dialekt, doch Peter war des Italienischen mächtig und lächelte ihr ermunternd zu, wenn sie sich umdrehte.
»Du hast schwer zu tragen, Junge. Gib uns die Bücher. Hier, mein Bruder Thomas hat kräftige breite Schultern. Weiter vorn wird es richtig steil, und dann schaffst du es nicht.« Peter, selbst ein kräftiger Hüne mit blonden Haaren und einem offenen Gesicht, zeigte hinter sich, woraufhin sein Bruder grinste.
Thomas und Josef Lavbruch waren jünger als Peter und trugen je ein Musikinstrument und diverse kleinere Koffer, in denen sich ihr Werkzeug und Saiten, die sie in Piacenza verkaufen wollten, befanden.
Luisa schüttelte den Kopf. »Danke, aber das geht nicht.« Sie wartete, bis Rutilio außer Hörweite war, und sagte: »Wenn ich die Bücher nicht trage, bekomme ich meinen Viertelscudo nicht, und ich brauche das Geld.«
Peter verzog abfällig den Mund. »Der Monsignore lässt sich tragen, und deine Hände sehen aus, als wären sie bereits taub.«
Rutilio hatte bemerkt, dass sie zurückgeblieben waren, und rief: »Was ist los? Wir müssen uns beeilen, wenn wir vor der Dunkelheit drüben sein wollen.«
Luisa seufzte, rückte ihre Last gerade, und wollte weitergehen, doch Peter nahm ihr die schwere Büchertasche einfach von der Schulter und hängte ihr dafür seine um, die überraschend leicht war.
»Was ist da drin?«
»Eine Violine und Saiten. Jetzt geh, bevor der Stiefellecker des Monsignore etwas bemerkt.«
»Dank Euch, Signor Lavbruch!« Damit sprang sie leichten Schrittes den steinigen Weg hinauf und hörte Peter und seine Brüder hinter sich lachen.
»Was gab es denn?«, fragte Rutilio neugierig.
»Gar nichts. Ich habe nur gefragt, wie lange es noch dauert, bis wir oben sind.«
»Das hätte ich dir auch sagen können. Dafür musst du dich nicht mit denen abgeben.« Rutilio kniff die Augen zusammen und warf ihr einen warnenden Blick zu. Obwohl er nicht älter sein konnte als sie, wirkte er an Jahren erfahren und verschlagen. Harte Linien zeichneten bereits sein junges Männergesicht.
Luisa folgte ihm vorsichtig, um nicht an der steil abfallenden Wegeskante abzurutschen. »Warum nicht? Was hast du gegen sie?«
»Ich habe eine Nase für solches Gesindel, genau wie der Monsignore. Habe ich dir schon erzählt, wie wir gemeinsam drei Ketzer in einem Dorf bei Bozen entlarvt haben?« Die Begeisterung in seiner Stimme war nicht zu überhören, während er den Berg hinaufstieg, links eine steil abfallende Schlucht und rechts die bemooste Felswand.
Luisa zwang sich, nicht nach links zu sehen, und hätte am liebsten die Ohren vor Rutilios Geschichte verschlossen, doch er redete laut weiter. »… und dann haben wir sie zur Befragung mitgenommen. Ich selbst durfte die peinliche Befragung an dem Mädchen durchführen, und glaub mir, es hat nicht lange gedauert, bis sie alles gestanden hat. Der Teufel kam nur so aus ihr herausgesprudelt, doch sie war nicht mehr zu retten. Satan hatte sie schon fest in seinen Klauen. Da konnten nur noch die reinigenden Flammen helfen.«
Erschauernd machte sie einen Schritt nach dem anderen.
Dieser unscheinbare Junge vor ihr hatte ein Mädchen gefoltert, denn nichts anderes bedeutete »peinliche Befragung«, auf den Scheiterhaufen gebracht und war auch noch stolz darauf. Eisig fuhr ihr der Wind des Apennins durch die Glieder, und eiskalt wurde es ihr ums Herz, als sie Monsignor Sampieri in
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