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Die Malerin von Fontainebleau

Die Malerin von Fontainebleau

Titel: Die Malerin von Fontainebleau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilken Constanze
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allen Mut zusammen, packte ihren Hut und sammelte für die Musiker. Außer dem Monsignore, der sich nur eine Kupfermünze abringen konnte, gaben alle großzügig, die Orientalen sogar einen goldenen Dukaten. Einer der fünf winkte Luisa zu sich. Er hatte wache dunkle Augen, trug einen sorgfältig gestutzten Bart und edle Kleidung, allein der juwelenbesetzte Dolch in seinem Gürtel schien ein Vermögen wert. »Sag deinen Freunden, sie sollen nach dem Spielen zu uns an den Tisch kommen. Die Instrumente interessieren mich.«
    Er sprach mit starkem Akzent, doch sein Italienisch war fehlerfrei. Anscheinend war er es gewohnt, dass man seinen Befehlen Folge leistete, denn er wartete ihre Antwort nicht ab, sondern entließ sie huldvoll mit einer Handbewegung. Luisa strich sich die Haare hinter die Ohren und stellte sich während des restlichen Vortrags an einen Pfeiler neben der Tür. Die Musik erfüllte den Raum zusammen mit den Gerüchen von gebratenem Fleisch und frischem Brot. Für einige Minuten vergaß Luisa, wo sie war, und ließ sich von den perlenden Tönen davontragen an den imaginären Hof von Franz, dem legendären König der Franzosen. Wie mochte er sein, der König, der die Frauen und die Kunst liebte? Standen die Frauen an seinem Hof wirklich in so hohem Ansehen, wie man sich erzählte? Was machte Armido? Vielleicht tanzte er gerade auf einem Fest mit einer bezaubernden Französin. Und Meister Rosso! Würde er ihre Arbeit akzeptieren?

    Sie schloss die Augen und stellte sich den Meister vor, wie er in eleganter Robe die Galerie entlangschritt und ihr zusah, während sie an einem Fresko arbeitete. Oh, das zu glauben war vermessen! Niemals würde er sie malen lassen, aber vielleicht durfte sie die Stuckleisten gießen.
    Josef, der jüngste der Lavbruchs, setzte seine Violine ab und hub mit einer weichen Tenorstimme an zu singen:
    »Eines Morgens sah ich einst die Sonne
goldstrahlend über dem Meer aufgehen,
so lichtgefärbt erschien ihr Antlitz,
dass sie das Wasser in Flammen setzte.
     
    Ich sah im Morgentau die Rose sich
so flammend hell entfalten, dass ein jeder,
aus der Ferne schauend, meinen musste,
ein Feuer brenne über dem grünen Dorn.
ein Feuer brenne über dem grünen Dorn.
     
    Ich sah das weiche, jugendliche Gras,
wie es im frühen Lenz am Morgen
seine Blätter zart entfaltet,
     
    und eine schöne Frau sah ich anmutig
Rosen pflücken im ersten Sonnenschein,
die alles andere an Schönheit übertraf.«
    Die Verse waren so zart und entrückt wie die Melodie, die Josef begleitete. Verträumt öffnete Luisa die Augen und ließ den Blick über die Gäste gleiten, die entweder aßen oder sich ebenfalls der Schönheit der Musik hingegeben hatten. Plötzlich erschauerte sie, als sie den Hass in Monsignor Sampieris Augen sah. Warum? Die Verse Matteo Boiardos waren unschuldig genug.

    Bevor Sampieri ihren Blick auffangen konnte, wandte sie sich ab und reichte den Brüdern, die ihre Darbietung unter dem Applaus der Gäste beendeten, ihren Hut. Peter warf einen kurzen Blick hinein, gab ihr den Golddukaten der Orientalen und steckte den Rest in seine Börse. Für Josef und Thomas schien es selbstverständlich, dass der Älteste die Finanzen regelte. Thomas fragte nur: »Was wollten die Muselmanen?«
    »Oh, sie bitten euch zu sich, wegen der Instrumente.«
    Peter grinste. »Na dann.«
    Luisa hielt ihn am Arm zurück und flüsterte: »Der Monsignore. Ich weiß nicht, aber ich befürchte, er will euch Böses …«
    »Keine Sorge. Wir sind anständige Bürger. Iss jetzt, du brauchst Kraft für den Marsch morgen.« Dann ging er mit seinen Brüdern zu den Muselmanen, die sie bereits neugierig erwarteten. Luisa indes bestellte sich Fleisch zu ihrer Suppe und Wein anstelle des warmen Bieres. Mit dem Dukaten konnte sie sich auch die Kammer leisten und freute sich schon jetzt auf eine Nacht ungestörten erholsamen Schlafes.
     
    Samuel Katz und sein Begleiter verließen die Gruppe in Parma. Obwohl der Jude ein schweigsamer Weggefährte gewesen war, vermisste sie seine ruhige Art und ging nicht auf Rutilios gehässige Bemerkungen über den Juden ein. Erst in Parma hatten sie einen Wagen mit Kutscher und vier Pferden gefunden und saßen jetzt zu sechst in dem zugigen Gefährt, das sie über Fidenza und Fiorenzuola d’Arda nach Piacenza bringen sollte.
    Luisa saß neben Rutilio und dem Monsignore, gegenüber den Gebrüdern Lavbruch, die auch in den anderen Wirtshäusern, in denen sie Rast gemacht hatten, mit

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