Die Malerin von Fontainebleau
Erfolg gespielt hatten.
Sampieri warf den Musikern unter halbgeschlossenen Lidern lauernde Blicke zu. »Eure Musik ist gottlos!«, sagte er plötzlich.
Thomas runzelte die Stirn. Er war impulsiver als der ruhige Peter, der lächelnd erwiderte: »Wie kann Gott nicht gewollt haben, dass wir Musik machen, wenn er uns doch die Fähigkeit dazu geschenkt hat?«
»Gottgefällige Musik! Was ihr spielt, ist ketzerisch! Es regt die Sinne an, und diese sollen wir kontrollieren.« Sampieris Hände lagen gefaltet in seinem Schoß, doch alles an seiner Haltung deutete auf höchste Anspannung hin.
»Singen denn die Mönche nicht Choräle, um den Herrn zu preisen?«, fragte Peter, ohne dem bohrenden Blick des Geistlichen auszuweichen.
»Sie haben ihr Leben dem Herrn geweiht, und ihre Zungen sind rein. Eure sind es nicht!«
Rutilios spitzes Gesicht glühte vor Genugtuung, doch Luisa drückte sich in ihre Ecke und hoffte, dass Peter den Angriffen des Geistlichen standhalten werde.
»Wir sind fromme Christen, Monsignore. Unsere Musik ist nichts anderes als Ausdruck unserer Liebe zu Gott.« Peter senkte demütig den Blick und lächelte.
Erleichtert atmete Luisa aus, doch Sampieri gab nicht nach. »Das zu entscheiden ist nicht an Euch! Wir, die wir Gott näher stehen als die Gläubigen, sind allein befähigt zu entscheiden, ob etwas zu Gottes Wohlgefallen geschieht oder nicht und eure Musik …«
Weiter kam er nicht, denn ein lautes Krachen beendete Sampieris Redefluss, gefolgt vom Umstürzen des Wagens, das alle Insassen durcheinanderwarf. Der Wagen lag auf der Seite, und Luisa, die sich geistesgegenwärtig in der Fensteröffnung festgehalten hatte, konnte hinausklettern, wobei sie sich an Rutilios Körper abstieß, was dieser laut protestierend
monierte. Nacheinander kamen auch die anderen aus dem Wagen gekrochen. Gott sei Dank war niemand ernsthaft verletzt. Die blauen Flecken und Schürfwunden waren kaum der Rede wert.
»Verflucht, was ist denn …?« Thomas klopfte sich den Staub aus seinem Wams, und Josef schüttelte seinen Instrumentenbeutel, in dem es verdächtig nach zerbrochenem Holz klang.
Ein Schlagloch war die Ursache für das zerbrochene Rad gewesen. Nachdem der Schaden behoben war, konnten sie noch am selben Tag weiterreisen, und ohne weitere unvorgesehene Aufenthalte trafen sie am nächsten Tag in Piacenza ein.
Es regnete, als der Wagen über die gepflasterten Straßen der alten Festungsstadt holperte, die vor mehr als zwanzig Jahren von den päpstlichen Truppen besetzt worden war.
Sampieri hatte sich seit dem Radbruch in Schweigen gehüllt, während Luisa sich in ihre Ecke drückte und die Brüder Lavbruch über das Saitenmachen ausfragte.
»Das Deckblatt ist aus Fichtenholz, der Boden aus Ahorn, und für die Wirbel und das Griffbrett nimmt man Ebenholz«, erklärte Peter gerade, während sie am gotischen Backsteinbau des Rates von Piacenza vorüberfuhren. In der spitzbogigen offenen Halle schien eine Versammlung stattzufinden, denn zahlreiche gut gekleidete Männer, Vertreter der Zünfte oder Ratsherren, gingen diskutierend zwischen den Marmorpfeilern umher.
Rutilio flüsterte seinem Herrn etwas ins Ohr, das dieser unkommentiert ließ, stattdessen starrte er weiter geradeaus, als könne er es nicht abwarten, den Wagen endlich zu verlassen.
Josef, feingliedriger als seine Brüder und mit weichen Gesichtszügen, meinte: »Was die wieder aushecken …?«
»Sie diskutieren eine Steuererhöhung, was sonst?«, ätzte Peter.
»Wir sind im Krieg!«, kam es bissig von Sampieri.
»Das ist mir neu! Ich dachte, die Habsburger metzeln derzeit auf französischem Territorium?«, meinte Peter.
»Wir sind ständig im Krieg gegen den Unglauben und die Ketzerei!« Sampieris blasse Wangen röteten sich, und seine Augen brannten vor Fanatismus.
»Das hatte ich ganz vergessen …« Peter lächelte und lehnte sich zurück, wobei er Thomas einen raschen Blick zuwarf, doch sein Bruder schwieg mit ernster Miene.
»Wirst du dein Instrument retten können?«, fragte Luisa Josef. »Und was ist mit den Botschaftern des Sultans? Wie lange werdet ihr brauchen, um zehn Violinen für sie zu bauen?« Die fünf Orientalen in jenem Gasthaus unterhalb des Passo della Cisa hatten sich als Botschafter des berüchtigten Suleiman des Prächtigen, Herrschers des Osmanischen Reiches, vorgestellt.
»Nicht wir, Luca, wir sind nur Saitenmacher. Aber hier in der Stadt und in Cremona leben zwei der besten Instrumentenbauer. Wir liefern die
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