Die Malerin von Fontainebleau
Lachen.
Luisa warf den Männern einen verwirrten Blick zu und wartete nervös, bis Rosso Fiorentino vor ihnen stand. Er hatte dunkle Augen und einen gestutzten Bart. An der rechten Hand, mit der er eine Pergamentrolle hielt, funkelten zwei kostbare, mit Edelsteinen besetzte Ringe. Der Duft von Sandelholz und Lavendel stieg ihr in die Nase, als er eine Bewegung mit dem linken Arm machte und auf die Bänke deutete.
»Sie entsprechen nicht ganz meiner Zeichnung, aber die Chimären sind eine gelungene Variation meines Entwurfs. Auch die Inschrift sieht besser aus. Danke, Scibec!«
Francesco Scibec de Carpi lächelte und nickte. Armido wunderte sich, dass heute kaum Hofdamen anwesend waren, vielleicht bereiteten sie sich auf die Ankunft Seiner Majestät vor.
Rosso trat einen Schritt auf ihn zu, sah aber Luisa an und fragte: »Und das ist Euer Bruder, Armido? Er ist jünger, als ich dachte.«
Luisa schlug die Augen nieder, dann fiel ihr ein, dass ein Mann das sicher nicht tun würde, und sie erwiderte Rosso Fiorentinos forschenden Blick. »Ich werde im Dezember neunzehn Jahre alt, Meister.«
»Wirklich?« Erstaunt hob er eine Augenbraue und spielte gedankenverloren mit der Rolle in seinen Händen. »Was könnt Ihr? Wie war Euer Name?«
»Luca. Ich bin ein guter Stukkador und Zeichner, und Fresken habe ich auch schon gemalt«, beeilte sie sich zu sagen und hoffte, dass es nicht zu vorlaut klang. Ein Fresko hatte sie zwar noch nicht selbst gemalt, aber in einem Sieneser Palazzo mitgeholfen.
»Meister Rosso!«, ertönte eine schrille Frauenstimme aus dem Durchgang hinter ihnen. Es raschelte, und schon rauschte eine wenig attraktive, aber reich gekleidete Frau
mittleren Alters an ihnen vorbei, baute sich vor dem Künstler auf und fächelte sich mit einem spanischen Fächer Luft zu. »Wir erwarten Euch!«
»Geht schon vor, Madame Monpézat. Ich bin in Kürze bei Euch.«
Mit hochrotem Kopf machte die beleibte Dame eine Drehung, raffte ihre Röcke und ging hinaus.
Rosso schüttelte den Kopf. »Ich habe so viele Aufträge, wie soll ich da noch eine Madonna für sie malen? Aber sie steht Seiner Majestät sehr nahe. Und Seine Majestät zu verärgern wäre unklug …«
Armido grinste, und Scibec hüstelte verständnisvoll.
Mit einem gespielten Seufzer sagte Rosso: »Nun, fürs Erste können die Brüder Paserini zusammenarbeiten. Für detaillierte Überlegungen bleibt mir keine Zeit, wie Ihr selbst gesehen habt …« Er schenkte Luisa ein Lächeln und ging federnden Schrittes davon.
Ein Hauch von Sandelholz hing noch in der Luft, als er gegangen war.
VII
Geheimnisse in Paris
J ules Dubray spülte seinen Ärger mit einem Becher Rotwein hinunter. »Verdammt sollen sie sein!«, fluchte er und hätte den Becher am liebsten in die offene Feuerstelle geworfen, aber er befand sich im Haus von Freunden, und sein Gastgeber war ein bedächtiger Mann.
»Nun, nun«, beschwichtigte Robert Estienne, ein renommierter Buchdrucker, der sich durch kritische Bibelkommentare einen Namen, aber auch Feinde an der konservativen Sorbonne gemacht hatte.
Sie befanden sich in der Buchhandlung von Thibault Ariès unweit der Rue Saint Jean de Beauvais in Saint Germain. Die Seine und die Universität waren nur einen Steinwurf entfernt. Thibault hatte die Türen seines Geschäftes abgeschlossen, obwohl es noch früh am Nachmittag war, aber heute hatte er Besuch, und ungebetene Zuhörer waren nicht erwünscht.
Aleyd Dubray saß auf einem Schemel und blätterte in einem illustrierten Stundenbuch. »Jules, reg dich nicht auf. Es hat keinen Sinn! Wir können sie nur überzeugen, indem wir weitermachen und uns nicht einschüchtern lassen. Wir kämpfen für unseren Glauben, für unsere Freiheit, für unsere Überzeugungen! Zumindest unsere Gedanken kann uns niemand verbieten!« Ihre grünen Augen leuchteten.
Robert sah sie bewundernd an. »Deine Schwester ist noch
schöner, wenn sie sich kämpferisch für deine Sache einsetzt, Jules. Wenn ich kein verheirateter Mann wäre …«
»Robert, lass das. Wir sind hier, um eine Strategie zu entwickeln.« Jules stellte den Becher schwungvoll auf einen kleinen Tisch neben der Feuerstelle, einem offenen Kamin, der mehr Ruß in das Zimmer blies, als er Wärme spendete. »Du solltest dich mal um den verfluchten Abzug kümmern, Thibault.«
»Setz dich, Jules. Du machst mich ganz nervös, wenn du dauernd hin- und herläufst wie ein angeschossenes Kaninchen«, murrte Thibault, ein behäbiger Mann mit struppigen
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