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Die Malerin von Fontainebleau

Die Malerin von Fontainebleau

Titel: Die Malerin von Fontainebleau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilken Constanze
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machte einen gezierten Schritt rückwärts und warf Luisa eine Kusshand zu. Mit erhobenem Kinn schritt er davon.
    Zum ersten Mal, seit sie in Fontainebleau war, schnürte tiefe Angst ihr den Hals zu. Alle ihre Instinkte sagten ihr, dass dieser Mann Unheil brachte. »Armido, das hättest du nicht tun dürfen. Jetzt haben wir einen Feind«, flüsterte sie und starrte in den dunklen Durchgang, durch den Guy de Mallêt verschwunden war.
    »Ach, mach dir keine unnötigen Sorgen. Er ist ein Weichling, einer, dessen Worte schärfer sind als sein Schwert. Wir stehen unter dem Schutz Seiner Majestät, und wir tun nichts Unrechtes.« Aber seinen Worten fehlte die Überzeugungskraft, das wusste er selbst. »Hat Mallêt dich berührt?«
    Erschrocken starrte Luisa ihn an. »Nein! Gott bewahre! Er hat mich an den Armen gepackt, aber zu mehr kam es nicht, weil ich mich losreißen konnte, und dann warst du da. Nein, er weiß nicht, dass ich eine Frau bin.«
    »Gut, gut. Hoffentlich bleibt es dabei. Solange er hier ist, solltest du auf einsame Zeichenstunden verzichten.« Um Luisa auf andere Gedanken zu bringen, führte Armido seine Schwester zur Bank unter das Fresko des Kampfes der Zentauren . »Ist die Zeichnung von dir?«, fragte er und bewunderte die sichere Linienführung
    Ihr zitterten noch die Knie, und ihr Mund war trocken. »Ja. Meister Rosso hat gesagt, sie gefällt ihm, und er hat mich nach Paris eingeladen.«
    Armido hob eine Augenbraue. »Aha?« Es war jedoch nicht ungewöhnlich, dass Rosso sich seinen Mitarbeitern gegenüber großzügig zeigte. Der Meister residierte in einem feudalen Haus in Paris. Dort gab er regelmäßig Bankette und intime Feste, zu denen er vor allem seine Landsleute einlud, wie Armido aus eigener Erfahrung wusste.

    Luisa schien seine Gedanken gelesen zu haben. »Ich bewundere Rosso sehr! Er ist so elegant und freundlich.«
    »Sein Einkommen ist noch größer geworden, nachdem der König ihm das Kanonikat für Sainte Chapelle übertragen hat. Aber ich neide es ihm nicht. Keiner von uns, außer Meister Primaticcio vielleicht.« Armido räusperte sich. Es gefiel ihm nicht, dass Primaticcio aus seiner Rivalität mit Rosso keinen Hehl machte. Alle wussten, dass Meister Rosso Großes leistete und dem Bologneser an Genialität und Einfallsreichtum weit überlegen war.
    »Nein, das ist nicht richtig von Primaticcio. Rosso hat mir die Fresken erklärt, seine Ideen, nun ja, einen Teil davon. Er hat so viele Visionen. Dieser Raum ist wie das Innere einer kostbaren Schatulle, findest du nicht, Armido?«
    Vielleicht arbeitete er schon zu lange hier, hatte den Blick für das Ganze verloren, aber seine Schwester hatte recht – was sie hier schufen, war außergewöhnlich, es war ein Teil Italiens mitten in Frankreich. Aus einem naiven nationalistischen Grund erfüllte ihn dieser Gedanke mit Genugtuung. Möglicherweise lag es an der Begegnung mit Guy de Mallêt, der genauso verschlagen wie sein Vater zu sein schien. Mallêt ließ jeden fühlen, auf welcher gesellschaftlichen Stufe er stand, und Fremde kamen für ihn gleich nach dem Gesinde. »Hm? Ja. Entschuldige, ich war noch bei unserem reizenden jungen Freund. Er ist Sekretär bei Kardinal Tournon.«
    Noch hatte Armido seiner Schwester nichts von seiner Sympathie für die »Armen von Lyon« erzählt, aber er würde sie endlich aufklären müssen über die Verhältnisse am Hof und die Vertreter der einzelnen Parteien – um ihrer Sicherheit willen. »Hast du Guys Kleidung gesehen?« Er nahm das Brett und hielt es Luisa hin.
    Vorsichtig löste sie die Nägel und rollte die Zeichnung zusammen. »Ja, was hat es damit auf sich?«

    »Morgen kommt der König mit seinem Gefolge, und bald wirst du auch Madame de Poitiers und ihre unerfreuliche Bagage zu Gesicht bekommen. Seit ihrer Witwenschaft hat sie Schwarz zu ihrer Farbe erkoren, und wenn du mich fragst, passt es ganz ausgezeichnet zu ihrem düsteren Charakter. Sie favorisiert die spanische Mode und die katholische Kirche. Der Kardinal und seinesgleichen sind ihre Schützlinge oder umgekehrt, und man sollte sich hüten, es sich mit ihr zu verderben.«
    Besorgt hörte Luisa ihrem Bruder zu.
    »Ich will dir keine Angst einjagen, dich nur zur Vorsicht ermahnen. Besonders unter den Umständen.« Er strich ihr über die weichen Wangen. »Wenn dir doch nur ein wenig Bart wachsen würde …«
    »Aber wir gehören doch eigentlich nicht zum Hof? Außerdem sind wir Katholiken.« Sie hielt inne und beobachtete ihren

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