Die Malerin von Fontainebleau
Autorität verliehen, im Namen der Kirche Befragungen durchzuführen. Diese Befragungen dienen der Rettung von Seelen und sind kein Übel, sondern Öl für die Seelenwunden, die da sind die ketzerischen Ansichten.« Sampieri beugte sich vor und wurde lauter, wobei er den Zeigefinger in die Höhe
hielt. »Die heilige Inquisition rächt nicht, nein, sie rettet! Sie bestraft nicht, nein, sie ringt dem Teufel die menschliche Seele ab! Sie verfolgt nicht, nein, sie heilt die Seelen verirrter Schafe der Kirche!« Mit fanatisch stierendem Blick erfasste Sampieri jeden der Anwesenden, zu denen außer den Knechten zwei Dominikanermönche, ein Notar und vier reiche Pariser Bürger gehörten.
Einem der reichen Herren gehörte das Pariser Stadthaus, in dem sie sich befanden. David überlegte, woher er das Gesicht des Grauhaarigen mit dem kostbaren Pelzmantel kannte. Selbstgefällig lauschten die hohen Herren den Ausführungen des Ketzerjägers, denn nichts anderes war Sampieri. Und Monsignore fühlte sich in seiner Rolle anscheinend sehr wohl. Immerhin, rhetorisch war der Geistliche gut geschult.
»Du lächelst?« Monsignor Sampieris Raubvogelblick entging nichts.
David schalt sich einen Narren, dass er seine Gesichtszüge nicht besser unter Kontrolle hatte.
»Du verkennst den Ernst der Lage. Wo waren wir stehengeblieben?« Sampieri warf einen Blick in eines der aufgeschlagenen Bücher. »Also, glaubst du an Jesum Christum, geboren aus der Jungfrau, der gelitten hat und auferstanden und aufgefahren ist gen Himmel?«
Nein, wollte David rufen, doch was nutzte sein Tod? »Ich glaube«, sagte er stattdessen.
»Dein Zögern spricht für eine Schuld. Glaubst du dann auch, dass bei der von einem Priester zelebrierten Messe Brot und Wein durch göttliche Kraft in den Leib und das Blut Jesu Christi verwandelt werden?« Sampieri beobachtete ihn scharf, während sich Guy de Mallêt bereits zu langweilen schien und Wein in seinen Kelch goss.
David biss sich auf die Unterlippe. Wenn er zustimmte, verriet er alles, wofür sie kämpften, andererseits war es sinnlos,
vor einem Inquisitionsgericht die Wahrheit zu sagen, denn hier auf Gerechtigkeit zu hoffen wäre töricht.
Mallêt wischte sich den Mund mit seinem Ärmel ab. »Macht doch nicht so ein Aufhebens um diesen Kerl. Wir haben ihn mit einer Bibel von Olivétan erwischt und wissen von unserem Informanten, dass er zu diesen Vaudois gehört.«
»Die der König offiziell nicht verboten hat«, wandte der Grauhaarige ein.
»Noch nicht, Viennet«, sagte Mallêt. »Mein Vater arbeitet mit einigen Ministern und Montmorency an einer Gesetzesänderung. Und da dem König sehr an innerer Stabilität gelegen ist und er einen Aufruhr wie vor drei Jahren verhindern will, wird er der Ausrottung von Häretikern bald zustimmen.«
Jetzt erinnerte sich David an Robert Viennet, einen engen Freund von Diane de Poitiers, der durch eine Glashütte und dubiose Geschäfte zu Reichtum gekommen war. Viennet hatte fast alles erreicht, nur in den Adelsstand war er noch nicht erhoben worden. Da hatte sich die richtige Gesellschaft zusammengefunden: Fanatiker, Macht- und Karrierebesessene. Von diesem Gericht hatte er nichts als den Tod zu erwarten.
»Was ist, Louven? Hast du die Zunge verschluckt? Oder sollen wir dein Schweigen als Antwort werten?«, hakte Sampieri nach.
»Ich glaube alles, was Ihr mir zu glauben vorschlagt.« Die Fesseln schnitten so tief, dass David seine Hände nicht mehr spürte.
Der Monsignore senkte seine Stimme. »Ich frage noch einmal. Glaubst du, dass der Leib unseres Herrn Jesu Christi auf dem Altar ist?«
»Glaubt Ihr es denn?«
»Natürlich!«, fauchte Sampieri.
»Ich glaube es ebenso.«
»Du denkst, du kannst mit mir spielen. Ich frage nicht, ob du glaubst, was ich glaube, sondern ob du selbst es glaubst.« Sampieri gebot Rutilio, der ihm etwas ins Ohr flüsterte, zu schweigen.
»Ich bin ein einfacher Mann. Wenn Ihr alle meine Worte verdreht, weiß ich nicht mehr, was ich sagen soll«, versuchte David Zeit zu gewinnen.
»Dann antworte mir einfach und ohne Ausflüchte.«
Einer der Dominikanermönche, er hatte gelbe Zähne und wässrige Augen, bemerkte: »Nutzen wir media erundae veritatis .«
»Dazu ist immer noch Zeit. Ich denke, dieser Mann ist schlauer, als er vorgibt. Willst du also schwören, Louven, dass du nie etwas gelernt hast, was dem Glauben, den wir für wahr halten, widerspricht?« Sampieris scharfes Profil wurde als teuflischer Schatten an die Wand
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