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Die Malerin von Fontainebleau

Die Malerin von Fontainebleau

Titel: Die Malerin von Fontainebleau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilken Constanze
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»Leider haben wir hier das unverbesserliche Exemplar einer verlorenen Seele vor uns.« Wie nebenbei bedeutete Sampieri den Folterknechten, mit ihrer grausamen Arbeit fortzufahren.
    Diesmal wurden die Winden so lange gedreht, bis David
das Bewusstsein verlor. Als er erwachte, hoffte er, die irdische Hölle hinter sich gelassen zu haben, doch unerträgliche Schmerzen, die seinen Körper in ein Flammenmeer zu tauchen schienen, brachten die ernüchternde Erkenntnis, noch immer in Viennets Pariser Folterkeller zu sein. Davids Atem ging flach und stoßweise. Wie aus weiter Ferne drang Sampieris Stimme durch Wogen rauschenden Blutes und pochender Qual zu ihm durch. Aleyd, war alles, was David denken konnte. Warum nicht mich, Aleyd?

XII
    Der Tote in der Seine
    D er Regen prasselte auf ihren Umhang. Die Krempe ihres Hutes hing herunter und ließ das Wasser über ihr Gesicht in den Kragen laufen. Ihr war kalt, aber Luisa biss die Zähne zusammen, hielt sich gerade im Sattel und suchte nach den Schönheiten der vielgerühmten Stadt. An diesem trüben Dezembermorgen jedoch wirkte Paris düster und erdrückend. Die engen Straßen waren aufgeweicht, und wenn es Pflastersteine gab, stellten sie eher Hindernisse dar, als dass sie den Boden befestigten. Sie waren zwei Tage geritten, und Luisa tat jeder Knochen weh. Zwei Ferkel rannten quiekend vor ihnen davon. Die meisten Türen der anliegenden Häuser waren verschlossen und nur wenige Fensterläden offen. Weder fliegende Händler noch Verkaufsstände waren bei diesem Wetter zu sehen.
    »Saint Germain des Prés«, sagte Rosso, der neben ihr ritt, und zeigte auf eine große dreischiffige Basilika inmitten einer weitläufigen Klosteranlage.
    »Franziskaner?«, fragte Luisa und staunte über die Ausmaße der Gebäudeflügel und die Gartenanlagen.
    »Benediktiner. Kardinal Tournon ist hier Abt commendatario .«
    Eine reiche Abtei, kein Zweifel. »Wird der Kardinal auch auf dem Ball sein?«
    Pellegrino drängte sein Pferd zwischen sie. »Meister, Ihr
müsst die Masken für Madame d’Étampes und ihre Damen noch begutachten. Sie sind fertig, aber …«
    »Jaja, sie werden schon gefallen. Schlimm genug, dass ich meine Zeit mit solchen Nichtigkeiten vertun muss«, murrte Rosso Fiorentino, und seine Miene verfinsterte sich.
    Der Tross, der aus Künstlern und niederen Höflingen bestand, überquerte eine mit Häusern bebaute Brücke über die Seine. Luisa dachte an den Ponte Vecchio in Florenz und unweigerlich an ihre Familie. Während ihr der kalte Regen über das Gesicht lief und die Pferdehufe langsam über das Pflaster klapperten, sah sie Pietro in der Werkstatt vor sich, wie er auf seinen Stock gelehnt die Güsse und Entwürfe begutachtete. Sie vermisste ihn, und es tat noch immer weh, ihn enttäuscht zu haben. Und jetzt diese Sorgen um Armido …
    »Lass den Kopf nicht hängen, Luca! Sieh nur, der Louvre!« Scibec de Carpi war zu ihr aufgerückt und klopfte ihr aufmunternd auf die Schulter.
    Sie hob den Blick und sah einen massigen, düsteren Bau am Seineufer in den grauen Himmel ragen. Die Ausmaße schienen gewaltig, doch die ganze Anlage wirkte wie eine mittelalterliche Festung und nicht wie der luxuriöse Wohnsitz des französischen Königs. Luisa war enttäuscht.
    »Franz lässt den Donjon abreißen und die ganze Anlage umgestalten. Noch fehlt die Finesse eines italienischen Architekten.« Francesco Scibec de Carpi drängte sein Pferd so dicht an ihres, dass sie sein Bein spürte. »Ich weiß, du machst dir Sorgen um Armido. Aber er ist kein Dummkopf.«
    »Dessen bin ich mir nicht mehr so sicher.« Verdrossen starrte sie auf die abweisenden Mauern, hinter denen der Maskenball stattfinden sollte. An jenem Morgen, der sie in die rettenden Arme von Meister Rosso getrieben hatte, war Armido erst spät und völlig entkräftet in der Galerie erschienen. Für sein blutverschmiertes Hemd hatte er eine fadenscheinige
Ausrede erfunden und sich seitdem in Schweigen gehüllt. Heute Morgen hatte er sich erneut ohne Erklärung davongemacht und sie in Angst zurückgelassen. Zum Ball wollte er im Palast sein. Großartig, dachte Luisa und biss sich auf die Lippen.
    »Na, komm schon. Es geht um eine Frau, und wer könnte das besser verstehen als wir Männer.« Scibec lachte.
    Luisa blieb das Lachen im Hals stecken. »Hat Armido dir das erzählt?«
    »Ja doch! Wart nur ab, bis dir die ersten Barthaare sprießen, dann locken dich die Weiber auch in ihre weichen Arme.« Der Tischler machte anzügliche

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