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Die Malerin von Fontainebleau

Die Malerin von Fontainebleau

Titel: Die Malerin von Fontainebleau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilken Constanze
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gefahren. Luisa steckte den Daumen in den Mund, um die Blutung zu stoppen und um zu verhindern, dass das Blut die kostbare Maske ruinierte. Golddurchwebte Seide, hauchdünn geklopftes Blattgold, bunte Edelsteine und Federn von Vögeln, die sie nur von Gemälden kannte, zierten die Masken der Hofgesellschaft.

    Scibec stand auf einer Leiter und mühte sich mit einem künstlichen Baum, an dem vergoldete Früchte hingen, um die sich die erlauchten Damen und Herren des Hofes in einem Spiel streiten würden.
    Unter Gelächter und Gekicher erschien Madame d’Étampes mit zwei Hofdamen in den zur Werkstatt umfunktionierten Gesellschaftsräumen. Luisa hatte bereits viel über die erste Dame an Franz’ Hof gehört, doch übertrafen ihre Schönheit und ihr Liebreiz jede Beschreibung. Anne de Pisseleu, Herzogin d’Étampes, war von schlankem Wuchs, hatte glänzende blonde Haare und trug ein reich mit Perlen besticktes Kleid. In ihren kunstvoll aufgesteckten Haaren steckten goldene Kämme und grün schimmernde Federn. Gefolgt wurde die königliche Favoritin von einer attraktiven brünetten Hofdame, bei deren Anblick Luisa zusammenzuckte, denn sie konnte sich des Gefühls nicht erwehren, dass es sich um dieselbe Frau handelte, die sie mit Jean de Mallêt im Bad von Fontainebleau beobachtet hatte.
    »Seht, Madame de Tavannes, unsere fleißigen Künstler, wie sie sich um unsere Kostüme mühen. Wundervoll!« Madame d’Étampes blieb vor Luisa stehen und nahm eine bereits fertige Maske in die Hände. »Wie ist Euer Name?« Sie war freundlich, und es lag keine Herablassung in ihrer Stimme.
    Luisa fasste instinktiv Vertrauen zu dieser Frau. »Luca Paserini, Madame. Ich arbeite für Meister Rosso.«
    »Unser Meister Rosso ist ein Genie. Ich liebe seine Ideen. Sie sind so unkonventionell, und ich liebe alles Unkonventionelle!« Madame d’Étampes lachte perlend und zeigte eine reihe gesunder weißer Zähne. Kokett hielt sie sich einen Finger vor die Lippen und beugte sich dichter zu Luisa. »Eigentlich dürfte ich das nicht laut sagen, mein hübscher Paserini. Ihr seht so jung und unschuldig aus! Hier bei Hofe
gibt es Menschen, denen alles Neue und Unorthodoxe Angst macht, und deshalb hassen sie mich und meine Freunde. Oh!« Die Geliebte des Königs hob den Kopf, wobei ihre hellen Locken wippten, und sah zur Tür. Leise sagte sie: »Ein eisiger Wind weht durch die Hallen. Kardinal Tournon und sein Sekretär. Fehlt nur noch, dass Diane heute Abend erscheint. Kommt sie?«
    Élodie de Tavannes nickte. »Leider ja, Madame.«
    Madame d’Étampes schnippte mit den Fingern und ging davon. Bevor Élodie sich ebenfalls zum Gehen wandte, fragte sie Luisa: »Seid Ihr der Bruder von Armido?«
    »Ja, Madame.«
    Prüfend musterte Élodie sie. »Ihr seid in der Tat sehr jung. Meine Josette hat einen Narren an Eurem Bruder gefressen und wundert sich, wo er steckt. Wisst Ihr es nicht?«
    »Leider nein, Madame.«
    »Nun, wenn er auftaucht, schickt ihn zu mir.« Damit folgte sie Franz’ Geliebter, die schon ungeduldig auf sie wartete.
    Luisa atmete erleichtert auf und beendete ihre Arbeit. Danach ging sie zu einer der Näherinnen. »Ist es fertig?«
    »Ja, Monsieur.« Die Näherin war eine robuste Frau mit geschickten Händen und zeigte stolz, was sie geschaffen hatte. »Beinkleider und darüber der Rock, so wie Ihr es wünschtet. Und die Maske.« Sie legte eine weiße, an den Rändern vergoldete Maske zu dem Kleidungsstück in denselben Farben.
    Luisa gab der Frau den vereinbarten Lohn und nahm die Sachen an sich. Dann ging sie zu Scibec, der inzwischen mit seinem Baum fertig war. »Ich ziehe mich jetzt um. Meine fertigen Arbeiten liegen dort.«
    »Ja, geh nur. Meister Rosso ist zufrieden mit uns und hat uns für den Rest des Abends entlassen. Ein feiner Mann. Ich kann mir keinen besseren Meister wünschen und bin froh, dass ich nicht für Primaticcio arbeiten muss. Der hat
dauernd schlechte Laune.« Scibec grinste und tippte auf den Haufen in Luisas Arm. »Was ist es? Etwa ein Rock?«
    Sie drückte die Sachen an sich. »Lass dich überraschen.«
     
    Als Luisa zwei Stunden später gewaschen und umgezogen die Treppen zu den Festsälen hinunterstieg, war sie so nervös, dass die Hand, mit der sie ihre Maske vors Gesicht hielt, zitterte. Wie sehr hatte sich der Louvre verändert! An den Wänden waren Leuchter und Fackeln entzündet worden, in Schalen hatte man Früchte und Gewürze dekoriert, so dass aromatische Düfte die Räume durchzogen. In

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