Die Malerin von Fontainebleau
Befragung.«
Vorsichtig lugte Armido durch seine Arme. Keine Befragung! Alles, nur das nicht! War nicht David während einer Befragung gestorben? »Nein, bitte!«, stammelte er und griff nach seinen Sachen.
»Was ist? Sprich deutlich, Mann!«
»Ist ein Ausländer. Was erwartest du?« Der Wärter mit der Lampe in der Hand stand ungeduldig in der Tür. Strähnige Haare hingen auf einen speckigen Hemdkragen, der Hosenbund wurde von einem Tau gehalten. Die zweite Wache war ähnlich heruntergekommen, allerdings steckte in dessen Gürtel ein Dolch.
Als Armido seine Stiefel überziehen wollte, schlug der vor ihm stehende Wärter ihm grob ins Gesicht, und er taumelte zurück.
»Die brauchst du nicht mehr. Gib her!« Der Mann warf sich die Lederstiefel über die Schulter. »Bringen gutes Geld.«
Barfuß und bei jedem Atemzug einen stechenden Schmerz verspürend, ging Armido zwischen den Wärtern durch die muffigen Gänge der Bastille. Da sie an keinem Fenster vorüberkamen, wusste er nicht, ob es Nacht oder Tag war. Nach einem Treppenaufgang bogen sie in einen besser beleuchteten Korridor, und die Wärter stießen Armido in einen Raum, in dem nur ein Stuhl und ein schmaler Tisch standen.
»Setz dich!« Die Wärter drückten ihn auf den Stuhl, dessen Lehnen und Fußteil mit Stacheln gespickt waren.
Armido stöhnte auf, wehrte sich jedoch nicht, um seine Peiniger nicht zu reizen. Sie schnallten seine Arme an die Lehnen, und Armido hoffte nur noch, dass sie seine Finger verschonten, waren sie doch sein Kapital als Künstler. Er durfte die Hoffnung nicht aufgeben, diesen Ort lebend zu verlassen. Hatten Jules und Thibault nicht gesagt, dass Robert Estienne unter königlichem Schutz stand? Er würde seine Freunde nicht im Stich lassen. Aber wo waren die anderen?
Er hörte Stimmen in seinem Rücken, und eine Gruppe elegant gekleideter Männer kam herein. Unter ihnen war
Guy de Mallêt. Geschäftsmäßig legte ein Geistlicher ein dickes Buch auf den Tisch und setzte sich schweigend.
»Paserini, so sehen wir uns wieder.« Mallêt baute sich vor ihm auf.
Armido wurde sich seines erbärmlichen Aussehens bewusst und schwieg.
Ein Grauhaariger trat an Guys Seite. »Was sollen wir denn mit dem? Ich dachte, Ihr hättet einen der Dubrays und einen ihrer Prediger.«
Dann hatten sie Aleyd nicht gefunden. Erleichterung überkam Armido.
Mallêt legte seine Hände auf Armidos Arme, so dass diese auf die Stacheln gepresst wurden. »Wo sind sie, Paserini? Wo sind deine Ketzerfreunde?«
Keuchend presste Armido hervor: »Ich weiß nicht, wen Ihr meint.«
Sein gesamtes Gewicht auf Armido stützend, sagte Mallêt dicht vor seinem Gesicht: »Stell dich nicht dümmer, als du bist.«
Blut tropfte von Armidos Unterarmen auf den Boden. »Ich weiß nicht, von wem Ihr sprecht«, beharrte Armido.
»Sollen wir hier unsere Zeit verschwenden? Es ist spät, und es warten noch andere Aufgaben auf mich«, zerschnitt eine kalte Stimme die spannungsgeladene Atmosphäre.
»Monsignore, nur einen Moment. Ich bin mir ganz sicher, dass wir hier einen der Vaudois vor uns haben. Sie planen eine Verschwörung. Deshalb waren sie bei diesem Buchhändler in Saint Germain.«
»Bei Estienne? Dann ist es ohnehin zwecklos, denn der hat einen königlichen Schutzbrief«, meldete sich der Grauhaarige.
»Nein.« Mallêt ließ von Armido ab und wandte sich um. »Ariès heißt der Mann, ist einschlägig bekannt und aktenkundig.
Aber er ist kein Vordenker, kein Macher. Dubray ist der, den ich will. Er ist ein Unruhestifter. Seine ganze Familie. Ich glaube, außer ihm lebt nur noch eine Schwester. Der Vater war Prediger, und wir konnten ihn letztes Jahr richten.«
»Ihr seid ein ehrgeiziger und zielstrebiger Mann, Signor de Mallêt.« Bewunderung schwang in Monsignor Sampieris Stimme. »Effizienz ist es, was letzten Endes zählt. Manchen mangelt es an Konsequenz, nicht so Euch.«
Angewidert hörte Armido zu. Der Diener des Inquisitors beugte sich vor und flüsterte seinem Herrn etwas ins Ohr, woraufhin dieser Armido mit neuem Interesse musterte.
»Wie ist der Name des Gefangenen?«
»Paserini, Monsignore«, sagte Mallêt.
»Was für ein seltsamer Zufall, meint Ihr nicht?« Sampieri erhob sich und kam um den Tisch herum, um Armido aus der Nähe zu betrachten.
Mallêt rieb sich das Kinn. »Ich entsinne mich, dass Ihr einen Paserini erwähntet, der den Passo della Cisa mit Euch bereiste.«
»Das war aber nicht dieser hier«, sagte der Diener vorlaut und wurde mit
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