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Die Malerin von Fontainebleau

Die Malerin von Fontainebleau

Titel: Die Malerin von Fontainebleau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilken Constanze
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einem strafenden Blick bedacht.
    »Der Inquisit David Louven hat dich beschuldigt, ein Ketzer zu sein. Was sagst du dazu?«
    Armido schüttelte den Kopf. »Nein, kein Ketzer.«
    »Und dein Bruder? Wie steht es mit dem?«, fragte Sampieri.
    »Nein!«, rief Armido. »Lasst meinen Bruder da heraus! Er ist ein rechtschaffener Katholik!«
    »Und du nicht?« Sampieri fixierte ihn.
    »So rechtschaffen, wie man nur sein kann, Monsignore.« Armido betonte den Titel des Geistlichen, den er als äußerst gefährlich einstufte. Zusammen mit Mallêt vertrat der italienische
Geistliche eine Macht, die nicht zu unterschätzen war.
    »Betet das Ave-Maria!«, befahl Sampieri.
    » Ave Maria, gratia plena. Dominus tecum. Benedicta tu in mulieribus, et benedictus fructus ventris tui, Iesus. Sancta Maria, mater Dei, ora pro nobis peccatoribus, nunc et in hora mortis nostrae «, kam es Armido fließend von den Lippen.
    »Das Regina Coeli!«, forderte der Monsignore.
    » Regina coeli, laetare, alleluia. Quia quem meruisti portare, alleluia. Resurrexit … «, zitierte Armido ohne zu zögern, wurde jedoch barsch von Sampieri unterbrochen.
    »Genug!« Er hielt ihm seinen Rosenkranz auf Augenhöhe vor. »Was betest du darauf?«
    »Ein Paternoster, drei Ave-Maria, ein Gloria patri und danach fünf Gesätze mit je einem Paternoster und zehn Ave-Maria.«
    Der Grauhaarige nickte. »Ein Ketzer wüsste das nicht.«
    »Die verstellen sich, Viennet, aber ich gebe zu, er ist überzeugend.« Mallêt winkte einem der Wärter. »Anziehen!«
    Armido schrie auf, als die Riemen um seine Arme und Beine fester gezogen wurden und sich die Stacheln in sein Fleisch bohrten.
    Sampieris Bursche Rutilio schaute gebannt zu, wie Armido der Schweiß auf die Stirn trat und die Adern an den Schläfen hervorquollen. Plötzlich wurde die Tür aufgestoßen, und zwei bewaffnete Soldaten kamen herein.
    »Im Namen des Königs, sofort aufhören!«, rief der Ältere, ein Hauptmann, und hielt ein Schreiben mit dem königlichen Siegel in die Höhe.
    »Wer wagt es, uns zu stören?« Wütend riss Mallêt dem Hauptmann das Schreiben aus der Hand. »Da kann ja jeder kommen. Das ist gefälscht!«
    »Hütet Eure Zunge, Monsieur. Ich könnte Euch wegen
Majestätsbeleidigung anklagen lassen. Und Seine Majestät versteht in dieser Hinsicht keinen Spaß.« Eine in einen dunklen Umhang gehüllte Frau betrat den Raum und zog die Kapuze leicht aus dem Gesicht.
    »Madame d’Étampes!« Mit einer tiefen Verbeugung wich Guy de Mallêt zurück.
    Viennet und die anderen Männer taten es ihm gleich. Auf Geheiß der Geliebten des Königs lösten die Wärter Armidos Riemen und halfen ihm auf die Beine, doch er hatte Mühe, das Gleichgewicht zu halten.
    »Madame d’Étampes«, flüsterte er und brachte ein schwaches Lächeln zustande.
    Ein Schatten löste sich hinter dem Rücken seiner Retterin, und Luisa lief zu ihm. Sie legte ihm ihren Umhang um die Schultern. »Was haben sie dir nur angetan!« Vorwurfsvoll sah sie Mallêt an. »Ihr seid ein Feigling, Euch an einem wehrlosen Mann zu vergreifen. Aber Ehre und Moral sind ja ohnehin Fremdwörter für Euch!«
    »Luca!«, ermahnte Madame d’Étampes Armidos Schwester, die ihren Bruder stützte.
    »Verratet mir nur eins, Madame, warum macht Ihr seinetwegen solch ein Aufhebens?«, fragte Mallêt und warf dem Hauptmann das Schreiben zu.
    »Jeder Unschuldige verdient meine Fürsprache, Monsieur, und wie ich sehe, kam ich gerade rechtzeitig, um größeres Unrecht zu verhindern.« Sie schenkte den Herren ein kühles Lächeln und rauschte hinaus.
    »In dieser Angelegenheit ist das letzte Wort noch nicht gesprochen«, murmelte Mallêt und trat gegen den Folterstuhl.

XIV
    Im Beichtstuhl
    D er dünne Junge starrte auf die Goldstücke in seiner Hand. Zwei Livres d’or, so viel hatte er noch nie besessen. Die Herrschaften steckten ihm schon ab und an eine Münze zu, damit er Augen und Ohren verschloss vor dem, was in den Räumen des Schlosses vor sich ging, aber zwei Goldstücke! Skeptisch hob er den Blick. Dafür würde es nicht genügen, nur wegzusehen. Vielleicht sollte er das Geld nicht annehmen, doch automatisch umschlossen seine Finger die Münzen. Nein, gar so arg würde es schon nicht sein, was man von ihm verlangte.
    Er befand sich in der Kapelle von Fontainebleau und kniete vor einem der Beichtstühle. Durch das kleine Gitter konnte er nicht erkennen, wer sich auf der anderen Seite befand, und die Stimme klang gedämpft, als spräche sein Gegenüber

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