Die Malerin von Fontainebleau
einer Ratte, die hinter einer Vorratskiste hervorlugte. Von der scharfen Klinge tödlich getroffen, wand sich das Tier quiekend. Der Todeskampf währte jedoch nicht lange, denn sofort stürmten zwei Hunde herbei, um die Ratte zu vertilgen.
Angewidert wandte Armido den Blick ab und rollte den Entwurf vor sich auf dem Tisch aus.
»Hast du schon gehört, dass Cellini in Paris ist?« Der Niederländer knallte seinen Würfelbecher mit Wucht auf den Tisch.
»Benvenuto Cellini?« Armido hatte den Goldschmied, der einen zweischneidigen Ruf genoss, in Rom getroffen. Cellini war einerseits ein genialer Künstler, der Dinge aus
Gold schuf, wie sie an Schönheit und Ausgefallenheit ihresgleichen suchten. Andererseits war er eingebildet und von auf brausendem Temperament und ständig in Händel verwickelt, die ihm zahlreiche Feinde eingebracht hatten.
»Eben jener. Großkotziger Prahlhans! Hat überall herumposaunt, dass Rosso ihm Geld schuldet.«
»Stimmt das?«
»Was weiß denn ich …« Der Niederländer gab die Würfel weiter. »Irgendwie tut mir Meister Rosso leid. Er ist ein Ehrenmann, ein guter Meister, der sich mit den Extrawünschen Seiner Majestät und denen all dieser Hofschranzen herumplagen muss, und jetzt noch Cellini. Wo der auftaucht, gibt es Ärger.«
»Hm. Solange er in Paris bleibt, kann es uns doch egal sein.«
»Ich bin froh, dass wir hier arbeiten und nicht in Paris. Hier haben wir unsere Ruhe. Jetzt geht es in Paris schon genauso los wie bei uns in Den Haag vor einiger Zeit. Zur Hölle mit dem Papst und seinem Geschmeiß!«
Seine Spielkameraden murrten: »Jetzt lass doch, Piet. Geht uns nichts an.«
»Was denn?«, fragte Armido.
»Die Inquisition, die heilige römische Inquisition. Wenn ich das höre, platzt mir der Kragen! Ich habe Frauen und Männer auf dem Richtplatz von Den Haag brennen sehen.« Piets Wangen waren von zu viel Wein gerötet, und seine Stimme wurde lauter, so dass eine Küchenmagd um die Ecke sah. »Verdammt sollen sie sein! Unschuldige Leute waren das. Die waren wie du und ich! Dann müssten sie uns alle verbrennen!«
Ängstlich sah Armido sich um. Doch außer der Magd und dem jungen Didier war niemand zu sehen. Als er den nächsten Blick Richtung Küche warf, waren Didier und die Magd,
mit der er anscheinend getändelt hatte, verschwunden. Von seiner Gefangenschaft in Paris wussten nur Madame d’Étampes, Meister Rosso, der Marquis de Saint-Flour, Remin, der Arzt und seine Schwester. Keiner von ihnen hätte Grund, über die Sache zu plaudern. Abgesehen von den Dienern im Haus von Madame, aber auch die sollten über jeden Zweifel erhaben sein. Allerdings, wer konnte sich der Loyalität der Dienerschaft je sicher sein? Für genügend Geld würde mancher seine eigene Mutter verkaufen. »Piet, sag, wie kommst du darauf, dass in Paris die Inquisition herrscht?«
»Eh, nicht offiziell!« Er machte eine vage Geste mit zitternder Hand.
Sein Würfelkamerad legte ihm beschwichtigend einen Arm um die Schultern. »Halt den Mund, Piet. Du redest dich noch um Kopf und Kragen.«
»Ach was. Lass mich!« Der Niederländer stieß seinen Freund fort und stürzte einen Becher Wein hinunter. »Gerede, Paserini. Ich mach die Ohren auf und höre so allerlei. Seine Heiligkeit soll einen Bluthund ausgesandt haben, um hier nach Ketzern zu stöbern. Einen Dominikanermönch, aber das ist nicht verwunderlich, das sind die schlimmsten Hunde des Herrn!«
»Hier, trink das, Piet.« Sein Freund schenkte ihm Wein nach und drückte dem Betrunkenen den Becher in die Hand. Dann beugte er sich zu Armido. »Hör nicht auf ihn. Er redet wirr. Seine Tante ist als Hexe verbrannt worden. Das lässt ihn nicht los.« Beschwörend sah der Stuckateur Armido an.
Der erhob sich. »Schon gut.«
Piet saß mit glasigem Blick am Tisch und schluchzte. »Unschuldig. Sie war unschuldig und so jung. Es hat so fürchterlich gestunken, und sie hat geschrien. Das Fleisch …« Er griff sich ins Gesicht und zerrte an seiner Haut. »Und die Haare … zur Hölle mit ihnen …«
In Gedanken pflichtete ihm Armido bei, aber er sagte nichts, sondern griff nach der Wurst und seinem Brotstück und verließ die Küche. Kaum war er um die Ecke in den Korridor getreten, stieß er fast mit Didier zusammen, der mit gesenktem Kopf vorbeigehen wollte. »Was tust du denn noch hier, Bürschchen? Spionierst du hier herum?«
Armido packte den schmächtigen Diener am Ärmel, wobei sein karges Nachtmahl auf den Boden fiel. Ein struppiger grauer
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