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Die Marionette

Die Marionette

Titel: Die Marionette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berg
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treffen.«
    »Sie weiß überhaupt nicht, worauf sie sich einlässt.«
    »Unterschätze Valerie Weymann nicht«, warnte Martinez. »Sie weiß sehr genau, was sie tut.«
    »Wir können sie nicht schützen, wenn sie erst einmal mit Katja zusammen ist.«
    »Doch«, widersprach Martinez, »das können wir. Und du weißt es.«
    Natürlich hatte Martinez recht. Sie hatten eine Vielzahl von Möglichkeiten, ein solches Treffen elektronisch zu überwachen und gegebenenfalls einzugreifen, wenn Gefahr im Verzug war. Aber das wusste Katja auch, und Mayer war überrascht, dass sie sich überhaupt darauf eingelassen hatte. Es gab einen Haken, und das war es, was ihm Sorge machte. Als er sich diesbezüglich gegenüber Martinez äußerte, schüttelte dieser den Kopf. »Nach allem, was in den vergangenen zwei Tagen zwischen Weymann und Rittmer gelaufen ist, nach all den Telefonaten und Versuchen, die Weymann gestartet hat, um Rittmer zu helfen, wird sie ihr nichts tun.« Martinez betrachtete ihn mit gerunzelter Stirn. »Was ist bloß mit dir los, Mayer? Früher hast du meinem Urteil auch vertraut.«
    »Vielleicht bin ich vorsichtiger geworden«, erwiderte Mayer ausweichend.
    »Und wenn ich mich persönlich für Weymanns Sicherheit verbürge?«
    Mayer zog eine Braue hoch. »Wie willst du das machen?«
    »Ich werde sie begleiten.«
    »Das wird Katja nicht zulassen.«
    »Glaub mir«, versprach Martinez. »Katja Rittmer wird mich nicht ein einziges Mal zu Gesicht bekommen.«

[home]
    30. Mai
    Iffezheim bei Baden-Baden, Deutschland
    K atja spürte Benders Angst. »Du hast nicht geglaubt, dass ich es wirklich tun würde«, stellte sie fest. Es war noch früh am Morgen und entsprechend kühl, doch auf seiner Stirn stand der Schweiß in kleinen glänzenden Perlen. Sie bemerkte das schnelle Pochen seiner Halsschlagader, das Zittern seiner Hände. Und sie schmeckte plötzlich Staub auf ihrer Zunge, der nicht da war, hörte das Meckern einer Ziege und ihren eigenen Schrei: »Runter!«
    Die Erinnerung an die Explosion lähmte sie jedes Mal, wie in Zeitlupe sah sie die Sandale des Mannes durch die Luft fliegen, auf sich zu, während sie in den Graben neben der Straße sprang, die Hände schützend über den Kopf schlug, als sich Dreck und Blut über sie ergossen.
    Benders Stimme brachte sie zurück in die Gegenwart.
    »Bitte«, flüsterte er in die Stille des Morgens hinein. Er wagte kaum zu atmen, als ob er so verhindern könnte, was geschehen würde. Wenn sie erst den Gürtel trugen, verwandelten sie sich alle in zitternde Wracks, egal, welche Hautfarbe oder Bildung sie besaßen, egal, ob sie reich waren oder bitterarm.
    »Du hast eine Chance, wenn du exakt das tust, was ich dir sage«, erklärte sie ihm. »Wenn die Verbindung abbricht, ich dich nicht dort sehe, wo ich dich erwarte, oder die Polizei auftaucht, zünde ich den Gürtel.«
    Vor ihnen erstreckte sich das weite Grün der Galopprennbahn. Sie wusste, dass er sich hier auskannte. Die Rennbahn von Iffezheim bei Baden-Baden war ein Laufsteg für die Reichen und Schönen dieses Landes, für diejenigen, die diese Gesellschaft so gern repräsentierten. Noch war das Gelände größtenteils leer, aber das würde sich binnen der nächsten Stunde ändern. Sie hatten keine Zeit zu verlieren. Es war der vierte Tag des sogenannten
Frühjahrsmeetings,
eines der drei großen jährlichen Rennereignisse auf dieser Bahn, die als eine der wichtigsten der Welt galt. »Wir werden jetzt einen kleinen Spaziergang machen«, sagte sie.
     
    Die Vorbereitungen für das erste Rennen liefen bereits. Lautsprecherdurchsagen hallten über das Gelände, irgendwo spielte Musik, wieherte ein Pferd. Katja beobachtete die feingliedrigen, hochbeinigen Vollblüter mit ihren Jockeys, die, in den leuchtenden Farben ihrer Ställe gekleidet, wie Gnome in den Sätteln kauerten und den letzten Anweisungen ihrer Trainer lauschten, bevor die Tiere zur Startanlage geführt wurden. Sie spürte, wie Bender neben ihr zusammenzuckte, als ihn jemand im Vorbeigehen streifte.
    »Was ist, wenn mich jemand erkennt?«, fragte er mit belegter Stimme.
    »Niemand wird dich erkennen, solange du dich nicht zu erkennen gibst.« Keiner würde hier mit ihm rechnen. Wenn die Öffentlichkeit an Gerwin Bender dachte, hatten alle das Bild eines graugesichtigen, unrasierten Mannes vor sich, der mit einem Schild um den Hals vor einer baufälligen Wand saß. Diese Aufnahme geisterte noch immer durch die Gazetten und das Fernsehen.
    Sie wartete, bis er

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