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Die Marionette

Die Marionette

Titel: Die Marionette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berg
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Mayer bemerkte das erste Mal, seit er mit ihm zusammenarbeitete, Nervosität in der Stimme des hageren Mannes, gepaart mit einem Anflug verzweifelter Hoffnung, als Schavan seine nächste Frage stellte: »Ganz sicher, dass sie nicht blufft?«
    »Katja Rittmer ist ein sehr geradliniger Charakter«, mischte sich der Psychologe ein. »Die Neigung zu Bluffs und Intrigen entspricht nicht ihrem Persönlichkeitsprofil.«
    »Wir können nicht unbemerkt das Gelände räumen lassen. Sie wird es beobachten, ist unter Umständen sogar vor Ort und wird nicht zögern, den Zünder auszulösen, wenn wir eingreifen«, bemerkte Mayer mit gerunzelter Stirn.
    »Das heißt, wir müssen sie außer Gefecht setzen«, stellte Martinez fest.
    Mayer nickte langsam und sah zu Valerie. Sie und Martinez waren bereit, aufzubrechen, dennoch zögerte er nach wie vor, seine Zustimmung zu geben. Valerie war ungehalten gewesen, weil Martinez sie begleiten würde. Ausgerechnet er. Mayer hatte ihren Zorn darüber gespürt, das wütende Funkeln ihrer Augen, das ihm so vertraut war. Doch sie hatte es vorgezogen, nichts weiter dazu zu sagen. Sie wollte Katja treffen. Um jeden Preis.
    »Das SEK ist an der Rennbahn eingetroffen und bereit, einzugreifen«, informierte sie der Einsatzleiter, das Handy noch am Ohr.
    Mayer warf einen Blick auf seine Uhr. Sie hatten nicht mehr viel Zeit. Über eine Webcam war ihnen Florian Wetzel aus Berlin zugeschaltet. »Haben Sie die Ministerien informiert?«, wollte Mayer wissen.
    »Ja, aber es gibt nach wie vor eine klare Absage. Der Verteidigungsminister wird nicht zurücktreten«, erwiderte Wetzel.
    Mayer hatte nichts anderes erwartet. Die Kabinettsmitglieder befanden sich in einer Zwickmühle: Sie durften diesem Versuch der Erpressung, der gewaltsamen Einflussnahme auf ihr Gremium grundsätzlich nicht nachgeben. Jeder in Berlin wusste jedoch, dass sowohl der Innen- als auch der Verteidigungsminister nicht mehr haltbar waren, wenn die Bombe in Iffezheim hochging und Hunderte von Unschuldigen in den Tod riss. Eine Regierungskrise wäre die Folge, im schlimmsten Fall ein Bruch der Koalition und Neuwahlen in einer Zeit, in der die weltpolitische Lage ein starkes und nicht ein durch innenpolitische Kämpfe geschwächtes Deutschland forderte. »Irgendetwas, das wir Katja stattdessen anbieten können?«, fragte er.
    »Leider nicht.« Eine Störung verzerrte Wetzels Gesicht, machte seine nächste Frage unverständlich.
    »Können Sie den letzten Satz wiederholen?«, bat Mayer.
    »Ich wollte wissen, was Sie jetzt tun werden.«
    »Wir müssen improvisieren.« Er wandte sich an Valerie. »Traust du dir das zu?«
    »Haben wir eine Wahl?«, fragte sie.
    ***
    Iffezheim bei Baden-Baden, Deutschland
    Die Turmuhr der St.-Birgitta-Kirche zu Iffezheim schlug 11:30 Uhr, als Valerie vor dem Gotteshaus aus dem Taxi stieg, dessen Fahrer niemand anderes als Martinez war. Aus dem alten Gebäude waren Orgelmusik und Gesang zu hören. Das Hochamt zu Christi Himmelfahrt war noch nicht zu Ende. Valerie blickte an der aus Natursteinen erbauten Pfarrkirche empor und stieg dann die breiten Stufen zum Portal hinauf. Sie hörte, wie das Taxi hinter ihr wegfuhr, und merkte, wie ihr Herz schneller klopfe. Sie war über Funk mit der Einsatzzentrale verbunden. Ein Peilsender in ihrer Unterwäsche verriet ihnen, wo sie sich aufhielt, und Martinez wartete nur eine Straße weiter.
    Valerie erinnerte sich an Erics Worte, als sie die letzten Vorbereitungen getroffen, er ihr die letzten Instruktionen mit auf den Weg gegeben hatte. »Bitte«, hatte er leise gesagt, »riskiere nichts.« Sein besorgter Blick zeigte ihr, wie schwer es ihm fiel, sie gehen zu lassen.
    Als Valerie die schwere alte Kirchentür öffnete, strömte ihr der Geruch von Weihrauch entgegen. Die Bänke waren fast bis auf den letzten Platz besetzt. Von der Orgel tönte gerade der Schlussakkord, der Gesang der Gemeinde klang aus, und der Pfarrer stimmte ein Dankgebet an. Abwartend blieb sie an der Wand neben dem Weihwasserbecken stehen, während er seine Gemeinde verabschiedete. Jemand öffnete die Flügel der Kirchentür, und die Gläubigen strömten an ihr vorbei hinaus in die Sonne. Keine Spur von Katja. Unschlüssig folgte sie den letzten Kirchgängern hinaus und blieb vor dem Portal stehen. Eine Seitentür öffnete sich, und der Organist, ein schmaler Mann in einem grauen Anzug, trat heraus. Sein Blick blieb an Valerie hängen. »Sind Sie Frau Weymann?«, fragte er.
    Sie nickte.
    »Sie wollten

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