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Die Marionette

Die Marionette

Titel: Die Marionette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berg
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brauche …«
    »… um zu beweisen, dass du nichts mit all dem zu tun hast, was dir vorgeworfen wird«, beendete sie den Satz für ihn.
    Etwas von seiner alten Aufmerksamkeit, seiner Vorsicht, kehrte in seinen Blick zurück. »Was weißt du?«
    »Ich habe mit Paul Clarke gesprochen.«
    Erics Augen wurden schmal. »Valerie …«
    »Gerwin Bender und seine Leute werden versuchen, dich zu kaufen oder zu töten«, sagte sie. »So wie Milan …«
    »Verdammt«, fiel er ihr ins Wort, »du solltest dich da raushalten! Das ist eine Nummer zu groß! Du weißt gar nicht, wozu diese Menschen fähig sind.«
    »Doch«, widersprach sie und war plötzlich ganz ruhig. »Das weiß ich. Aber wir haben noch ganz andere Sorgen hier.«
    »Andere Sorgen?«
    »Katja«, erwiderte sie nur.
    »Was ist mit ihr?«
    »Christian Frank ist tot. Er hat sich das Leben genommen.«
    Mayer starrte sie erst an, dann sah er zu Boden. Erschrocken bemerkte sie, wie er um seine Beherrschung kämpfte, wie angespannt die Muskeln in seinem Gesicht waren.
    »Du kanntest ihn. Es tut mir so leid«, sagte sie hastig und beinahe entschuldigend.
    Es dauerte eine Weile, bis er antwortete. »Er war ein Freund von mir.« Seine Stimme klang belegt. Er sah auf. »Was ist mit Katja?«
    »Sie ist verschwunden, hat das Observationsteam abgehängt, und Florian Wetzel befürchtet …«
    »
Du
hast Kontakt zu Florian?« Die Schärfe in seiner Stimme ließ sie zusammenzucken. Heftig stellte er seinen Kaffeebecher auf dem Tisch ab. »Jetzt erzähl mir der Reihe nach, was hier los ist.« Kälte streifte sie, als sie begriff, dass es keine Wut war, die in seinen Augen lag, sondern Angst, Sorge um sie.
    Marc hatte sie eingeladen, ihn nach Hongkong zu begleiten. »Wir könnten ein paar Tage Urlaub dranhängen«, hatte er vorgeschlagen. Jetzt wünschte sie sich, sie hätte sein Angebot angenommen.
    ***
    Berlin, Deutschland
    »Es hängt von dir und deiner Performance ab, du hast es in der Hand«, hatte James Reynolds ihm vor zwei Tagen in Bagram noch ins Gewissen geredet. Sie hatten den Abend gemeinsam verbringen wollen, nachdem alle offiziellen Termine abgehandelt waren. Nach ihrer Rückkehr aus dem Militärlager der Amerikaner.
    Gerwin Bender war sich sicher, noch nie in seinem Leben so viel Staub geschluckt zu haben. Er hatte es stoisch ertragen, wie alles andere auch. Hatte Hände geschüttelt und eine kurze Rede gehalten. Versprechungen abgegeben. Und doch war bei diesem letzten Besuch etwas anders gewesen. Das erste Mal in seinem Leben hatten ihn Zweifel geplagt. Echte Zweifel. Und er hatte nicht einmal sagen können, warum. Vielleicht war es der Blick in diese blutjungen Gesichter der Soldaten gewesen. Harte Kerle, hieß es. Wenn man ihnen ihre Uniformen und Gewehre wegnahm, ihren Schutz, den sie »innere Führung« nannten, waren sie noch grün hinter den Ohren. Schulabgänger.
    Bender war selbst nie Soldat gewesen. Er war ausgemustert worden wegen eines vermeintlichen Nierenschadens, von dem er nichts gewusst und der ihn in den vergangenen vierzig Jahren nicht ein einziges Mal belastet hatte. Er hatte es nie bedauert. Er erlebte die Welt des Militärs als distanzierter Zuschauer, auch wenn er weltweit eng mit ihren Vertretern zusammenarbeitete. Doch bei diesem letzten Besuch war ihm die Distanz verloren gegangen. Er hatte den Schweiß der jungen Männer gerochen, die Angst in ihren Augen gesehen und ihr zu schnelles Lächeln und ihre Sprüche zu deuten gewusst. Und während sie auf der Rückfahrt über unbefestigte Straßen durch afghanische Dörfer rumpelten, in denen die Menschen noch immer ihre Fäkalien auf die Straße kippten und das Wasser aus einem einzigen Brunnen holten, hatte er über die Wünsche und Träume dieser jungen Soldaten nachgedacht. Als sie dann das Hotel im reichen Zentrum Kabuls erreicht hatten, hatte er diese Oase des Wohlstands für einen Moment als obszön empfunden. Doch seine Eindrücke hatten schnell an Intensität verloren angesichts der Ereignisse, die folgten. Der gemeinsame Abend mit Reynolds hatte nicht stattgefunden. Es war der Tag gewesen, an dem Reynolds erschossen worden war.
    An all das dachte Bender ausgerechnet, als er auf dem Weg ins Bundeskanzleramt war. Er hatte während des Flugs von Kabul nach Berlin sieben Stunden Zeit gehabt, sich die richtigen Sätze zurechtzulegen. Die richtigen Anklagen zu formulieren. Es lag alles in seiner Hand, an seiner Performance. Reynolds’ Worte. Doch das Lächeln, diese undurchdringliche

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