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Die Marketenderin

Die Marketenderin

Titel: Die Marketenderin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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Quartier machen.« Er sah Gerter nachdenklich an. »Sie wissen, welche Probleme auf Sie warten könnten?«
    Johannes nickte. »Daß sich die voranmarschierenden Kolonnen schon bedient haben.«
    »Nun, ich hoffe, daß sich das in Grenzen hält«, meinte der Oberst. »Wir haben polnische Gardes Magazins eingestellt, aber wenn die nicht spuren, müssen Sie unangenehm werden.«
    »Zu Befehl«, sagte Johannes nicht sehr überzeugend.
    Ein Lächeln spielte um die Mundwinkel des Obersten. »Oder Sie müssen Ihre Erfindungsgabe spielen lassen, um die Magazine wieder aufzufüllen. Die Karte nehmen Sie mit, ich habe Ihnen genau einzeichnen lassen, wo die Magazine stehen und in welchen Orten wir unser Lager aufschlagen werden.«
    »Gott gebe, daß es bald losgeht.«
    Am 11. Mai erfüllte sich Gerters Wunsch, das Armeekorps marschierte Richtung Polen. Inzwischen stand es allerdings tatsächlich unter französischem Befehl: Napoleon hatte das württembergische Truppenkontingent als 25. Division der Großen Armee einverleibt und Marschall Ney zugeteilt. Kronprinz Wilhelm meldete seinem Vater dazu, der Marschall habe sich »in größter Höflichkeit gegen ihn geäußert und werde ihm keine Befehle geben, sondern über alles nur seinen Rat und seine Ansichten mitteilen«. Aber die Soldaten murrten: Napoleon hatte sein Wort gegenüber König Friedrich gebrochen.
    Wie Gerter vorausgesehen hatte, wurde die Versorgungslage um so schwieriger, je weiter die Truppen nach Osten kamen. Zehn Stunden täglich wurde bei großer Hitze marschiert und da die polnischen Bauern mit ihren Lebensmitteln in die dichten Wälder flüchteten, gab es beinahe nur Linsen und manchmal etwas zähes Rindfleisch zu essen. Täglich erkrankten mehr Offiziere und Soldaten, da es oft nichts anderes als Sumpfwasser zu trinken gab.
    Den Pferden ging es nicht besser. Sie fraßen unreifes Getreide frisch vom Halm weg und unzählige krepierten an Koliken und Auftreibungen der Leber.
    Gerter fand schon das erste Magazin gänzlich leer vor.
    Die polnischen Wachen verteidigten sich mit der Erklärung, andere Offiziere hätten sie mit vorgehaltener Waffe gezwungen, die Lager zu öffnen und die Vorräte herauszugeben. Johannes ritt mit ihnen sogleich ins nächste Dorf und ließ den Bürgermeister kommen. Er setzte ihm die Lage auseinander und erklärte, daß er sich leider gezwungen sähe, die Wachen vors Kriegsgericht zu bringen, wo sie der sichere Tod erwarte, wenn nicht binnen drei Stunden das Magazin wieder gefüllt würde. Der Bürgermeister, ein behäbiger Mann, weinte Gerter vor, daß bereits so viele Kolonnen durch das Dorf marschiert seien, daß die Bevölkerung selber Hunger leiden müsse. Gerter blieb hart und erklärte, nicht nur die Wachen würden ihrer Strafe nicht entgehen, auch er, der Bürgermeister, würde zur Verantwortung gezogen, da er seiner Bürgerpflicht gegenüber der großen Armee des Welteroberers nicht genügt habe. Binnen drei Stunden war das Magazin wieder gefüllt.
    »Aber Sie werden auf jeder Station leere Magazine vorfinden«, warnte ihn einer der Wachtposten, nachdem die Türen des Magazins wieder geschlossen waren.
    Johannes ersann eine List. Am Abend sprach er im Wirtshaus mit einem jungen Mann, gab ihm einige Taler und befahl ihm, zu den nächstgelegenen Magazinen zu reiten. Er solle dort aufgeregt verkünden, er, Oberleutnant Gerter, habe Wachen standrechtlich erschossen, weil er ein Magazin leer vorgefunden habe.
    »Und wenn sie sich dann davonmachen?« fragte der junge Mann.
    »Dann sagst du ihnen, daß wir Männer haben, die speziell dazu ausgebildet sind, Deserteure aufzuspüren.« Ihm fiel noch etwas ein. »Und mit den Angehörigen der Deserteure gehen diese Männer überhaupt nicht zimperlich um.«
    Das Armeekorps zog einen Tagesmarsch hinter Johannes her und Oberst von Röder stellte mit Befriedigung fest, daß die Magazine gefüllt waren – auch wenn ihr Inhalt nicht immer ausreichte. Als ihm zu Ohren kam, daß Gerter eine Wache standrechtlich erschossen haben sollte, schenkte er dem Gerücht zwar keinen Glauben, sorgte aber dafür, daß es am Leben blieb.
    Auch Mössner hörte davon und war sehr beeindruckt. Er neidete seinem Onkel die Möglichkeit, jetzt schon aktiv zu werden, während er immer noch nur marschierte. Es hieß zwar, die Russen würden noch vor der polnischen Grenze angreifen, aber Mössner wurde von Tag zu Tag ungeduldiger. Dann kam seine erste große Stunde.
    Als das Korps über die Weichsel setzte, brach die

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