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Die Markgräfin

Die Markgräfin

Titel: Die Markgräfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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stumm an; auf ihren Gesichtern spiegelte sich Überraschung: Kein Zweifel, der Hauptmann war völlig betrunken.
    Der ältere der beiden Wirsberger hatte die allgemeine Verblüffung als Erster überwunden und ergriff das Wort.
    »Unser Land darbt schon genug, Hauptmann, und das wisst auch Ihr besser, als Ihr zugeben wollt. Handel und Gewerbe liegen im Argen, die Bauern können kaum mehr das Nötigste bestellen. Nun begehrt auch noch die Ritterschaft auf, da sie den zwanzigsten Teil ihres Vermögens abgeben soll.« Wolf von Wirsberg fuchtelte zornig mit beiden Armen. »Weder ich noch die anderen Räte können die Forderungen des Markgrafen gegenüber den Untertanen und der Landschaft vertreten!«
    Der Amtmann von Hof, ein vierschrötiger Mann mit einem Wust schwarzer Locken auf dem runden Schädel, hieb in die gleiche Kerbe.
    »Euer Hochgeboren, unter den Bürgern rumort es. Ich als markgräflicher Beamter kann in Hof kaum noch über den Marktplatz gehen. Vor ein paar Monaten haben mir die Leute nur nachgezischt – jetzt beschimpfen sie mich auf offener Straße. Gestern warf mir einer einen Stein durchs Fenster. Die Lage ist nicht ersprießlich, und es wird täglich schlimmer.«
    Georg von Leuchtenberg wirkte betroffen. Er runzelte die Stirn; automatisch suchte seine Hand nach dem Weinbecher.
    »Aber, liebwerte Herren, Euer Eid auf den Landesherrn … Die Lage ist, äh, schwierig, ja, aber dennoch … « Er verlor endgültig den Faden und dachte angestrengt nach, »wir können doch nicht gegen den Willen unseres Fürsten … außerdem … habe ich die nötigen Befehle schon, äh, erteilt! Denn, regieren muss doch unser gnädiger Herr Albrecht, und nicht wir … «
    Die Hand des Hauptmanns zitterte, als er den Becher zum Mund führte.
    »Unser Fürst regiert uns nicht, er presst uns aus!«
    Ulrich Groß von Trockau drosch mit seiner riesigen Faust auf den Tisch. Der rüstige Greis, graue Eminenz unter den gebirgischen Räten, konnte sich ein offenes Wort eher als alle anderen erlauben. »Wär er ein anständiger Landesherr, dieser Alkibiades, würde er sich um sein verlottertes Fürstentum kümmern. Stattdessen
rennt er wie ein Heißsporn dem Feldherrnruhm hinterher!«
    Der junge Wirsberg pflichtete ihm eifrig bei. »Leuchtenberg, Ihr könnt die Politik des Markgrafen nicht gutheißen.« Christoph von Wirsberg sprach in beschwörendem Tonfall. »Helft uns, dagegenzuhalten!«
    Der Landgraf öffnete den Mund zur Antwort, brachte aber keinen Ton heraus und schüttelte nur hilflos den Kopf. Johann Eck, der Kulmbacher Pfarrer, half ihm aus der Verlegenheit.
    »Haltet ein, Ihr Herren, um Gottes Willen! Was Ihr da sagt, muss unter uns bleiben, sonst setzen wir uns alle dem Vorwurf des Hochverrats aus!«
    »Schon gut, Ehrwürden, schon gut.« Der alte Wirsberg beeilte sich, den Pfarrer zu beschwichtigen. »Was wir beredet haben, wird nicht aus diesen vier Wänden dringen. Leuchtenberg, gebt Ihr uns Euer Wort darauf?«
    Der Hauptmann lächelte schief und breitete die Hände aus. Selbst im Sitzen schwankte er dabei.
    »Es sei, Ihr besten Räte. Ich will die, äh, lästerlichen Reden über unsern Herrn und Fürsten nicht gehört haben. Lasst uns also … nun nicht weiter rechten – trinken wir lieber, ähem, auf einen guten Ausgang des neuen Feldzugs!« Er schenkte den anderen ein und hob seinen Becher.
    Die Räte rührten sich nicht, während Georg seinen
Wein in tiefen Schlucken hinunterkippte. Er rülpste leise und wischte sich den Mund mit dem Hemdsärmel ab.
    Erneut ergriff der Kulmbacher Pfarrer das Wort.
    »Was ist mit den Silbervorkommen im Fichtelberg?«
    »Papperlapapp! Da gibt es seit den Zeiten meines seligen Großvaters kein Bröckchen Silber mehr. Wenn die neuen Bergleute dort auch nur Silber für zehn Gulden zusammenkratzen, dann fress ich einen Besen.« Der alte Trockau verlor langsam die Geduld mit dem Kulmbacher Geistlichen. »Uns ist schon verständlich, Eck, dass Ihr froh seid, wenn der Markgraf mit den Protestanten paktiert, aber Land und Untertanen sollten Euch als christlichem Pfarrer auch nicht einerlei sein!«
    Der Pfarrer schnaufte erbost, erwiderte aber nichts mehr. Während der Hauptmann den nächsten Becher leerte, stand Georg Förtsch von seinem Stuhl auf, sah die anderen schulterzuckend an, wie um zu fragen, ob es überhaupt noch Sinn hätte weiterzumachen. Dann faltete er ein Stück Pergament auf und legte es auf den Tisch.
    »Hier, Hauptmann, habe ich eine Aufstellung sämtlicher Gelder und

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