Die Markgräfin
billigst, wie wir es in Zukunft zu halten gedenken: Um den wortbrüchigen Kaiser Karl
in Schimpf und Schande zu verderben, haben wir uns samt unserm Heere als unverpflichteter Hilfsgenosse den Protestanten angeschlossen. Das wird wenigstens die Kulmbacher Pfaffen erfreuen, die das Lutherische ja seit je auf ihr Panier gehoben haben. Zusammen mit dem Anführer des protestantischen Bündnisses, welcher ist der siegreiche Moritz, jetzo verdientermassen Kurfürst von Sachsen, wollen wir der katholischen Sache und damit den kaiserlichen Plänen für eine spanische Vorherrschaft in Teutschland den Garaus machen.
Deshalben, ihr Räte, ziehen wir wiederum ins Feldt anstatt wie ein geprügelter Hundt ohne Sieg und Geld heim aufs Gebirg zu schleichen. Wir setzen unser Glück auf den Krieg, und dabei sind wir uns Eurer Hilf und Unterstützung gäntzlich sicher. Also ist unser ernstlicher Befehl, im ganzen Land neue Söldner zu werben, und sei’s mit Gewalt. Ausserdem werdet ihr eine sonderliche Abgabe verkünden: jede Herdstätte hat einen Viertelgulden zu entrichten, die Bauern können das ihrige auch in Korn geben. Dazu sollt ihr die Wegzölle verdoppeln und das Ungeld aufs Bier um zwei Pfennig erhöhen. Denen vom Adel erlegen wir auf, nach ihrem Vermögen Gold und Silber abzugeben, zum mindesten den zwanzigsten Teil. Zudem haben wir erzgebirgische Bergleute auf den Fichtelberg verordnet, zu sehen, ob etwa neue Silberadern gefunden werden können. Das alles dürfte unsere Kriegskasse wieder weidlich füllen und uns helfen, das neue Heer mit Waffen und anderm
auszustatten. Dies ist meine Antwort, danach sollt Ihr Euch zu richten wissen.
Item meine Heimkehr aufs Gebirg betreffend kann ich noch nichts Sichers vermelden. Führt der nächste Feldtzug gen Süden, so hoff ich, einige Zeit auf Plassenberg verbringen und den Fortschritt von Rüstung und Gebäu selbsten besehen zu können.
Nun folget meinen Befehlen billigst, verschonet mich zukünfftig mit frommem Friedensgewäsch und gehabt Euch alle wohl.
Albrecht Alcibiades von Gotts Gnaden Markgraf von
Brandenburg-Kulmbach
derzeit auf dem Wege nach dem protestantischen
Hauptquartier zu Küstrin
gegeben am Tag divisio apostolorum im Jahr 1552
Kulmbach, August 2002
»Nur herein, nur herein.« Pfarrer Kellermann legte das Evangelische Sonntagsblatt beiseite und reichte den beiden Besuchern seine fleischige Pranke. »Ja, die Frau Hufnagel ist auch dabei! Lange nicht mehr gesehen. Wie geht’s denn?«
In seinem Büro deutete er auf vier riesige ledergebundene Bücher, die neben ihm auf einem Tischchen
lagen. »Ich habe Ihnen die Register aus dem sechzehnten Jahrhundert noch letzte Woche aus dem Keller holen lassen. Worum geht’s denn eigentlich?«
Fleischmann erzählte bereitwillig die ganze Geschichte.
»Soso, eine Frau suchen Sie, die im sechzehnten Jahrhundert auf der Plassenburg gelebt hat. Ist ja interessant. Wir nämlich auch!«
Fleischmann hob erstaunt die Augenbrauen und legte den Kopf schief. »Ach ja? Und wer ist ›wir‹?«
»Hat Ihnen der Herr Kleinert vom Archiv nichts gesagt? Und Sie wissen auch von nichts, Frau Hufnagel? Wundert mich aber!« Kellermann erzählte vom Fund des Säuglingsskeletts und der Suche der ›Forschenden Vier‹. »Wer weiß«, schloss er, »vielleicht forschen wir ja nach derselben Frau?«
»Haben Sie denn schon etwas herausgefunden?« Geli sah ihn interessiert an.
»Nicht viel. Ein Bild mit einer dunkelhaarigen Schönheit, ein paar Hinweise aus den Quellen darauf, dass das Frauenzimmer damals bewohnt war. Vermutlich handelt es sich bei der Gesuchten um eine hoch gestellte Persönlichkeit – mehr wissen wir noch nicht. Sie haben ja wenigstens schon einen Namen, an den Sie sich halten können … «
Fleischmann nickte. »Zehrer, genau. Und ich habe noch etwas. Schauen Sie. Hier – erkennen Sie das Initial?«
Er legte Kellermann die mitgebrachte Klöppelarbeit vor. Der besah sich das vergilbte Gespinst mit seiner Leselupe. »Aha, ein ›B‹ mit einem Krönchen, tatsächlich.« Kellermann stutzte. Irgendetwas kam ihm bekannt vor. Was war es nur? Irritiert schüttelte er den Kopf und beschloss, später darüber nachzudenken.
»Also müssen Sie eine Zehrer finden, die mit Vornamen Brigitta, Babette oder Barbara oder so ähnlich heißt.«
»Nicht unbedingt. Vielleicht hat sie die Sachen ja für jemand anders geklöppelt und dessen oder deren Initial eingewoben.«
»Auch wahr. Na ja, jedenfalls viel Spaß mit den dicken
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