Die Markgräfin
Saufen nicht mehr denken! Pfui Teufel!« Der alte Mann spuckte aus.
»Ihr Herren! Hier ist kein Weiterkommen.« Hans von Feilitzsch, der die ganze Zeit still zugehört hatte, ermahnte die Räte zur Mäßigung. »Mir fällt jetzt nur noch eines ein: Alldieweil unser Hauptmann in keinem vernünftigen Zustand mehr ist, schlage ich vor, die Markgräfin Barbara zurate zu ziehen. Immerhin ist sie die Schwester des Markgrafen, und man hört, sie habe Urteilsvermögen und klaren Verstand. Wenn Ihr einverstanden seid? Kammerdiener!« Hans von Feilitzsch riss die Tür auf und gab entsprechende Order.
Barbara war mit zwei, drei schnellen Schritten bei Georg. Gemeinsam mit dem Diener half sie ihm auf und stützte ihn bis ins angrenzende Schlafzimmer. Kaum lag der Hauptmann auf dem Bett, begann er auch schon zu schnarchen.
»Armer Georg. Er kann es nicht verwinden, dass er durch den Krieg zum Krüppel geworden ist.« Entschuldigend wandte sich Barbara an die Räte. »Der
Wein wird ihn noch umbringen. Was ist denn vorgekommen?«
Georg Wolf von Kotzau kratzte sich verlegen den Kopf.
»Unsern untertänigsten Gruß zunächst, Euer markgräfliche Gnaden. Es betrübt uns sehr, dass der Hauptmann in so übler Verfassung ist, gerade jetzt wo das Land dringend eine starke Hand nötig hätte.«
Der alte Trockau, der Barbara noch von ihren Kindertagen her kannte, mischte sich ein.
»Gestattet ein offenes Wort, Liebden. Zuallererst, es freut uns, Euch gesund und ohne Übel wiederzusehen. Euer Bruder, dessen Wesen gerade Ihr wohl zur Genüge kennen gelernt habt, richtet das Land mit neuen Kriegssteuern und Aushebungen von Söldnern zugrunde. Wir haben dem Hauptmann nahe gelegt, gemeinsam mit uns die Befolgung der letzten markgräflichen Weisungen zu verweigern, zum Besten des Fürstentums. Das und der übermäßige Trunk haben den Landgrafen die Fassung verlieren lassen.«
Barbara war wie vor den Kopf gestoßen. »Albrecht will einen neuen Krieg? Das hat mir der Hauptmann nicht gesagt.« Normalerweise besprach Georg schon seit langer Zeit sämtliche politischen Angelegenheiten mit ihr.
»Ja, und zwar dieses Mal auf Seiten der Protestanten gegen den Kaiser!«
»Heilige Muttergottes, nur das nicht!«
Die Markgräfin erkannte sofort die Tragweite dieser Entscheidung. Sie schlug die Hände vor den Mund, ließ sich langsam auf einem freien Stuhl nieder und tat einen tiefen Atemzug. »Er richtet alles zugrunde, der Tor. Das Land wird keinen neuen Krieg überstehen. Wenn ich nur helfen könnte!«
Die Räte sahen sich bedeutungsvoll an. Hier endlich war eine, die begriff, worauf es ankam, und die auf ihrer Seite stand. Christoph von Wirsberg trat auf die Markgräfin zu.
»Seht Ihr eine Möglichkeit, die Pläne Eures Bruders noch zu verhindern, Liebden?«
Barbara dachte einige Zeit angestrengt nach, während die Räte sich nacheinander wieder auf ihren Plätzen niederließen. Schließlich hob sie den Kopf.
»Es ist zu gefährlich, Ihr Herren, Albrecht den Gehorsam zu verweigern. Es würde Euch alle Kopf und Kragen kosten, und damit wäre dem Land als Allerletztes gedient.« Sie überlegte weiter. »Wir könnten stattdessen versuchen, die Dinge möglichst lange zu verzögern. Schreibt Albrecht, seine Befehle würden befolgt, und erfindet dann Gründe, warum alles länger dauert als geplant. Derweil werde ich meinen Bruder Georg in Ansbach und unsere Verwandtschaft in der Mark um Hilfe anschreiben. Georg ist der Einzige, auf den er vielleicht noch hört. Und wenn Ihr noch einen Rat von mir annehmen wollt, Ihr Herren:
Bietet meinem Bruder an, statt der Steuern und des Ungelds die Kirchenkleinodien einzuziehen. Dazu braucht’s vorher eine Visitation, die längere Zeit dauert. Und das Fürstentum selber würde dadurch nicht belastet.«
Johann Eck begann laut zu protestieren, doch Barbara hob die Hand.
»Sind Euch Gold und Silber wichtiger als Land und Menschenleben? Lasst Euch den eitlen Tand nicht zu lieb sein, Ehrwürden – auch unser Herr Jesus war arm, und die Bibel sagt, eher geht ein Kamel durchs Nadelöhr als ein Reicher ins Himmelreich ein! Und, hochwürdiger Eck, Euch als lutherischem Reformator müssen die katholischen Monstranzen und Kelche in ihrer sündigen Üppigkeit doch ohnehin ein Dorn im Auge sein!«
Der Geistliche schluckte und schwieg, während Barbara sich wieder an die Räte wandte.
»Wenn Ihr mit meinen Vorschlägen einverstanden seid, dann verfasst einen Brief an meinen Bruder. Ich will dafür sorgen, dass
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