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Die Markgräfin

Die Markgräfin

Titel: Die Markgräfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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Steuern, die das Fürstentum Brandenburg-Kulmbach in den letzten fünf Jahren abgeworfen hat. Darunter die Ausgaben unseres Landesherrn für die Aufstellung seiner Regimenter.
Nochmals darunter die Liste der Schulden zu Beginn seiner Herrschaftsübernahme und heute. Ihr könnt unschwer ersehen, dass wir seit dem letzten Jahr allein zur Bezahlung der Zinsen neue Schulden machen müssen. Das Land ist nicht mehr in der Lage, seinen Verpflichtungen nachzukommen!«
    Förtsch atmete schwer; es fiel ihm nicht leicht, den Bankrott des Fürstentums zu vermelden.
    Georg von Leuchtenberg stierte auf das Papier. Es gelang ihm nicht, seinen Blick auf die Zahlen zu fixieren. Mit einer fahrigen Geste fuhr er sich durchs Haar.
    »Seid vernünftig, Leuchtenberg.« Zum ersten Mal mischte sich Georg Wolf von Kotzau ein. »So kann’s nicht weitergehen. Wir müssen alle an einem Strang ziehen, wenn’s um das Wohl des Fürstentums geht. Ich bin dafür, dass wir jetzt eine Schrift an den Markgrafen verfassen, in der wir uns gegen die neuen Steuern und Aushebungen erklären und seine sofortige Heimkehr erbitten.«
    Die anderen Räte stimmten sofort zu, und der Kotzauer griff zum Schreibzeug.
    »Das ist Aufruhr!« Der Hauptmann schrie es beinahe und stierte die Räte mit weit aufgerissenen Augen an. »Gesiegt haben wir, gesiegt … « Leuchtenberg sprach wie zu sich selbst. »Jede Schlacht hab ich mit ihm gekämpft. Aufs Haupt geschlagen haben wir den Feind, und wofür?«
    Der alte Wolf von Wirsberg, der in seiner Jugend selber etliche Schlachten bestritten und Narben genug davongetragen hatte, versuchte zu beschwichtigen.
    »Ja, es ist schwer, Hauptmann, einsehen zu müssen, dass man umsonst gefochten und an die falsche Sache geglaubt hat … «
    Leuchtenberg sah den Rat ungläubig an. Er begann plötzlich zu kichern wie über einen guten Witz. »Alles umsonst, sagt Ihr? Umsonst? Der Kaiser – hätt er bezahlt, wär alles anders … «
    Der alte Wirsberg schüttelte den Kopf. Seine tief liegenden hellen Augen blickten traurig.
    »Hauptmann, Ihr denkt in die falsche Richtung. Es hilft uns nicht, dem spanischen Karl allein die Schuld zu geben. Tatsache ist doch, dass alle Kämpfe und Siege nichts eingebracht haben. Es war sinnlos, und es ist noch sinnloser, so weiterzumachen.«
    »Sinnlos? Nichts eingebracht?« Georg schrie seinen trunkenen Zorn mit überschnappender Stimme heraus. Er grapschte nach seinen Krücken, bekam aber nur eine zu fassen und stemmte sich damit mühsam schwankend am Tisch hoch. Unter Gepolter fiel sein Stuhl um. Leuchtenberg schwang seinen Beinstumpf nach oben und ließ ihn schwer auf die Tischplatte fallen. »Und das hier?« Trockene Schluchzer begannen ihn zu schütteln. Immer wieder schlug er mit der geballten Faust hart auf seinen Oberschenkel. »Das hat auch nichts eingebracht, wie? Umsonst! Sinnlos!
Befehlsverweigerer seid Ihr, Feiglinge, allesamt! Ich hab mein Bein geopfert für Land und Fürst, und Ihr, was habt Ihr gegeben?«
    Auch Ulrich von Trockau hielt es jetzt nicht mehr auf seinem Platz; er fuhr hoch und brüllte mit heiserer Greisenstimme; Speicheltröpfchen sprühten von seinen Lippen: »Ja, sinnlos war alles, so sinnlos wie der Tod meines Sohnes. Den hat er auch auf dem Gewissen, genau wie Euer Bein, Leuchtenberg. Und wisst Ihr was, es ist ihm gleich, unserm liebwerten Landesherrn. Der geht über Leichen. Der schert sich bloß um sich selbst.«
    Der Bayreuther Amtmann neben ihm versuchte ihn wieder auf den Stuhl zu ziehen und klopfte ihm beschwichtigend den Arm. Da verlor Georg von Leuchtenberg, der immer noch halb über dem Schreibtisch hing, das Gleichgewicht, schwankte, ruderte mit beiden Armen Halt suchend in der Luft, rutschte mit der Krücke ab, taumelte weiter und stürzte mit lautem Poltern zu Boden.
    Trockau machte ein paar Schritte um den Tisch herum. Verächtlich sah er auf den am Boden liegenden Betrunkenen hinab und sprach mit mühsam beherrschter Stimme weiter auf den Hauptmann ein.
    »Seid froh, dass Ihr noch am Leben seid! Mein Kind hab ich hergeben müssen, und glaubt mir, ich hätte lieber zwei Beine verloren. Der Feilitzsch dort hat keinen Bruder mehr – der ist vor Rochlitz geblieben.
Hier, des Ritters von Kotzau jüngster Schwiegersohn, tot. Zu viele Opfer, wenn Ihr mich fragt. Ihr widert mich an, Leuchtenberg, mit Eurem Selbstmitleid und Eurem jämmerlichen Geheule. Damals habt Ihr den Tod meines Sohnes nicht verhindert, Gott straf Euch dafür, und jetzt könnt Ihr vor lauter

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