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Die Markgräfin

Die Markgräfin

Titel: Die Markgräfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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Kleinert umständlich auf der Eckbank herum, um Geli neben Fleischmann zu platzieren.
    Haubold und Götz ging ein Licht auf.
    »Wir, also Frau Hufnagel und ich, waren ja inzwischen im Kloster Himmelkron, um etwas über unsere Klöpplerin herauszubekommen«, berichtete Fleischmann nun. »Und tatsächlich hat Geli«, ein liebevoller Blick in ihre Richtung, »sie gefunden! Sie hieß Susanna Zehrer und ist 1581 im Alter von 54  Jahren im Kloster gestorben, offenbar an einer zu der Zeit grassierenden ansteckenden Krankheit mit Fieber und Brechdurchfall.«
    Haubold schob seinen leer gegessenen Teller von sich und wischte sich mit einer Serviette den Mund ab. »Na, Gratulation zu diesem Ergebnis. Eine der Gesuchten wäre damit gefunden, immerhin! Also, resümieren wir mal: drei Frauen, eine davon Susanna Zehrer, die andere Elisabeth Buckler, die dritte Barbara von Groß-Glogau. Hmm. Klar dürfte sein, dass das Initial von Kelch und Klöppelarbeit sich auf
Letztere bezieht. Deshalb tippe ich auf sie als Kindsmutter.«
    Geli Hufnagel überlegte. »Aber genauso gut könnte es auch die Zehrer gewesen sein. Vielleicht ist sie ja wegen des Todes ihres Kindes ins Kloster gegangen. Vielleicht war der Vater eine höher gestellte Persönlichkeit, womöglich verheiratet, und das Kind musste deshalb verschwinden!«
    Die anderen nickten zustimmend. »Könnte alles möglich sein.«
    »Aber das erklärt noch nicht, wie eigentlich diese Tagelöhnerswitwe an den Kelch gekommen ist.« Fleischmann rieb sich den Schnurrbart.
    »Na, vielleicht hat sie ihn einfach geschenkt bekommen?«, warf Götz vorsichtig ein.
    Kellermann seufzte. »Jetzt wird’s aber abenteuerlich. Ich glaube, auf solche blanken Mutmaßungen sollten wir verzichten. Das hilft uns nicht weiter.«
    »Jedenfalls«, Haubold griff zu seinem Glas und prostete den anderen zu, »trinken wir jetzt erst mal auf unseren Erfolg! Erst sind wir lange auf überhaupt keine Frau gestoßen, die als Mutter unseres Kindes in der Mauer infrage gekommen wäre, und jetzt haben wir immerhin drei potenzielle Kandidatinnen. Das ist doch was!«
    Fleischmann war entzückt, geholfen zu haben. Er schmiss eine Runde Bier für alle. Die Stimmung stieg, und eine lebhafte Diskussion entwickelte sich.
Dann sah sich Kellermann an der Reihe, einen auszugeben. Götz fühlte sich irgendwann für die stetige Versorgung mit dem berüchtigten Hausbrand zuständig, während Haubold zu vorgerückter Stunde noch Nüssli und garnierte Brote mit Bratwurstgehäck und Zwiebelchen bestellte.
     
    Um Viertel vor eins nötigte der Wirt die ganze Runde zum Zahlen, indem er mit gezücktem Block neben dem Stammtisch auftauchte und »Feierabend« brummte.
    Kleinert stand etwas unsicher auf.
    »Liebe Frau Hufnagel«, seine Aussprache hatte einen leichten Zungenschlag, »Sie vertragen aber einen ganz schönen Stiefel! Hätt ich Ihnen gar nicht zugetraut. Und Ihre neue Eroberung hier säuft auch wie ein Bürstenbinder!«
    Fleischmann begann zu kichern und bekam einen Schluckauf. Der Dekan neigte sich zu ihm und machte ein großzügiges Angebot: »Sie können ja jetzt nicht mehr heimfahren, mein Lieber. Wenn Sie wollen, kann ich Ihnen mein Gästebett anbieten.«
    »Der Thomas kann auch bei mir übernachten«, mischte sich Geli Hufnagel ein. »Das ist einfacher – ich wohne ja gleich in der Nähe.«
    »War nur ein Angebot.« Kellermann bemühte sich um ein ernstes Gesicht, während Kleinert über beide Backen feixte.
    Die beiden jungen Leute verabschiedeten sich schnell und gingen nebeneinander die schmale Gasse entlang. Noch bevor sie um die nächste Ecke bogen, beobachteten Kleinert und Kellermann gemeinsam, wie Fleischmann, beflügelt von drei Bieren und einem Schnaps, seinen Arm um Geli legte und diese ihren Kopf an seine Schulter schmiegte. Kleinert reckte dem Pfarrer triumphierend seine Faust mit dem Daumen nach oben entgegen, und Kellermann machte mit zwei Fingern das Siegeszeichen. Dann hakten sich beide unter und gingen nach Hause.
    Auch Haubold machte sich auf den Heimweg. Nach dem vielen Alkohol tat ihm die frische Luft gut, und er genoss den langen Weg hinauf zur Burg. Er hatte das Gefühl, der Lösung seines Kriminalfalls ein ganzes Stück näher zu sein.

Plassenburg, März 1553
    »Ich soll was?« Jakob Tiefenthaler fuhr vom Altar der Schlosskapelle herum wie von der Tarantel gestochen. Mit weit aufgerissenen Augen sah er die beiden gebirgischen Räte an, die mit angespannten Gesichtern vor ihm standen. Hatte er

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