Die Markgräfin
keiner weiß, was aus ihr geworden ist.«
»Tragisch, ts ts. Furchtbare Sache, dieser Hexenwahn, ganz furchtbar.« Götz starrte betrübt auf seinen Teller.
»Eine Hebamme also. Ist ja interessant«, meinte Fleischmann, der angestrengt mitgedacht hatte. »Das heißt, wir können schließen«, damit blickte er die anderen reihum an, »dass diese Elisabeth Buckler vermutlich zum Dank für ihre Errettung durch das Eingreifen des Pfarrers den Pokal der Kirche gestiftet hat, bevor sie aus der Stadt verschwand.«
»So könnte es gewesen sein.« Kleinert nickte.
Jetzt wandte sich Kellermann kauend in die Runde. »Wir haben uns beim letzten Treffen schon mal die Frage gestellt: Wie kam die alte Frau bloß an so einen wertvollen Pokal?«
Fleischmann, ebenfalls kauend, nickte eifrig. »Da ergibt sich jetzt meiner Meinung nach ein wichtiger neuer Aspekt: Sie war Hebamme. Das heißt, sie könnte ihn als Bezahlung für ihre Dienste erhalten haben, sprich: für ihre Hilfe bei einer Geburt.«
Kleinert hatte seine Portion Camembert hungrig vertilgt und lehnte sich jetzt mit einem erleichterten Schnaufer zurück.
»Mit Letzterem hätten wir die Verbindung zu einem Kind«, folgerte Geli.
»Richtig!« Haubold trug jetzt den Schinken auf. »Wunderbar würzig«, schwärmte Kellermann begeistert, während Kleinert wieder zum Thema kam.
»Lasst uns doch nochmal über die Hebamme und den Pokal nachdenken. Wenn die Buckler den Pokal für eine Entbindung bekommen hat, dann ja wohl von der Besitzerin, eben dieser Barbara von Groß-Glogau.«
»Von der wir vermuten, dass sie damals auf der Plassenburg gelebt hat«, ergänzte Götz.
»Dann ist sie die Mutter unseres toten Kindes!« Haubold klatschte in die Hände. »Freunde, wir haben sie! Soll ich ein Fläschchen Sekt aufmachen?«
Kellermann schüttelte den Kopf. »Nicht so hastig, mein Lieber. Wir können das absolut nicht beweisen. Wir nehmen ja bisher nur an, dass diese Barbara auf der Burg war. Selbst wenn das zutreffen sollte, besteht auch noch die Möglichkeit, dass deren Hofdame Susanna Zehrer ein Kind bekommen hat. Von ihrer Existenz wissen wir ja nun hundertprozentig. Könnte ja sein, dass die Herzogin für ihre Zofe bezahlt hat oder dass die Zehrer das Teil gestohlen hat, um es der Hebamme zu geben. Also, klar ist hier noch gar nichts.«
»Na, aber hört mal, immerhin haben wir zwei Frauen, die vermutlich auf der Plassenburg waren und als Kindsmütter infrage kommen, und wir haben eine Hebamme mit fürstlicher Belohnung, was auf eine Geburt hinweist – das ist doch ein riesiger Schritt vorwärts. Und deshalb würde ich dann doch für ein Gläschen Sekt plädieren.« Haubold war nicht aufzuhalten.
Es war schon spät, als Geli und Fleischmann, denen der Sinn sichtlich nach Alleinsein stand – unter den stolzen Blicken Kleinerts und Kellermanns hatten sie den ganzen Abend ungeniert und verliebt geturtelt –, zum Aufbruch drängten.
Schreiben des Markgrafen Albrecht Alkibiades von
Brandenburg-Kulmbach an den Hauptmann auf dem
Gebirg, Georg von Leuchtenberg, 21 .Dezember 1553
Gott zum Gruß zuvor und Wappnung vor aller Unbill, treuer Freund und Haubtmann. Wie du gewisslich wirst erfahren haben, ist dein Herr und Fürst nunmehr vogelfrei. Der Hundsfott von Kaiser, Gott straf ihn mit ewiger Verdammnis, hat uns in die Reichsacht gethan. Mög er dafür in der Hölle braten mit dem gross Arschloch auf ein glühenden Spies gehockt. Wir aber werden dereinst noch fröhlich zuschauen, wie das spanische Pack um Gnade winselt.
Wir haben unser liebes Hohenlandsberg vor dreien Wochen heimblich bei Nacht und Nebel verlassen müssen, und ist die Stadt hernach vom Feind gestürmt und gar furchtbar verheeret worden. Mit nur wenigen Mannen sind wir davon und werden seither durch seltzame Kranckheit auffgehalten. Nämlichen zuzeiten haben wir kein Gespür mehr in den Beinen, sind eine Stund lahm und taub, zur andern Stund wiedrum
gäntzlich gesunt. Ein sonderliche Schwachheit bemächtigt sich dabei immer wieder unsrer Glieder, so dass wir dann nicht gehen geschweig denn reiten können. Ein Artzt, den wir haben kommen lassen von Augsburg, weiß auch kain Rat, er purgiert uns und lässt uns zur Ader, aber sonst fällt ihm nichts ein. Einzig wir selber ahnen, wovon dieses unheimblich Gebrechen kommt, mein Haubtmann wir glauben es ist der grässliche Fluch, der schwer auf uns lastet, und uns peiniget und ängstigt über alle Maßen. Wir haben aber nach der rechten Abhilf schon geschickt
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