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Die Markgräfin

Die Markgräfin

Titel: Die Markgräfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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baumelnden Uhrkette weiß Gott nicht wie ein Student aus. Unter dem kritischen Blick der Studentin fühlte sich Götz sofort unwohl, ging aber mutig auf die Tür zur Bücherei zu.
    »Ham’ Sie ’nen Benutzerausweis?«
    Götz zuckte zusammen. »Äh, ja, natürlich.« Er zog seinen Geldbeutel aus der Gesäßtasche und zeigte das Kärtchen vor. »Wissen Sie, ich bin Lehrer und muss hier was nachschauen.«
    »Ach so.« Die Aufsicht war zufrieden, und Götz durfte passieren.
     
    Im Lesesaal herrschte konzentriertes Schweigen. Es war die Zeit der vorweihnachtlichen Klausuren, und etliche Studenten saßen lesend oder schreibend in den Bankreihen, vor sich haufenweise Bücher und Papier. Zielstrebig ging Götz auf die Sektion mit den Nachschlagewerken zu, die ganz hinten im Raum angesiedelt war. Seine Schuhsohlen quietschten deutlich hörbar mit jedem Schritt, was ihm furchtbar unangenehm war. Er hasste es aufzufallen. Möglichst leise auftretend schob er eine der Rollenleitern zurecht und stieg hinauf. Doch unglücklicherweise gähnte dort, wo normalerweise die ersten vier Bände der Alten Deutschen Biographie standen, ein Loch.
    »Himmelsakra«, fluchte Götz still in sich hinein und stieg wieder hinab. Laut quietschend lief er
wieder zurück durch sämtliche Reihen Richtung Ausgang und wünschte sich weit weg. Seine Ohren glühten tiefrosa vor Verlegenheit.
    »Ich dachte, Nachschlagewerke sind nicht ausleihbar?«, fragte er, glücklich in der Ausleihe angelangt.
    Die studentische Hilfskraft sah gelangweilt und Kaugummi kauend von ihrem Buch auf. »Sind sie auch nicht, wieso?«
    »Weil die ersten Bände der ADB nicht da sind.«
    »Ach, die! Die sind zum Begasen beim Restaurator. Da waren Viecher drin.«
    Enttäuscht ging Götz wieder zurück in den Lesesaal und quietschte nochmals in die Abteilung »Lexika«. Diesmal hoben sich einige Köpfe, und Götz grinste entschuldigend. Hinten, wo es keiner sah, zog er die Schuhe aus und stellte sie aufatmend unter seinen Tisch. Jetzt konnte er endlich ungehindert nach dieser Barbara suchen.
    Die Lexika gaben nichts her. Doch Götz war ein hartnäckiger Arbeiter. Er begann, im Schlagwortkatalog zu blättern, Bücher zu wälzen und Zeitschriften zu sichten, alles in Socken. Und schließlich hatte er Erfolg: Er entdeckte einen brandneuen Sammelband mit verschiedenen Aufsätzen und Rezensionen. »Das Herzogtum Groß-Glogau und seine Regenten in Mittelalter und Früher Neuzeit« hieß einer der hierin enthaltenen Artikel, geschrieben von einer gewissen Prof.Regina Schmitz-Scherzer von der Universität
Berlin. Darin stieß Götz bald auf einen Herzog Heinrich von Groß-Glogau und Crossen, der einigermaßen in die fragliche Zeit passte. Und dieser Heinrich heiratete im Jahr 1527 eine Markgräfin von Brandenburg-Ansbach namens Barbara. Das musste sie sein! »Geboren 1517 zu Ansbach«, exzerpierte Götz auf seinen Block. »Heiratet im Juni 1527 Hg. Heinrich von Glogau, und zwar im Alter von 10  Jahren.« Götz rechnete. 1550 wäre diese Barbara also dreiunddreißig Jahre alt. Das konnte sie wirklich sein! Leider war das aber schon alles, was sich aus dem Aufsatz herausfinden ließ. Heinrich von Glogau, so stand zu lesen, starb bereits zwei Jahre nach der Hochzeit. Danach spielte diese Barbara offenbar keine Rolle mehr in Glogau. Vermutlich, so überlegte Götz, hat sie sich auf einen Witwensitz zurückgezogen. Oder vielleicht hat sie wieder geheiratet. Oder sie ist zurück zu ihrer Familie und hat dann auf der Plassenburg gelebt. Hm. Denkbar ist alles – beweisbar ist gar nichts.
    Götz suchte noch eine Weile weiter, stieß aber auf nichts mehr. Um kurz nach vier Uhr packte er seine Sachen zusammen, zog die Schuhe wieder an und verließ quietschend, aber zufrieden die Bibliothek. Immerhin war er nicht ohne Erfolg geblieben. Er hatte herausgefunden, dass diese Barbara eine Markgräfin von Brandenburg-Ansbach war. Die Verbindung zur Plassenburg war dadurch hergestellt. Wieder ein Teilchen ins Puzzle eingefügt!
    Daheim in Kulmbach griff Götz zum Telefon. Er besorgte sich von der Auskunft die Nummer der Freien Universität Berlin und ließ sich dort von der Zentrale mit dem Lehrstuhl für Mittelalterliche und Neuere Geschichte verbinden. Die dortige Sekretärin diktierte ihm die Adresse von Regina Schmitz-Scherzer, die inzwischen an die Uni München berufen worden war. Dann setzte sich Götz an den Schreibtisch. Er beschloss, der Professorin zu schreiben und sie um nähere Informationen

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