Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Markgräfin

Die Markgräfin

Titel: Die Markgräfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
Vom Netzwerk:
korpulente Pfarrer mitten im Raum und rang die Hände. Die Zofe hielt sich nicht mit Fragen auf und hastete ins Schlafzimmer. Kurze Zeit später erschien die Markgräfin noch im Nachtzopf und nur mit einem wollenen Umhang über dem Unterkleid. Hinter ihr kam die ebenfalls spärlich bekleidete Susanna mit einem Nachttiegel in der Hand.
    »Um Gottes willen, Vater Georg, was ist?« Barbara erschrak bei seinem Anblick.
    Thiel suchte nach Worten. »Sie … sie haben Vater Tiefenthaler verhaftet.«
    Barbara wankte. Die Angst sprang sie an wie ein Tier. Sofort war Thiel bei ihr und stützte sie.
    »Liebden, es heißt, der Markgraf Euer Bruder sei da und wolle eine Verschwörung gegen seine Person … «
    »Wo ist er?«, fiel ihm Barbara ins Wort.
    »Im obersten Raum des Schneckenturms, Herrin. Aber versucht nicht, zu ihm zu kommen, es ist zwecklos. Ich bin sofort hingegangen, aber die Wachen lassen niemanden durch.«
    »Heilige Jungfrau Maria, steh uns bei.« Barbara wurde von namenlosem Entsetzen gepackt. Was sie in ihren schlimmsten Stunden befürchtet hatte, war eingetreten. Und noch bevor sie versuchen konnte, ihre Gedanken zu ordnen, ging die Tür auf und ihr Bruder kam herein. Barbara bauschte schnell mit den Ellbogen ihren Umhang von innen auf, um die Wölbung ihrer Schwangerschaft besser zu verbergen, während Susanna und Kätha in den hintersten Winkel des Raumes zurückwichen. Doch Albrecht breitete ganz wider Erwarten lächelnd die Arme aus.
    »Barbara! Ein unerwartetes Wiedersehen, nicht wahr?«
    Die Markgräfin stand da wie versteinert und versuchte sich zu fassen. »Willkommen, Bruder, nach so langer Zeit.«
    »Du hast dich kaum verändert, meine Liebe. Willst du mir keinen Platz anbieten? Da redet sich’s besser.«
    Die Markgräfin gab Kätha einen Wink, und die rückte zwei Sessel vor den Kamin und schickte sich an, ein Feuer zu machen. Albrecht ging durchs Zimmer und ließ sich schwer auf seinen Sitz fallen. Barbara bemerkte, dass er ein Bein leicht nachzog. Er bedeutete ihr, ebenfalls Platz zu nehmen, und spürte ihre Angst.
    »Du musst dir keine Gedanken machen, Schwesterherz, ich komme im Guten. Georg, die brave Seele, hat mich überredet, dir nichts mehr nachzutragen. Er sagt, du hast in den letzten Jahren ein untadeliges Leben geführt und dir sei nichts mehr vorzuwerfen.«
    »Das … das freut mich, Albrecht.« Die Markgräfin versuchte, sich zusammenzureißen und so gut es ging Konversation zu machen. Stockend und zäh unterhielten sich die beiden über dies und das. Zum Glück brachte dann Hansi, der Küchenjunge, mitten in die Verlegenheit hinein die Frühsuppe. Die beiden Geschwister löffelten eine Weile schweigend die mit Honig und Zimt gewürzte warme Milchsuppe, in der aufgeweichte Brocken trockenen Brotes schwammen. Barbara musste sich zu jedem Löffel zwingen.
    »Du siehst blass aus, bist du verletzt?« Sie deutete auf Albrechts Bein.
    »Verletzt nicht.« Er beugte sich vertraulich nahe zu ihr und begann, in theatralischem Tonfall zu flüstern.
»Eher könnt man schon sagen: verhext. Deshalb bin ich hergekommen. Bärbel, hier haben unerhörte Dinge stattgefunden. Man hat versucht, mich durch Zauber umzubringen.«
    Barbara versagte die Stimme, sie starrte Albrecht nur mit großen Augen an, und der nahm es als Überraschung.
    »Ja, glaub’s nur.« Albrecht schob die Suppe von sich weg. »Man hat ein Mortbeten abgehalten, in der Kapelle. Seitdem versagen mir manchmal die Beine. Nur der Besitz einer Reliquie hält mich am Leben. Schau, ich trag sie um den Hals. Jetzt bin ich gekommen, um Rache zu nehmen und damit den Fluch zu brechen.«
    »Was willst du tun?« Sie fühlte sich wie gelähmt; die Frage kam ihr kaum über die Lippen.
    »Fast alle Verschwörer sind schon von ihrer gerechten Strafe ereilt worden, nur einer fehlt noch, und der kommt jetzt dran. Es ist Euer Schlosskaplan, der Satanspriester.«
    Von Georg Thiel, der inzwischen bei den Mädchen in einer Zimmerecke stand, kam ein entsetzter Aufschrei. Er begann, murmelnd das Vaterunser aufzusagen. Barbara presste die Hand gegen den Mund und stand auf, um ihre Angst zu verbergen.
    »Was ist los mit dir?« Albrecht erhob sich ebenfalls.
    »Um Gottes Willen, Bruder, kannst du nicht Gnade
walten lassen? Ich kenne den Kaplan als rechtschaffenen und guten Menschen.«
    Auch Thiel schaltete sich ein. »Wenn Ihr erlaubt, Euer Gnaden, mein Name ist Georg Thiel, und ich bin der bestallte Schlosskaplan. Jakob Tiefenthaler hat mich bis vor kurzem

Weitere Kostenlose Bücher