Die Markgräfin
Sache. Er kennt immer die richtigen Leute in allen Abteilungen. Der macht das schon.«
»Umsonst?«
»Na ja, vielleicht kostet es mich die Abschussgebühr für eine Hornantilope. Oder einen Wasserbüffel. Das kann ich gerade noch verschmerzen.« Er kicherte.
Haubold freute sich. Das hatte sich ja richtig gelohnt. Er ließ seinen Cognac stehen – schließlich musste er noch fahren –, bedankte sich überschwänglich und verabschiedete sich. Der Hausherr begleitete ihn noch bis zur Tür und schüttelte ihm kräftig die Hand. Im Gehen wandte sich der Kastellan noch einmal um.
»Äh, was ich übrigens noch fragen wollte, Herr von Leuchtenberg – stimmt es wirklich, dass Sie Bio-Bauer sind?«
»Bio-Bauer?« Leuchtenberg schüttete sich aus vor Lachen. »Wer sagt denn so was?«
Plassenburg, 21 .Juni 1554
Heinrich von Plauen war ein großer, hagerer, grau gelockter Mann von fast sechzig Jahren, der sein halbes Leben auf dem Schlachtfeld verbracht hatte. Die Einungsverwandten – so nannten sich die fränkischen Städte Nürnberg, Würzburg und Bamberg – hatten ihn als obersten Feldherrn des Zuges gegen Albrecht Alkibiades verpflichtet, weil er als hervorragender Stratege galt und im Ruf stand, hartnäckig und bissig wie ein Terrier zu sein. Am Morgen des 21 .Juni 1554 saß er in der Sonne vor seinem Zelt auf der Buchberghöhe und ließ sich von seinem Leibdiener rasieren. Bis auf den üppigen Schnurrbart war sein Gesicht weiß eingeseift, und er hielt die Barbierschüssel mit beiden Händen an den faltigen Hals, während seine grauen Stoppeln mit einer scharfen Klinge abgeschabt wurden. Um den Kommandanten der bundesständischen Truppen herum herrschte reges Treiben. Mehrere Feuer brannten, und in den darüber hängenden Kesseln und Pfannen kochte und brutzelte es, man roch Zwiebeln und Speck, Eintopf mit Rauchfleisch und gebratene Krautwürste. Bei den Belagerern herrschte kein Mangel; sogar zum Frühessen soffen die Landsknechte schon Wein und Bier. Kinder wieselten hungrig um die Töpfe, in denen die Soldatenweiber mit großen Kellen rührten.
Der von Plauen beschattete seine Augen und fixierte
mit gerunzelter Stirn die Buchbergbastion der Plassenburg, die im hellen Sonnenschein lag. Seit er vor vielen Jahren beim Abschuss eines großkalibrigen Geschützes zu nah am Rohr gestanden hatte, hörte er zwar auf einem Ohr fast nichts mehr, aber dafür hatte er für sein Alter ausgezeichnete Augen.
»Hund und Sau! Wolfram, wisch mir die Seife ab, da kommt einer, von dem ich glaub, dass er was von mir will.« Er warf die Schüssel hin. Ein triumphierendes Grinsen machte sich auf seinem kantigen Gesicht breit und entblößte ein Paar schwarz abgefaulter Vorderzähne.
Der Kommandant hatte richtig gesehen: Aus einer Schlupfpforte unterhalb der Bastion war ein Mann getreten und bewegte sich mit langsamen Schritten auf das feindliche Lager zu. Nach einigen Metern zog er ein schmutzigweißes Tuch aus der Jacke und schwenkte es deutlich sichtbar über seinem Kopf. Auch die Landsknechte hatten ihn jetzt bemerkt, und einige von ihnen liefen dem Emissär entgegen, nahmen ihn in die Mitte und eskortierten ihn bis zum Zelt des Befehlshabers.
»Seid Ihr der von Plauen?« Der Bote, einer der Bankriesen aus dem Hochschloss, verbeugte sich. »Dann soll ich Euch dies hier von meinem Herrn, dem Hauptmann auf dem Gebirg, übergeben. Und ich soll auf Antwort warten.«
Heinrich von Plauen griff sich die Pergamentrolle,
die ihm der Mann entgegenstreckte, und brach das Siegel. Er las das Kapitulationsschreiben mit steinerner Miene zweimal durch. Schließlich nickte er.
»Geh zurück zum Grafen von Leuchtenberg und sag ihm, ich bin einverstanden. Bis zum Mittag haben alle, die sich zu Plassenberg aufhalten, meine Erlaubnis, das Schloss ohne Waffen unbehelligt zu verlassen. Alle, bis auf ihn selber. Er hat sich auf kaiserlichen Befehl in meine Hand zu begeben. Sag ihm, ich garantiere für seine Sicherheit und vertraue auf sein Verhalten als Soldat und Ehrenmann.«
Jubelgeschrei brandete von der Buchberghöhe herüber und kurze Zeit später auch von den feindlichen Stellungen am Rehberg und unterhalb der Burg, während Georg von Leuchtenberg die Besatzung im Schlosshof zusammentrommeln ließ und mit knappen Worten von der Kapitulation in Kenntnis setzte. Als die Eingeschlossenen hörten, dass ihnen bis zum Mittag freier Abzug zugesichert war, machte sich überall Erleichterung breit. Einige Weiber brachen in Freudengeheul aus: Die
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