Die Markgräfin
überrascht vom Ergebnis seiner Bemühungen: Ausgerechnet der viel begehrte junge König Wladislaus von Böhmen erklärte sein Interesse. Auf solch einen saftigen Happen hatte der Markgraf kaum zu hoffen gewagt – ein König in der Verwandtschaft steigerte die politische Bedeutung ungemein und bedeutete einen Aufstieg in höchste Kreise des Reiches. Der Jagiellone hingegen war in erster Linie an Barbaras reichem Erbe interessiert – das bedeutende Herzogtum Groß-Glogau so billig zu bekommen schien ihm ein besonderer Glücksfall. Das Territorium würde sich prächtig als Privatbesitz in sein königliches Territorium einfügen. So willigte er nach kurzen Überlegungen in eine Ehe ein.
Es war im Winter des Jahres 1529 , als Barbara zu ihrem Vater bestellt wurde. Draußen schneite es in dichtem Gestöber, und es war unangenehm kalt im Schloss. Die Dienerschaft trug alles, was sie an Kleidern besaß, übereinander auf dem Leib, und die fürstliche Familie hüllte sich in Pelze und Decken. Das Schloss war von Hunden und Katzen bevölkert, die sich sonst draußen im Hof und in den Stallungen und Wirtschaftsgebäuden herumtrieben, jetzt aber die Nähe der Kamine suchten. Natürlich blieben auch
die Mäuse und Ratten nicht aus. Küche und Hofstube waren voll von ihnen, obwohl sie ständig gejagt und vertrieben wurden.
Widerstrebend verließ Barbara ihren Platz neben dem Kohlebecken, wo sie zusammen mit der alten Martsch saß und stickte, das Hündchen zu ihren Füßen. Eine Hofdame setzte ihr die Haube auf und half ihr in die Hornschuhe. Dann ging Barbara durch die kalten, zugigen Gänge in den Mittelflügel des Schlosses, wo die Markgrafengemächer lagen.
Ihre Eltern saßen beim großen Kamin in der Herrenstube. Auf einem Tischchen vor dem flackernden Feuer standen eine silberne Karaffe mit Castell’schem Wein und ein kleines Tellerchen mit dem Lieblingskonfekt der Markgräfin, das man sich zweimal jährlich vom Nürnberger Apotheker kommen ließ. Der Markgraf war bester Laune; über seinem gestutzten Bart zeigten sich kleine gerötete Apfelbäckchen, wie immer, wenn er zu viel vom Wein getrunken hatte.
Auch die Markgräfin wirkte äußerst zufrieden. Sie winkte Barbara vertraulich zu sich.
»Du wirst dich wundern, meine kleine Herzogin, was dir dein Vater gleich berichten wird«, versetzte sie geheimnisvoll, »so ein Glück für das Haus Zollern-Brandenburg!«
Der Markgraf setzte sich in seinem hochlehnigen Stuhl zurecht und begann mit seiner tiefen Bassstimme zu sprechen.
»Die gesamte Familie schaut mit Stolz auf dich, Kind. Wir haben eine neue Heirat für dich beschlossen, wie sie besser gar nicht sein kann: Der König von Böhmen hat sich für dich erklärt. Natürlich will er Groß-Glogau und Crossen, aber das soll deine Sorge nicht sein, solange du ein gutes Auskommen hast. Du, die erste Königin in der Familie. Was für ein Aufstieg! Na, hat’s dir die Sprache verschlagen?«
Barbara stand stumm. So schnell hatte sie nicht damit gerechnet, Ansbach wieder zu verlassen. Die Aussicht, Königin von Böhmen zu werden, schmeichelte ihr, aber sie hatte auch Angst vor dem Ungewissen – einem neuen Ehemann, den sie nie gesehen hatte, einer fremden Hofhaltung in einem fremden Land und einer unbekannten Aufgabe als Herrscherin. Über ihre erste Verheiratung hatte sie als damals Achtjährige nicht viel nachgedacht; jetzt schien ihr die neue Ehe von bedenklicher Tragweite und trübte ihre Freude über eine gute Partie.
»Ich freue mich mit Euch, Herr Vater«, fing sie schließlich unsicher an, »und hoffe, meiner zukünftigen Stellung gerecht zu werden und Euch keine Schande zu machen. Ich denke noch mit viel Wehmut an meinen vormaligen Gatten, den Herzog, dem ich herzlich zugetan war, aber eine neue Heirat ist, das versteh ich, für das Haus Brandenburg-Ansbach politisch wünschenswert, da darf ich nicht lange zögern und muss nehmen, wer mir bestimmt ist. Ich
bitt Euch, erzählt mir vom böhmischen König, dass ich mehr von ihm kennen lerne!«
»Du wirst gern hören, Tochter, dass er jung ist und ein recht schönes Vermögen hat. Auch heißt es, er sei von angenehmer Gestalt und habe dunkle Locken und dichten Bartwuchs. Seine Stellung in Böhmen ist hinreichend gefestigt, wenn auch die ungarische Krone mit ihm um seine Herrschaft rechtet. Er ist, so hört man, ein wacher Kopf – darum will er auch das Glogau’sche Herzogtum, das für ihn günstig ist. Ich mein, du wirst mit ihm zufrieden sein. Schenk ihm
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