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Die Markgräfin

Die Markgräfin

Titel: Die Markgräfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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erobert worden, weder in den Hussitenkriegen noch danach. Mit ihren drei Beringen, den dicken Mauern und Türmen und dem massigen Hochschloss galt sie als uneinnehmbar. Und so sicher die Burg gegen Erstürmung von außen war, so zuverlässig war sie auch als Verwahrungsort für Gefangene. Niemand gelangte ungewollt hinein und niemand hinaus.
     
    Der Zug passierte gegen Abend das Stadttor und die Wagen fuhren in Kulmbach ein. Die Bürger des wohlhabenden Städtchens liefen in den Gassen zusammen oder hingen aus den Fenstern, um einen Blick auf den Markgrafen und seinen Tross zu erhaschen. Vereinzelt erscholl ein halbherziger Hochruf, aber so recht freuten sich die Kulmbacher nicht über die Ankunft
ihres Landesherrn – er hatte sich durch sein bisheriges Auftreten hier nicht viel Freunde gemacht. Die Rekrutierungen für Albrechts Söldnertruppe waren im ganzen Oberland in vollem Gange, und viele junge Männer waren nicht freiwillig mitgegangen, sondern zum Dienst gepresst worden. Kaum einer war gut zu sprechen auf den kriegerischen Zollerngrafen.
    Albrecht schien das nicht zu stören. Ungerührt ritt er hoch erhobenen Hauptes an der Spitze seiner Hofgesellschaft. Auf dem Oberen Markt hielt der Zug kurz an, und der Markgraf nahm gleichgültig die Begrüßung durch eine in Windeseile zusammengestellte Abordnung Kulmbacher Bürger entgegen. Dann ging es weiter, der Zug bog um die Petrikirche, und der steile Anstieg zur Plassenburg hinauf begann.
     
    Barbara spürte, wie ein Zittern sie überfiel. Um sich abzulenken, steckte sie den Kopf aus dem Fenster und ließ ihr Gesicht von dem frischen Luftzug kühlen. Sie sah über den steilen Hang mit seinen Obstbäumen und frisch gepflanzten Weinstöcken auf die Stadt hinunter, wo sich die Leute langsam wieder zerstreuten. Das riesige Äußere Tor der Burg kam immer näher, eindrucksvoll bemalt mit dem Wappentier der Hohenzollern, einem roten Adler auf schwarzem Grund. Und dann öffnete es sich wie ein gefräßiges Maul, um die gesamte Reisekolonne in den Vorhof der Burg zu verschlucken.
    Immer noch sah Barbara aus dem Fenster ihrer Kutsche, während der Zug nach rechts abbog und dem Weg in Richtung auf das Mittlere Tor folgte. An der östlichen Mauer bemerkte sie neben einigen kleinen Fachwerkhäuschen viele ganz einfache Hütten aus Holz – Quartiere für die 150 italienischen Bauleute, die in Albrechts Auftrag die Bastion zum Buchberg hin verstärkten. Mitten im Weg stand ein hölzerner Kran, den der Zug umfahren musste. Mehrere Feuer brannten, um die einige der Italiener lagerten und sich mit fremdartigen Lauten unterhielten. Einen von ihnen hörte Barbara eine eigenartige Melodie singen. Ihr Wagen fuhr durch das Mittlere Tor des zweiten Berings in den inneren Vorhof. Hier lag die Burgschmiede, schon von weitem erkennbar an einem großen Holzkohlehaufen. Barbara spürte den warmen Luftzug im Gesicht, der von der immer noch rot glühenden Esse ausging. Hühner und Ziegen stoben auseinander und Tauben flogen auf, während sich die Reisegesellschaft ihren Weg bahnte. Schließlich passierte auch Barbaras Kutsche das Innere Tor, das in den unteren Bereich des Hochschlosses führte.
    Im Hof wurden gerade die ersten Fackeln angezündet und tauchten die Burg in ein flackerndes gelbes Licht. Die Festung wirkte finster und abweisend wie eh und je, und Barbara schnürte es die Kehle zu. Sie blieb wie versteinert in ihrer Kutsche sitzen, bis ihr Hofmeister Guttenberg den Schlag öffnete.
    »Das Ende der Reise, Herrin!«
    Er sagte es mit einem Lächeln und übersah die Angst in ihrem Gesicht. »Ich habe Anordnung, Euch sofort in Eure Gemächer zu führen.«
    Barbara raffte die Röcke, nahm den Hund auf den Arm und stieg zögernd aus. Der von Guttenberg führte sie die Treppe zum Sagarach hinauf – so hieß, keiner wusste mehr warum, die erhöhte Hälfte des Schlosshofes, die durch ein Geländer vom niedrigeren Hof abgetrennt war. Die Markgräfin stolperte beinahe die Stufen hinauf, so weich waren ihr die Knie geworden. Wortlos folgte sie dem Hofmeister, der einen Röhrenleuchter trug, durch Räume und Gänge, stieg Treppen hinauf und hinunter, bis er vor der Wohnung des Schlossvogts im Westflügel des Hochschlosses stehen blieb. Barbara hatte erwartet, zu den Frauenzimmern geleitet zu werden, und verstand zunächst nicht.
    »Was ist, Guttenberg, wo wollt Ihr hin?«
    »Wir sind da, Euer Liebden.«
    »Ihr scherzt, Hofmeister, hier ist nicht das Frauenzimmer.«
    In Barbaras Brust

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