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Die Markgräfin

Die Markgräfin

Titel: Die Markgräfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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verkrampfte sich etwas.
    »Euer Bruder hat befunden, dass Ihr Quartier in der Hausvogtei nehmen möchtet. Er trägt Sorge, Ihr mögt woanders leicht abhanden kommen, und befiehlt Euch deshalb in die Wohnung des Vogts als einen der sichersten Plätze im Schloss.«
    Der Hofmeister sperrte mit einem großen Schlüssel
das schmiedeeiserne Schloss auf und ließ die Markgräfin eintreten. Die Hausvogtei war wirklich einer der sichersten Orte in der Hochburg. Der Vogt hatte die Schlüsselgewalt über die gesamte Festung. Er nahm nach dem abendlichen Absperren der Tore sämtliche Schlüssel an sich und bewahrte sie über Nacht in seinem Wohn- und Schlafbereich auf, der deshalb mit besonderen Türschlössern vor unbefugtem Eindringen geschützt war.
    Barbara sah sich um. Keine Teppiche, nackte Wände, nur ein winziges vergittertes Fenster.
    »Guttenberg, ich weigere mich, in diesen Räumen zu bleiben.«
    Ihr alter Kampfgeist erwachte wieder.
    »Solche Umgebung lass ich mir nicht zumuten. Ich verlang von Euch als meinem persönlichen Diener, mich in die Frauengemächer zu führen!«
    Guttenberg setzte sein liebenswürdigstes Lächeln auf und breitete kopfschüttelnd die Arme aus.
    »Ich bin zwar Euer Hofmeister, Liebden, doch zuallererst ist der Markgraf Albrecht mein Dienstherr und mein Landesherr. Ich richte mich nach seinen Befehlen, erst dann kommen Euere. Ich kann Euch also kein anderes Quartier zuordnen, es sei denn, Euer Bruder weist mich an.«
    »Er hat Euch nicht zu meinem Hofmeister, sondern zu meinem Kerkermeister bestellt, Guttenberg.«
    »Wenn Ihr es so sehen wollt … «
    Guttenberg zuckte mit den Schultern.
    »Ich will meinen Bruder sprechen. Eure Dienste nehm ich nicht an, ich wünsch Euch nicht mehr in meiner Nähe. Geht und tut ihm darüber Bescheid. Er mög sich mir selber erklären.«
    »Der Markgraf, Euer Bruder, hat verlauten lassen, Ihr sollt ihm nicht unter die Augen kommen, es sei denn, Ihr seid bereit, Euer Dispensgesuch und Eure Verlobung schriftlich zu widerrufen. Entscheidet Ihr Euch, dies zu tun, so könnt Ihr alle Freiheit zurückbekommen und er wird Euch verzeihen. Es liegt also bei Euch.«
    Barbara hätte dem Hofmeister am liebsten ins Gesicht geschlagen, widerstand aber dem Impuls. Stattdessen trat sie mit aller Wut gegen ein zinnernes Nachtgeschirr, das neben ihr am Boden stand. Es flog scheppernd gegen die Wand und rollte quer durchs Zimmer.
    »Ich werde nichts widerrufen, gar nichts«, schrie sie.
    In ihrer Aufregung quetschte sie das Hündchen zu stark, das sich aus ihren Händen wand und in eine Ecke flüchtete.
    »Und wenn er mich mein Leben lang einsperrt, ich geb nicht nach! Mein Versprechen brech ich nicht, da geht mir mein Seelenheil vor! Sag ihm das, du scheinheiliger Wicht, und geh mir aus den Augen! Hinaus mit dir!«
    Barbara deutete mit hoch erhobenem Arm auf die Tür. Ihr Gesicht war weiß wie die Wand und ihre Wangenmuskeln verkrampft, aber sie stand wie eine Statue.
    Guttenberg hatte einen hochroten Kopf bekommen. Er drehte sich auf dem Absatz um und schlug die Tür mit einem dumpfen Krachen hinter sich zu. Dann drehte sich der Schlüssel zweimal im Schloss.
     
    Barbara starrte auf die Tür. Sie ballte beide Fäuste vor Wut und Erbitterung. Wie ein gefangenes Tier im Käfig begann sie in der Vogtswohnung auf- und abzugehen. Sie verspürte einen unwiderstehlichen Drang zu schreien. Draußen hörte sie ein leises Geräusch. Mit ein paar Schritten war sie an der verschlossenen Tür und trommelte mit der flachen Hand gegen die schweren Holzbalken. »Du wirst nicht erleben, dass ich vor dir im Staub lieg, Albrecht, hörst du mich?«, schrie sie. »Täusch dich nicht! Deine Schlechtigkeit und Gemeinheit werden mir nichts anhaben. Und wenn ich hier zugrunde gehen muss, ich krieche nicht vor dir zu Kreuze. Niemals!«
    Ihre Stimme hallte verloren durch die Gänge der Hochburg.

Zweites Buch
    Plassenburg, April 1543
    Ein außergewöhnlich milder Winter war ins Land gezogen. Nicht einmal auf dem unwirtlichen Fichtelberg war der Schnee liegen geblieben, die Weiher waren nicht zugefroren, und die Fronbauern hatten die ganzen Monate über ohne Pause Steine für die Erweiterung der Plassenburger Wehren brechen können. Längst hatte Markgraf Albrecht, der seit seinen militärischen Abenteuern im Dienste des Kaisers immer öfter mit dem Beinamen des griechischen Feldherrn »Alkibiades« bedacht wurde, mit seinem Gefolge die Plassenburg verlassen. Er kämpfte, immerhin als protestantischer

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