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Die Mars-Verschwörung

Die Mars-Verschwörung

Titel: Die Mars-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Macinnis Gill
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auszuhöhlen. Wenn Gerechtigkeit daran bemessen würde, was jeder von uns dem anderen gegeben hat, hätte ich nichts in die Waagschale zu werfen.
    Vienne .
    Ich höre Riki-Tikis Schrei, als der Schuss sie trifft und sie rücklings aus dem Fenster fällt. Ich sehe ihr aschfahles Gesicht, als ich sie zur Oberfläche zurückbringe. Ich schaue über den Fluss und sehe, wie Stains Gesicht zu meinem wird, und grinse höhnisch, wende mich ab und gehe davon.
    Nein! Ich werde nicht davongehen!
    Mein Körper trennt sich von sich selbst und steigt auf in die Luft, frei von jeder Fessel, ungebunden, nur eine Rauchfahne, die von einem erlöschenden Feuer aufsteigt. Er schwebt immer höher, hoch über das Kloster und weit über den Rand der Schluchten hinaus, die gemeinsam Noctis Labyrinthus bilden, und hinein in den Wolkenstrudel am Himmel.
    Dann lasse ich auch die Wolken hinter mir, sodass sie nun eine verschneite Tundra unter meinen Füßen bilden, und das glühende Licht des neuen Tages spaltet den Horizont. Der Riss zwischen Boden und Himmel wird größer. Ich fühle, wie ich im Licht bade, ein Licht, das sich als Gewicht auf meinen Körper legt, und ich falle in die Tiefe. Weit unter mir steht mein Körper hoch aufgerichtet da, die Arme steif an den Seiten, den Kopf in den Nacken gelegt, den Mund zu einem abgebrochenen Schrei weit aufgerissen.
    Ghannouj senkt seinen Stab und schaut zum Himmel, wo ich über ihm schwebe. Mir fällt auf, dass er eine kahle Stelle auf dem Kopf hat, die aussieht wie ein Affenarsch. »Nun musst du in die physische Welt zurückkehren«, sagt er. »Sprich dein Wort des Gebets.«
    Vienne.
    Dann bin ich wieder in meinem Körper. Er fühlt sich fließend an, fast wie Wasserdampf. Als ich hinunter auf meine Füße blicke, ist es, als wären sie gar nicht da.
    Der Balken ist im Gleichgewicht, der Teich ruhig.
    Mein Körper fühlt sich zu schwer an, um ihn aufrecht zu halten. Meine Knie geben nach, und ehe ich etwas tun kann, rutsche ich vom Balken und falle seitlich ins Wasser. Ich sinke bis auf denGrund. Die Stängel der Seerosen füllen mein Blickfeld aus. Luftblasen lösen sich von meinen Lippen, und ich bin zu erschöpft, ihnen Beachtung zu schenken.
    Gerade als mir der Gedanke kommt, es wäre in Ordnung, einfach dort zu bleiben, ergreift Ghannouj meine Arme und schleift mich ans Ufer.
    Keuchend liege ich da und beobachte, wie die Wolkendecke am Himmel aufreißt.
    Die Hände auf die Knie gestützt, beugt Ghannouj sich über mich. Auch er ringt keuchend um Atem.
    »Das tut mir weh«, sage ich, als ich mich aufsetze, noch immer benommen. »Viel mehr, als es Ihnen wehtut.«
    »Das ist wahr, aber du hast eine Form des Glücks erlangt, die sogar mich in Erstaunen versetzt.« Ghannouj legt die Spitze des Stabs an seine Stirn und verbeugt sich. »Unter normalen Umständen würden wir nun ein großes Fest ausrichten, um deine Transzendenz zu feiern, aber ich brauche ein wenig Schlaf, und ich glaube, du musst ein Aerofoil erwischen.«
    Ich reibe mir die schmerzende Stirn. »Muss ich nicht erst mal eines finden?«
    Mit einem perfekten Timing, das Vienne als Kismet bezeichnet hätte, ich hingegen als Theatralik eines listigen alten Mönchs, gleitet ein Aerofoil über uns vorbei. Die langen Tragflächen scheinen sich bis in alle Ewigkeit zu erstrecken, die dualen Luftwirbelmaschinen schnurren am Heck, und der lange Schatten gleitet über die Gärten.
    Ghannouj verbeugt sich erneut. »Ich habe mir die Freiheit genommen, dir die Suche abzunehmen.«

Kapitel 27
    Tengu-Kloster, Noctis Labyrinthus
    Präfektur Zealand
    Annos Martis 238. 7. 29. 05:51
    Das Aerofoil ist gelandet, als Ghannouj das Tor des Klosters öffnet. Noch immer regnet es leicht. Wolken hängen wie eine Schützenlinie am Nordhimmel. Wortlos schließt Ghannouj das Tor hinter mir.
    Ich habe meinen Munitionsgurt mit Extraladungen ausgestattet und ein gereinigtes und geladenes Armalite an der Schulter. Außerdem trage ich Viennes Halskette. Ansonsten habe ich kein zusätzliches Gewicht dabei. Der Flug nach Christchurch ist lang, und ich muss mich mit leichtem Gepäck begnügen.
    Die Arme vor der Brust verschränkt, lehnt Tychon sich an den Flugzeugrumpf, das Fliegerkäppi tief ins Gesicht gezogen. Er hebt den Blick, als er das Pochen meiner Stiefel hört, duckt sich unter eine Tragfläche und öffnet die Luke. Die Kabine ist groß genug für zwei Personen und ein wenig Gepäck. Sie besteht aus klarem Plexiglas, vermutlich, um Gewicht zu sparen, aber der

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