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Die Mars-Verschwörung

Die Mars-Verschwörung

Titel: Die Mars-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Macinnis Gill
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Erbaut am Rande eines Canyons, verfügt das Kloster über eine Vielzahl von Terrassen, die über ein Dutzend Brücken auf dem Gelände erreichbar sind.«
    »Ich bedauere immer mehr«, sage ich seufzend, »dass ich mich in diese Server gehackt habe. Wer hätte gedacht, dass so viel unnützer Mist darauf gespeichert ist?«
    »Ein Mangel an Bildung ist eine gefährliche Angelegenheit«, sagt Mimi.
    »Das macht mir nichts«, sage ich und schabe mir das Insekt von der Zunge. »Ich lebe gern gefährlich.«
    Ich lege den Helm auf den Sitz und ziehe mir die Kapuze über den Kopf. Die Luft ist warm, und der Wind in meinem Gesicht fühlt sich gut an. Vienne folgt meinem Beispiel. Ich beobachte, wie das Licht in ihrem Haar spielt, als sie den Staub herausschüttelt. Kaum zu glauben, dass dies die Regulatorin ist, die Kugeln sammelt wie andere Frauen Schmuck.
    »Vienne hält sich sehr bedeckt in Bezug auf ihre Vergangenheit«, sage ich zu Mimi. »Das gefällt mir nicht.«
    »Es ist ihre Vergangenheit. Was dir gefällt, ist irrelevant.«
    »Wir sind in den letzten sechs Monaten viel zusammen gereist«, widerspreche ich. »Sie hätte wenigstens erwähnen können, dass sie von Mönchen großgezogen wurde.«
    »Und du hättest ihr erzählen können, dass du das Bewusstsein einer anderen Frau als Flash-Clone in deinem Hirn trägst«, sagt Mimi. »Aber mir ist aufgefallen, dass dieses Detail dir ... na ja, irgendwie entschlüpft ist.«
    »Botschaft erhalten und vermerkt.«
    »Da du also zugibst, dass du selbst kein Engel bist«, piesackt Mimi mich ungerührt weiter, »beiß dir mal auf die Lippe, Mister Schmollmund.«
    »Ich schmolle nicht.«
    »Dann gibt es einen anderen Grund, warum deine Unterlippe aussieht, als hättest du in einer Auseinandersetzung mit einem Brecheisen den Kürzeren gezogen?«
    »Eines Tages«, erwidere ich, während ich mich zu Vienne geselle, »werde ich mich in den Hauptrechner einer Botschaft hacken und dir ein paar Lektionen in Diplomatie herunterladen.«
    »Lade bitte auch ein paar Lektionen über den Umgang mit weinerlichen Ärschen herunter«, sagt Mimi. »Ich muss mein Repertoire erweitern.«
    Vienne führt mich über die Brücke, auf der der Schatten des Torbogens die Sonne aussperrt. Sie verbeugt sich tief, und in dem großen Tor öffnet sich eine verborgene Tür.
    Ein zierliches Mädchen erscheint in der Öffnung, angetan mit einer goldgesäumten weißen Tunika über einer weiten Hose mit breiten, bestickten Beinabschlüssen. Das Kind hat ein Koboldgesicht, stacheliges, pinkfarbenes Haar und das Grinsen eines kleinen Teufelchens   – nicht gerade das Aussehen, was ich von einem Tengu-Mönch erwartet habe.
    Mit einem Knarren fällt die Tür wieder ins Schloss. »Meister! Meisterin!«, höre ich das Mädchen schreien. »Ghannouj hatte recht! Sie ist zum Bon nach Hause gekommen. Beeilt euch! Rasch! Rasch!«
    Als ich neben Vienne stehe und meine Augen vor dem Rest Sonnenlicht abschirme, der nicht vom Tor ausgesperrt wird, versuche ich zu begreifen, was da gerade passiert ist. Mir scheint, als hätte ich einen Tanz mitten im Takt unterbrochen und die nächsten Schritte vergessen. »Der kleine Mönch kennt dich?«
    »Oh ja! Das ist Riki-Tiki. Sie kennt mich sehr gut.« Sie hält inne, um über ihre Worte nachzudenken. Dann schaut sie mir ohne das übliche Zögern fest in die Augen. Es ist, als würde etwas in ihrem Innern erblühen, noch während sie spricht. »Sie ist jetzt sechs Jahre alt, aber ich habe sie schon gekannt, als sie noch ein Baby war.«
    A ls sie noch ein Baby war. Viennes Worte bringen mich aus der Fassung. Vielleicht liegt es auch daran, wie sie mich dabei anschaut. Oder es ist ein Stich der Eifersucht, weil es jemanden gibt, der eine tiefere Verbindung zu Vienne hat als ich?
    Unbehagliche Stille breitet sich zwischen uns aus. Das einzige Geräusch stammt vom warmen Wind, der in den Wasserpflanzen spielt, die im Graben rund um das Kloster wachsen. Für eine Art Burggraben, der kaum mehr ist als ein breiter Bach, ist er unerwartet schön, voller Seerosen und Lotusblüten, umrahmt von Rohrkolben, Pfeilkraut und grüner Wasserminze.
    »Riki-Tiki also«, sage ich schließlich. »Sie wusste, dass du kommst?«
    »Ich bin sicher, Ghannouj hat es ihr gesagt.« Vienne zuckt mit den Schultern, als wollte sie sagen natürlich . »Ghannouj weiß alles.«
    »Aha, Ghannouj. Ich höre den Namen zum ersten Mal.« Erst jetzt wird mir klar, dass sie nie eine Mutter oder einen Vater erwähnt hat. Brüder

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