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Die Mars-Verschwörung

Die Mars-Verschwörung

Titel: Die Mars-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Macinnis Gill
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gezogen, das Gesicht gerötet, und ringt um Atem. Neben mir gibt Vienne eine Art Quieken von sich, als sie ein Kichern zu unterdrücken versucht.
    Ghannouj gießt grünen Tee in eine Tasse, legt sie in seine fleischige Handfläche und bietet sie mir an. »Tee?«
    »Ja.« Ich nehme ihm die Tasse ab.
    Der Tee ist heiß. Ich verbrenne mir die Lippen, als ich daran nippe.
    Ghannouj schaut Vienne an und macht eine Geste, dezent genug, dass ich sie beinahe übersehen hätte. Nach einer Verbeugung springt Vienne auf und verlässt das Teehaus. Riki-Tiki und die älteren Mönche folgen ihr. Kaum sind sie außer Sichtweite, höre ich Riki-Tiki in Gelächter ausbrechen. Ihr Lachen klingt wie Glockenschlag, und ich kann mir ein Lächeln nicht verkneifen.
    »Ich hoffe, du hast den Tee genossen«, sagt Ghannouj, als er die Tasse wieder an sich nimmt, nachdem ich sie geleert habe. »Von der Teezeremonie hältst du nicht viel.«
    »Woher wissen Sie das?«
    »Ich wusste es nicht, bis du es bestätigt hast.« Lächelnd weicht er einen Bambusteebesen in einer Tasse ein. »Du bist sehr attraktiv. Nun verstehe ich, warum sie von dir so angetan ist.«
    »Wer?« Ich sehe mich über die Schulter um. »Vienne?
    »Gibt es sonst noch eine junge Frau, die von dir angetan ist?«, fragt er. »Vielleicht gibt es mehrere solcher jungen Frauen.«
    »Glauben Sie das wirklich?« Mein Mund ist plötzlich wieder trocken. »Oder warten Sie darauf, dass ich Ihnen eine weitere Vermutung bestätige?«
    Ghunnouj grinst. »Weißt du, warum ich dich sehen wollte?«
    Ich schüttle den Kopf, obwohl ich die eine oder andere Vermutung habe. »Ich dachte, das wäre eine Art Willkommenszeremoniell.«
    »Glaubst du an Schicksal?«
    »Das ist eine schwierige Frage.«
    »Nein«, widerspricht er. »Die Frage ist einfach. Die Antwort ist schwer.«
    Klugscheißer.
    Ich streiche mit der Handfläche über meine Stirn und hole tief Luft. Glaube ich an Schicksal? Um die Wahrheit zu sagen, ich bin nicht sicher. »Wenn Sie mit Schicksal meinen, dass unser Leben vom Moment unserer Geburt an vorausgeplant ist, dann lautet die Antwort: Nein, das glaube ich nicht. Aber wenn Sie meinen, dass unser Verhalten bestimmten Mustern folgt, die nach einer Weile so vorhersagbar werden, dass sie geradezu unvermeidbar erscheinen, lautet die Antwort ... vielleicht. Wie Shakespeare gesagt hat: ›Nicht die Sterne bestimmen unser Los, sondern wir.‹«
    Ghannouj dreht meine Tasse um. Im Boden stehen die Worte: »Nicht die Sterne bestimmen unser Los, sondern wir.«
    Ich schrecke zusammen, als hätte mich etwas gestochen.
    »Wundere dich nicht«, sagt Ghannouj. »Vielleicht war es unvermeidbar, dass diese Worte hier geschrieben stehen. Vielleicht ist es unvermeidbar, dass du sie aussprichst.«
    »Aber das Zitat ist mir gerade erst eingefallen.«
    »Tatsächlich?« Er schenkt eine ganze Kanne Tee in die Tasse. Der Tee läuft über, bis der Satz am Boden der Kanne sichtbar ist. Er lässt noch mehr Flüssigkeit abfließen, bis nur noch wenige Tropfen übrig sind. Dann starrt er die Neige an und wirbelt den Bodensatz herum. »Nun erkenne ich es.«
    Ich versuche, ebenfalls einen Blick auf die Teeblätter zu werfen. »Was erkennen Sie?«
    »Ich erkenne, dass ich den Tee wieder zu lange habe ziehen lassen.« Er zwinkert mir zu. »Glaubst du wirklich, dass ich die Zukunft im Bodensatz einer Teetasse sehen kann?«
    Und dabei hat er mich beinahe so weit gebracht, diesen Kram zu glauben. »Nein. Niemand kann die Zukunft sehen.«
    »Das habe ich nicht gesagt.«
    »Aber ...«
    »Es braucht keine Teeblätter, um die Zukunft zu sehen. Nicht, wenn die betreffende Person vor einem sitzt. Vienne glaubt an dich, wie sie noch nie an jemanden geglaubt hat. Bald musst du eine Entscheidung treffen. Du wirst zwischen deinen größten und widersprüchlichsten Wünschen wählen müssen. Deine Entscheidung wird bestimmen, welchen Weg dein Schicksal nimmt, nicht das, was irgendjemand dir erzählt.«
    Ich kratze mich am Kopf. »Haben Sie mir deshalb Tee serviert?«
    Sein Gesicht ist wie eine friedliche Seeoberfläche. »Ich habe dir Tee serviert, weil ich dachte, du wärest durstig.«
    »Und welchen Weg soll ich wählen?«
    »Meinst du, welchen Weg du wählen sollst, oder welchen du wählen wirst?«
    »Welcher wird mich glücklich machen?«
    Er nimmt eine Lotusblüte von seinem Tablett. Sie ist rosa, wie die in dem Gewässer, das die Wände des Teehauses umgibt. »›Ich liebe den Lotus, weil er aus dem Schlamm erwächst,

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