Die Marseille-Connection
Geheimorganisation von sadistischen Polizisten gelandet zu sein. Er kannte ein paar davon in Ciudad del Este und wusste genau, denen entkam niemand bei lebendigem Leibe, aber verdammt, das hier war Europa. Bestimmte Dinge durfte es hier nicht geben.
»Was hältst du davon, den Mund aufzumachen?«
Wütend biss Garrincha sich auf die Lippen. Ihm war klar, dass er in diesem Stück bislang die Rolle des Idioten gespielt hatte. Nach den jüngsten Ereignissen zu urteilen, passte sie besonders gut zu ihm, aber vielleicht war jetzt der Moment gekommen, sie anders anzupacken.
»Ich würde sehr gern mit Ihnen reden, Señora, aber haben Sie mir auch etwas zu sagen?«
Sie packte ihn brutal bei den Haaren. »Schau an, du wachst auf, Baby«, flüsterte sie. »Wenn mir gefällt, was du zu erzählen hast, landest du nicht im Knast, sondern ich führe dich in den Straßen von Marseille spazieren, an einer schön kurzen Leine. Das habe ich dir zu sagen. Jetzt du.«
»Wo soll ich anfangen?«
Die Polizistin kramte in ihrer Tasche nach einem Aufnahmegerät. »Bei der ersten Dummheit, die du begangen hast. Du hast alle Zeit, du wirst nirgends erwartet.«
Eine knappe Geste, und Brainard feuerte noch eine Ladung auf ihn ab. Die Dame wartete, bis Esteban sich davon erholte. »Wenn wir annehmen müssen, dass du uns verarschst, dann wird der Teaser dich daran erinnern, dass zu lügen eine Sünde ist. Wie lautet dein wirklicher Name?«
»Esteban Garrincha.«
»Freut mich, Esteban. Ich bin Kommissarin Bernadette Bourdet, und das da sind die Herren Inspektoren Adrien Brainard, Gérard Delpech und Baptiste Tarpin.«
Die Bullen verneigten sich ironisch.
»Wo bist du geboren, Esteban?«
»In Ciudad del Este.«
»Gut. Jetzt erzähl selbst weiter.«
Zur Mittagszeit betrat Kommissarin Bourdet ein Restaurant im alten Hafenviertel. Wie immer um diese Tageszeit herrschte gedrängte Enge. An den Tischen bei der Kasse saßen Männer mit verschlossenen Gesichtern, denen es egal schien, dass sie unverwechselbar aussahen wie Angehörige des organisierten Verbrechens. Einer davon erhob sich und trat ihr taktvoll-freundlich in den Weg.
»Ciao, Ange.«
»Guten Tag, Kommissarin. Armand ist beim Essen.«
»Dann leiste ich ihm Gesellschaft.«
»Ich bringe Sie zu ihm.«
Die Kommissarin zwinkerte der Kassiererin zu, einer Dreißigjährigen mit offenherzigem Dekolleté, die mit einem angespannten Lächeln antwortete. Ange zog einen Vorhang beiseite, der einem kleinen Raum etwas Privatheit schenkte. Das Tageslicht fiel durch zwei kleine Fenster mit dickem Panzerglas hinein. Armand Grisoni tauchte den Löffel in den Suppenteller und blickte schräg in die Zeitung, die neben ihm lag.
»Na, sorgst du für sichere Straßen, Kommissarin?«
»Ich tue mein Bestes. Es sind ja so viele Bösewichte unterwegs …« Die Bourdet setzte sich und reckte die Nasenspitzenach seinem Teller. »Riecht gut.« Sie tunkte ein Stück Baguette gründlich ein, kaute in aller Ruhe, wandte sich dann zu Ange um. »Bist du so lieb und lässt mir einen Teller voll bringen?«
Kopfschüttelnd verließ der Mann den Raum.
»Was hat er denn?«, fragte die Kommissarin.
»Er macht sich Sorgen um deinen Ruf. Bei all den Journalisten, die überall herumschwirren …«
»Wie süß von ihm, aber da braucht er sich keine Sorgen zu machen. Keiner von denen wird es wagen, mir einen Knüppel zwischen die Beine zu werfen.«
»Auch nicht der neue Polizeipräsident?«
Die Frau kicherte. »Die werden sich hüten, ihm auch nur zu erzählen, dass es mich gibt.«
Ein alter Kellner brachte die Suppe und Besteck.
»Wie ich sehe, hast du Marie-Cécile zur Kassiererin befördert.«
»Ich habe sie von der Straße geholt. Da war sie schon viel zu lange, außerdem ist sie ein gutes Kind und weiß sich an ihrem Platz zu halten.«
»Ja, auf Knien, und ganz sicher nicht zum Beten.«
»Du hast dich auch schon mit ihr vergnügt.«
»Zugegeben, das stimmt. Ich habe sie mehr als einmal in meinen Wagen einsteigen lassen, aber ich habe immer bezahlt. Ich bin keiner von den Bullen, die sich gratis von den Nutten bedienen lassen.«
Armand wartete ab, bis die Polizistin ihren Löffel ablegte.
»Was willst du mir sagen, B.B.?«
Grisoni war einer der wenigen, die sie mit diesem Spitznamen ansprechen durften. Man hatte ihn ihr verliehen, als sie bei der BAC angefangen hatte, der Brigade Anti-Criminalité.Sie war hässlich, aufsässig, bösartig und lesbisch. Mit Brigitte Bardot hatte sie tatsächlich nichts
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