Die Marseille-Connection
gemein als die Initialen.
»Ich hab einen Südamerikaner im dreizehnten Bezirk eingeführt und glaube, er wird auffallen. Sag deinen Jungs, sie sollen ihn mir am Leben lassen.«
»Einverstanden. Und du denkst an mich?«
Sie schob den Stuhl zurück und stand auf. »Wie immer. Dich aus dem Knast rauszuhalten, ist mein schönster Lebenszweck, Armand.«
ZWEI
Das Penthouse war geräumig und leer. Sosim Katajew trat auf die Terrasse und genoss den Ausblick über den Vieux-Port. Trotz der Novemberfrische war er in Hemdsärmeln, denn so kalt war es nicht, außerdem war er ganz andere Temperaturen gewöhnt. Marseille war viel besser als gedacht, dennoch hätte er Zürich bevorzugt, wo er sich nicht so einsam gefühlt hätte. Er war ins erste Maklerbüro gegangen, das er beim Hotel gefunden hatte.
»Gegenwärtig haben Sie da nur die Qual der Wahl«, sagte der Makler, nachdem man ihm auf Englisch erklärt hatte, dass dieser Aleksandr Peskow – den Namen hatte der FSB Sosim verpasst – zwei Luxusimmobilien von je rund dreihundert Quadratmetern erwerben wollte, die eine zu Wohnzwecken, die andere als Sitz der Gesellschaft, die er demnächst zu gründen plane.
Nachdem die Bonität des Kunden überprüft war, hatte der Makler ihm schleunigst die zur Verfügung stehenden Objekte gezeigt. Sosims Hauptkriterium war Tempo, und dank einer rekordschnellen Blitzüberweisung der Bankmitarbeiterin, die sein Konto in Zürich verwaltete, besaß er bereits gegen Abend die Schlüssel.
Er hatte sich enorm gefreut, die Stimme von Sunil zu hören,seinem besten Freund, der bald hier eintreffen würde. Und dann sollte das Abenteuer endlich losgehen. Einer anderen Begegnung sah er eher beklommen entgegen, aber bis er diese Person würde treffen können, musste er noch einige Zeit warten.
»Ich bin Aleksandr Peskow«, sprach er in die Nacht und wiederholte den Namen ein gutes Dutzend Male, bis er ihm vertraut war und er sicher sein konnte, sich nicht zu vertun. Er machte eine letzte Runde durch die Räume, bei der er die Lichter ausschaltete, dann ging er zu Fuß ins Hotel zurück, wo er sich fürs Fitnessstudio umzog. Dort bestieg er zielstrebig das Laufband und lief los. Sosim liebte es zu laufen. Er liebte die Geschwindigkeit.
Von Kindesbeinen an hatte er nur inneren Frieden finden können, wenn er bis zur Erschöpfung lief. Mit der Zeit hatte sich das geändert. Heute diente es ihm zur Bestätigung seiner Siegesgewissheit. Und seiner Freiheit.
Punkt neun Uhr früh am nächsten Morgen war Sosim wieder in der Wohnung und erwartete die Innenarchitektin.
»Juliette Fabre«, stellte diese sich in der Tür vor, eine Matrone mit angenehmem Gesicht und großen grünen Augen. Im Schlepptau hatte sie vier Assistentinnen verschiedenen Alters.
»Bitte, treten Sie ein.«
»Sonst nehme ich eigentlich keine russischen Kunden an, aber mein Freund hat derart darauf gedrängt …«
»Warum denn das?«, erkundigte sich Aleksandr amüsiert.
»Weil sie keinem Rat zugänglich sind und mit ihrem protzigen Geschmack alles kaputtmachen.«
Peskow legte sich die Hand aufs Herz. »Madame Fabre,von mir aus haben Sie völlig freie Hand. Mir ist nur wichtig, dass es schnell geht.«
»Aha, hübsch und sofort, was?«, meinte sie.
»Genau.« Er überreichte ihr einen dick mit Geldscheinen gefüllten Briefumschlag. »Das ist der Vorschuss. Leider in bar, verzeihen Sie, aber ich hatte noch keine Zeit, zur Bank zu gehen und Schecks zu holen.«
Das Geld verschwand in ihrer geräumigen Handtasche. »Das ist kein Problem, seien Sie unbesorgt.«
Ein Wink, und die Assistentinnen begannen, die Wohnung auszumessen, sie aus allen möglichen Blickwinkeln zu fotografieren und Skizzen anzulegen.
»Also, hier werden wir eine sehr französische Einrichtung vornehmen, mit ein paar mediterranen Akzenten, die Büros habe ich zwar noch nicht gesehen, aber ich denke da an etwas Zeitgemäßes, Stahl, Glas und weißes Holz, und als Kontrast das eine oder andere Büromöbel aus den Fünfzigern.«
»Das klingt ganz ausgezeichnet«, meinte der Russe und empfahl sich.
Juliette Fabre blickte ihm nach. Ein gutaussehender Mann und für einen Barbaren ganz umgänglich. Woher er all das Geld hatte, fragte sie sich nicht. Heutzutage gab es so gut wie keine begüterten Kunden mehr, bei denen man wirklich wissen wollte, woher ihr Vermögen stammte.
Aleksandr Peskow nahm in der Filiale einer italienischen Café-Kette Platz, bestellte sich einen Cappuccino und holte sich eine Zeitung, »La
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