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Die Marseille-Connection

Die Marseille-Connection

Titel: Die Marseille-Connection Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Massimo Carlotto
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neu investieren, mit einer anderen Risikomarge«, dachte sie laut nach. »Nicht nur wirtschaftlich gesehen …«
    »Die einzige Lösung ist, das Geld in die richtigen Kreisläufe einzuspeisen und nicht nur in Sunils und Giuseppes Projekte zu pumpen.«
    »Dazu werden wir Mittelsmänner brauchen.«
    »Der FSB hat angeordnet, ich solle vor Ort Beziehungen aufbauen, mit Finanzwelt, Wirtschaft, Politik.«
    »Ich sehe gleich morgen die Liste unserer Konteninhaber durch und schlage dir ein paar Kandidaten vor.«
    Inez stand auf und setzte sich ihm auf den Schoß. »Warum haben wir kein Glück, Sosim?«
    »Ich heiße jetzt Aleksandr. Sosim gibt es nicht mehr, wenn du mich weiter so nennst, schaffe ich es nie, jemand anderer zu werden.«
    »Gut, also Aleksandr. Aber jetzt antworte.«
    Der Russe goss sich Wein ein, den er dann aber nicht trank. »Es geht nicht um Glück, sondern um mein Schicksal. Erst war ich persönliches Eigentum eines Mafiabosses, jetzt gehöre ich einem Geheimdienstgeneral und seiner psychopathischenGeliebten. Von dem einen habe ich mich befreien können, wenn ich das mit den beiden anderen auch schaffe, können wir endlich das Leben führen, das wir wollen.«
    »Vögelt dich diese Ulita eigentlich noch immer?«, fragte Inez angewidert.
    »Jedes Mal, wenn sie will«, antwortete er nüchtern. »Und du, mit wem gehst du ins Bett?«
    »Mit Typen, die dir ähnlich sehen, dann kann ich mir vormachen, ich wäre mit dir zusammen.« Inez stand auf und ging zu ihrem Sessel zurück. »Weißt du noch, was ich dir am letzten Abend in Leeds gesagt habe?«
    »›Wir lieben uns, aber wir sind auch Komplizen‹«, zitierte Aleksandr. »›Sex and Crime. Wenn das unser Weg sein soll, bin ich bereit, ihn bis ganz zum Ende mitzugehen.‹«
    »Schon ein bisschen pompös«, sagte Inez. »Es sollte den Schmerz lindern, als du gingst, das war nicht leicht … Aber genau das ist jetzt unsere Realität. Und ich bin wirklich bereit, bis ganz zum Ende mitzugehen.«
    Sie gingen wieder ins Bett und lagen lange eng umschlungen schweigend da.
    Esteban Garrincha humpelte im 13. Arrondissement von Marseille auf eine Zeile mit baufälligen Mietshäusern zu. Seine Hoden schmerzten derart, dass er mit leicht gespreizten Beinen gehen musste. Er war völlig fertig und ausgehungert; nach der Gefangenschaft in diesem nach Fisch stinkenden Loch hatte er zudem jedes Zeitgefühl verloren. Diese Polizistin hatte darauf Wert gelegt, dass ihm restlos klar war, wie er sich zu verhalten hatte. Dieses Viertel wollte ihm überhaupt nicht gefallen, hier herrschte dieselbe Armut und Verzweiflung wie dort, wo er herkam. Einige Grüppchen von maghrebinischenjungen Männern verfolgten ein illegales Motorradrennen und musterten ihn misstrauisch. Ein paar von ihnen umkreisten ihn mit ihren Vespas. Esteban ignorierte sie und hielt geradeaus auf sein Ziel zu. Bei der entsprechenden Hausnummer angelangt, ging er hinein und stieg in den dritten Stock, zu Fuß. Der Aufzug wurde von anderen jungen Männern bewacht, und er hatte kein Lust, erst um Erlaubnis zu fragen. Er hatte den Schlüssel für Apartment Nr. 16 erhalten, das sich als ein verdrecktes, stinkendes Zimmer erwies. Mit einem Fußtritt schloss er die Tür und beeilte sich, das einzige Fenster zu öffnen. Anders als der Russe war Garrincha keine Kälte gewohnt, und die Feststellung, dass der Heizkörper eiskalt war, hob seine Laune nicht gerade.
    »Scheißpolizistin!« Er knirschte mit den Zähnen. Ein übleres Loch als das hier hatte sie wohl nicht gehabt.
    Jemand klopfte dringend an die Tür. Als er sie aufmachte, sah Esteban sich einem Dutzend Halbstarker gegenüber. Der augenscheinliche Anführer stieß ihn vor die Brust und kam herein, von den anderen gefolgt.
    »He, wer bist du, verdammt, und wer hat dir erlaubt, hier reinzugehen?«
    »Ein Freund hat mir den Schlüssel gegeben«, sagte Esteban auf Spanisch.
    Der Typ drehte sich zu seinen Freunden um. »Der spricht ja nicht mal Französisch!«
    »Wird ein Kumpel von dem Idioten aus Bolivien sein, der sich von den Bullen mit einer Lieferung Koks hat erwischen lassen.«
    »Pass auf, hier haben wir das Sagen, der Clan des Gitans. Merk dir das, und die Miete geht an uns.« Der Typ rieb Daumen und Zeigefinger aneinander.
    Garrincha schüttelte den Kopf. Er hatte keinen Cent bei sich.
    Die Jungs stießen ihn zu Boden und durchsuchten seine Taschen. Dass er die Wahrheit gesagt hatte, ersparte ihm nicht eine Reihe von Tritten. Er schützte Kopf und Hoden, so

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