Die Marseille-Connection
hinunter.
B.B. und ihr Team waren unweit postiert. Sie hatten den Schuss und das Geschrei gehört, hielten sich aber zurück, um Garrincha und seinen Leuten nicht begegnen zu müssen, doch sobald sie diese aus dem Haus kommen sahen, sprangen die Inspektoren mit Pumpguns bewaffnet aus ihrem Wagen und verschwanden im Eingang. Die Kommissarin zog sich ihren hellgrünen Mantel über und folgte ihnen in aller Ruhe. Ohne die Pistole, die sie lässig in der Hand hielt, hätte man sie für eine friedliche Dame mittleren Alters halten können.
Als sie mit dem Aufzug im fünften Stock eintraf und Blagas Eltern an dessen Leichnam weinen sah, wurde ihr schlagartig klar, dass sie einem Irrtum ihres Informanten aufgesessen war. Hier fand keine Party mit Nutten statt, sondern ein Familienfest. Gogu war tot, insofern war eines der Ziele der Aktion erreicht, aber das wichtigere, nämlich Babiche zu befreien, war kläglich misslungen.
»Bestell die Kripo her«, befahl sie Brainard, der ebenso wie seine beiden Kollegen wachsam dastand, aber nicht recht wusste, was er tun sollte. Dann deutete sie auf den Mann: »Gogu Blaga war dein Sohn?«
»Ja«, antwortete er und versuchte, seiner Frau auf die Beine zu helfen.
»Ich habe mit dir zu reden.«
»Nachher. Jetzt habe ich keine Zeit.«
»Du solltest lieber hören, was ich zu sagen habe, sonst beantrage ich dermaßen viele gerichtsmedizinische Untersuchungen, dass ihr ihn frühestens in einem halben Jahr zurückbekommt.«
Der Mann bedachte sie mit einem hasserfüllten Blick. Dann stand er auf und bedeutete ihr mit einer Geste, ihm in die Wohnung zu folgen.
»Ich suche ein Mädchen namens Babiche. Dein Sohn hat sie entführt, jetzt schafft sie für ihn in irgendeiner Wohnung an.«
Der Mann setzte zu einer Antwort an, aber sie hob die Hand.
»Ruhe. Ich will nichts hören von wegen was für ein guter Junge Gogu war und so ein Scheiß. Ich will Babiche, jetzt sofort. Sonst nehme ich deine Frau mit, wegen Mord. Ich wette, ihre Fingerabdrücke sind die einzigen auf eurem Sohn.«
»Das kannst du nicht machen«, schnaubte der Mann.
»Und ob ich das kann. Ich kann auch dafür sorgen, dass sie in einer Hochsicherheitszelle landet, mit lauter Huren und Drogensüchtigen, und eine Spezialbehandlung bestellen. Bis sie da rauskommt, hat sie so viel lecken müssen, dass ihr die Zunge abfällt.«
»Sie ist unschuldig, das weißt du.«
»Und du weißt, dass ich sie sechsundneunzig Stunden da drin behalten darf, bevor ein Anwalt sie rausholen kann.«
Der Mann schien kurz davor, auf sie loszugehen, und sie hinderte ihn daran, indem sie ihm die Pistole auf die Stirn setzte. »Immer mit der Ruhe.«
Der Rumäne atmete tief durch. »In Ordnung. Ich muss telefonieren.«
Er ließ sich das Mobiltelefon eines Verwandten geben und trat ein paar Meter beiseite. Das Gespräch dauerte nicht einmal eine Minute.
»In einer Stunde steht sie auf der Ecke Boulevard Bon-Secours und Rue de la Carrière.«
Von ihren Männern gefolgt, zog B.B. ab. Draußen trafen sie auf das Einsatzkommando; eben legten sich die Männer kugelsichere Westen an.
»Die werdet ihr nicht brauchen«, sagte die Kommissarin.
»Wie viele Tote?«, fragte ein alter Hase aus dem 13. Arrondissement. »Brainard, du hast gesagt, nur ein Rumäne?«
»Heißt wahrscheinlich Gogu Blaga«, antwortete der Inspektor. »Ein Messerstich im Rücken, eine Kugel in der Brust.«
»Ein Familienfest, scheint ziemlich hoch hergegangen zu sein«, schaltete B.B. sich ein. »Vielleicht hat es ein Wort zu viel gegeben, und die Situation ist außer Kontrolle geraten.«
Die Bourdet verabschiedete sich. Auch von ihren Männern. Sie wollte Babiche abholen. Als sie am vereinbarten Ort ankam, wartete das Mädchen schon. Sie war in einem beklagenswerten Zustand und konnte sich kaum auf den Beinen halten. Die Kommissarin half ihr ins Auto und brachte sie in eine Privatklinik, wo man ihr mehr als einen Gefallen schuldete.
Dann rief sie Xixi an. »Babiche ist in Sicherheit, und Gogu Blaga weilt leider nicht mehr unter uns«, teilte sie ihr mit. »Hast du Armand meine Nachricht bestellt?«
»Ja.«
»Und, was sagt er?«
»Dass ich nicht mit dir ins Bett muss, wenn ich nicht will.«
»Und, willst du?«
»Nein, B.B.«
»Warum?«
»Du bist hässlich. Du gefällst mir nicht.«
Bernadette Bourdet lachte laut heraus und legte zufrieden auf. Armand und Xixi waren beide in Ordnung. Die Welt war doch nicht so schlecht. Sie fuhr ins Prostituiertenviertel, lud eine in
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