Die Marseille-Connection
sicher erklären … Die Rumänen zählen doch keinen Scheißdreck, besser, wir würden ein paar Araber am Arsch kriegen. Dieser Ahmed zum Beispiel, der fast das gesamte Viertel kontrolliert, der ist wirklich gefährlich, und seine Leute schauen mich an wie den letzten Dreck. Wenn ich da ein bisschen draufhalten und ein paar abschießen dürfte, das wäre gut, und niemand würde auf uns kommen …«
»Aus den Territorialkämpfen halt dich raus«, gebot sie ihm. »Das überlebst du nicht einen Tag, und ich kann dich nicht beschützen. Du tust, was ich dir sage, und mit der Zeit wirst du der Boss von den Latinos … vorausgesetzt, du lernst anständig Französisch und hörst auf, dich anzuziehen wie ein Immigrant, der gerade vom Bananenfrachter kommt.«
Garrincha stieg wortlos aus. Es stimmte einfach nicht, dass er schlecht gekleidet war. Freilich, nicht so elegant und modisch wie in Ciudad del Este, wo er ganz andere Mittel zur Verfügung hatte und außerdem jede Menge Händler nur darauf warteten, Carlos Maidanas Stellvertreter einen Gefallen zu tun. Mit einiger Mühe vertrieb er die nostalgischen Gedanken.
Als er zu Hause eintraf, berichtete Rosario ihm, dass man den kleinen Pedro umgebracht hatte. Das hatte er nicht erwartet. »Wer war das?«, fragte er.
»Die Junkiebraut, die du gevögelt hast. Nicht dass du dir bei der was eingefangen hast, und dein Schwanz ist jetzt infiziert.«
Er sagte, sie solle mit der Kleinen schlafen gehen, und sie konnte ihre Erleichterung nicht verbergen. Esteban überlegte, wie ein Boss in so einer Situation zu reagieren hatte. Einerseits hatte er selbst Pedro in die Scheiße geritten, andererseits war der Junge ein Südamerikaner gewesen, und die Nigger mussten lernen, dass sie sich an den Latinos nicht zu vergreifen hatten. Er rief Pablo.
Der Schwarzen tat es um den Jungen leid. Sie konnte ihn nicht aus dem Kopf bekommen und hatte sich ringsum etwas Heroin zusammengebettelt, das war ihr einziger Freund und sollte ihr helfen zu vergessen, wie hoffnungslos ihr Leben war. So war sie völlig zugedröhnt, als die drei jungen Männer in ihre Wohnung eindrangen und sie aus dem Fenster warfen.
Um fünf Uhr nachmittags, kurz nach Sonnenuntergang, versteckten sich Garrincha und seine Männer auf dem Dach des Hauses, in dem Blaga wohnte. Vier Stunden später gingen sie hinunter in den fünften Stock, wo sie sich hinter der Tür duckten, die zur Feuertreppe hinausführte. Aus Wohnung Nr. 422 waren Gelächter und Musik zu hören. Aus dem Aufzug kam ein Kahlköpfiger von rund fünfunddreißig Jahren in einem schrillen Anzug, das Hemd auf der Brust geöffnet, dazu Schmuck und Tattoos. Esteban erkannte ihn sofort: Gogu Blaga persönlich. Er hielt eine langbeinige junge Frau auf schwindelerregend hohen Absätzen mit roten Netzstrümpfenim Arm. Cerdolito schluckte vernehmlich anerkennend. Gogu und die Frau lachten und flüsterten einander etwas ins Ohr, dann blieben sie im Flur stehen und küssten sich. Garrincha zog sich die Sturmhaube über – sofort taten die anderen es ihm nach – und sprang auf das Paar zu, ein Messer in der Rechten, eine Pistole in der Linken. Gogu sah ihn aus dem Augenwinkel kommen, stieß die Frau weg und versuchte, die Wohnungstür zu erreichen, doch Garrincha stieß ihm die Klinge in den Rücken und zog sie abwärts. Gogu brüllte auf und drehte sich derart kraftvoll um, dass das Messer Garrinchas Hand entglitt und er ihm mitten in die Brust schießen musste. Schlagartig herrschte in der Wohnung Stille, und ein paar Männer erschienen in der Tür, festlich gekleidet, das Gesicht vom Essen und Tanzen erhitzt. Und Pistolen in der Hand. Der Älteste von ihnen, ein kleiner Stämmiger in den Sechzigern, schob sich zwischen den anderen hindurch und kam heraus. Er zückte den Zeigefinger und deutete auf Garrincha:
»Lass mich deine Stimme hören, damit ich dich finden und umbringen kann!«, rief er auf Französisch mit starkem rumänischen Akzent.
Die Latinos machten sich feuerbereit, doch da stürzte eine Frau aus der Wohnung und warf sich auf die Leiche.
»Gogu, mein Sohn!«
Jetzt befand sich die Mutter in der Schusslinie, und der alte Rumäne winkte seinen Männern, nicht zu schießen. Er hatte einen Sohn verloren, auch noch seine Frau sterben zu sehen, das wäre zu viel gewesen.
Esteban gab seinen Männern ein Zeichen zum Rückzug. Sie blockierten die Tür der Feuertreppe, indem sie einen Stahlstab in die Griffe schoben, und flogen buchstäblich die Stufen
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