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Die Marseille-Connection

Die Marseille-Connection

Titel: Die Marseille-Connection Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Massimo Carlotto
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der Stadt sind, werde ich sie finden, aber der Auslandsgeheimdienst darf auf keinen Fall erfahren, dass ich Bescheid weiß.«
    Grisoni nahm die DVD aus dem Laufwerk und hielt sie ihr hin.
    »Danke, B.B.«
    Als die Kommissarin in ihren Wagen stieg, war es fast halb sieben Uhr morgens. Sie fuhr in ein Nachbarviertel zu einer Bar, in der die Huren nach der auf der Straße verbrachten Nacht zu frühstücken pflegten. Rund ein Dutzend von ihnen saß an den Tischen, umgeben von Tassen, Croissants, Handtaschen und übereinandergelegten Mänteln. Ermattete Gesichtszüge, verschmierte Schminke, zerwühlte Frisuren, Geruch nach Menschen, Schweiß und billigem Parfüm, darunter der süßliche Duft der Feuchtkondome und der herbe des Tabaks. Einige von ihnen kannten die Kommissarin, waren aber zu müde, um zu lächeln.
    Als B.B. sich an den Tresen setzte und einen Espresso bestellte, fiel ihr Blick auf eine Neue, die mit dem Strohhalm Milchkaffee trank. Sie war jung und schien aus Osteuropa zu stammen. Sie winkte sie zu sich. Die junge Frau stand widerwillig auf und kam zu ihr geschlurft.
    »Was hast du jetzt vor?«, fragte die Bourdet.
    »Schlafen gehen«, lautete die Antwort in unsicherem Französisch.
    »Wir könnten zusammen schlafen.«
    Die junge Frau wusste nicht recht. Sie drehte sich nach zwei Männern um, die sie von einem Tisch nahe beim Ausgang beobachteten, ein dünner Eleganter und ein Dicker mit Lederjacke. Wie aus dem Handbuch: der Lude und sein Gorilla. Der Zuhälter gab seinem Handlanger einen Ellbogenstoß, und der Dicke stand auf.
    »Was bist du denn für eine?«, fragte er die Bourdet in provokantem Tonfall. »Sozialarbeiterin? Heilsarmee? Eine Fotzenschleckerin mit Überstunden?«
    Die Frauen mussten laut lachen. Der Mann drehte sich um und erkannte an ihren warnenden Gesten, dass er eine Polizistin nervte.
    »Scheiße, Entschuldigung, aber du wirkst wie meine Tante«, sagte er.
    »Verpiss dich, Idiot«, zischte die Bourdet. »Siehst du nicht, dass ich mit der Dame rede?«
    Der Mann gehorchte und ließ sie allein.
    »Ich würde dich gern mitnehmen«, sagte B.B. sanft. »Wenn du allerdings etwas anderes vorhast oder nicht magst, muss es nicht sein.«
    Die junge Frau zuckte mit den Schultern, und B.B. beschloss, es sein zu lassen.
    »Du hast früher mal besser gewusst, was für Kätzchen zusammenpassen«, rief eine mit tizianroten Haaren, stand auf und verpasste sich selbst einen Klaps auf den Hintern. »Was willst du denn mit so einem Hühnchen, das wer weiß wo herkommt?«
    Sie kannte sie. Ninette hieß sie und war um die vierzig Jahre alt.
    »Ich dachte wohl, gewisse lokale Schönheiten sind auch nicht mehr das, was sie mal waren«, entgegnete die Bourdet lächelnd.
    »Was denn, was denn? Ich bin frisch wie eine Rose!«, sagte die Rothaarige, was einen Heiterkeitsausbruch bei ihren Kolleginnen bewirkte.
    Sie griff nach ihrer Handtasche und ihrem Mantel und kam auf die Polizistin zu.
    »Solange du mich nicht in irgendein Drecksloch mitschleppst«, sagte sie. »Ich habe die ganze Nacht durchgearbeitet.«
    »Ist meine Wohnung recht?«
    Sie schliefen Arm in Arm ein und wachten frühnachmittags auf. Eine Kleinigkeit zu essen, dann etwas Sex, langsam und ruhig. Ninette bestand darauf. Später ein langes Bad, Geplauder, dann und wann ein Lachen.
    B.B. rief ihr ein Taxi und zahlte wie stets doppelt. Als sie ihr Handy wieder anmachte und ihre Männer zum Pizzaessen einlud, hatte sie bereits einen genauen Plan im Kopf. »Pizza« war ihr Codewort für eine illegale Aktion, eine, die ins Gefängnis führen konnte. Jedem stand frei, daran teilzunehmen oder nicht, allerdings war keiner ihrer Inspektoren je ferngeblieben, und sie war sicher, dass das diesmal auch nicht der Fall sein würde.
    Sie trafen sich im Chez Maria am Boulevard Leccia. Rasch und präzise schilderte Kommissarin Bourdet ihr Vorhaben. Adrien Brainard grinste voller Vorfreude, und die beiden anderen taten es ihm gleich.
    »Diesmal klappt es, Chef!«, sagte Baptiste Tarpin und goss sich einen großzügigen Schluck Rotwein ein.
    »Wir kriegen sie an den Eiern«, meinte Gérard Delpech.
    »Mag sein. Freuen wir uns nicht zu früh«, mahnte die Kommissarin. »Ich habe die Zeitungen gelesen. Die Geschichte mit den terrorverdächtigen Kurden hat dem Mord an den Mexikanern die Aufmerksamkeit gestohlen.«
    »Stimmt, diesmal regt sich niemand über den Territorialkrieg auf«, bestätigte Tarpin. »Außerdem, drei illegale Mexikaner, wen interessieren die

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