Die Marsfrau
es sich besser. Unsere
Gegend ist schön! Hier, ich habe Nüsse, wir werden
Eichhörnchen füttern.“ Sie kramte geschäftig und eine Weile
erfolglos im Schrank, zeigte damit, dass es in dem Möbelstück
nicht sehr ordentlich zuging, was sie Sylvester noch
sympathischer machte.
Als sie wieder auf dem Korridor standen, fiel Sylvester ein,
dass er außer einem Kopfnicken noch nichts von sich gegeben
hatte. Auch Alina hatte nichts gesagt, offenbar wirkte diese
Frau auf sie ähnlich wie auf ihn. Er hatte schon öfter
festgestellt, dass bei ihnen Meinungsverschiedenheiten über
Frauen nur dann auftraten, wenn diese Frauen etwa Alinas
Jahrgang entsprachen.
Solange sie sich im Hause befanden, ging Conny Higgs
flotten, wiegenden Schritts vor ihnen her. Draußen schlug sie,
sich zwischen ihnen einordnend, einen breiten Kiesweg ein,
der in den Wald auf eine Anhöhe führte. Das flache
Institutsobjekt blieb hinter ihnen, verschwand alsbald zwischen
den Bäumen.
„Wie habt ihr mich überhaupt gefunden? Ich bin ein
Vagabund geworden, seit damals die Arbeit im Norden
aufhörte. Schade. Dort ist es zwar landschaftlich nicht so
schön, das Klima ist rauer, aber gefallen hat es mir.“
„Was machst du hier?“, fragte Alina.
„Etwas entfernt Artverwandtes zu der früheren Tätigkeit. Ich
stelle über die Jahreszeiten vergleichende Betrachtungen zur
Entwicklung der Mikroflora und -fauna in den künstlichen
Seen an. Ihr wisst, es gibt eine Menge solcher Gewässer. Heute
hier messen, zählen, ein paar Wochen später dort. Ich bin mein
eigener Herr, überall finde ich die besten Arbeitsbedingungen
vor. Interessante Sache…“
Die Frau ist schrecklich einsam, empfand Sylvester. Hat sich
in ihre Arbeit vergraben und ist zum Eigenbrötler geworden.
„Der Sinn des Ganzen?“, fragte er.
„Gesunderhalten dieser Gewässer. Als Trinkwasserreservoire
und überhaupt.“
Sie erreichten die Anhöhe. Hier standen Bänke und ein
Pavillon, dessen Außenwände, die jetzt herabgelassen waren,
der reinen Luft Zutritt gestatteten und wo man sich in
bequemen Sesseln entspannen konnte.
Sie nahmen ein Erfrischungsgetränk und setzten sich so, dass
sie den Blick auf das Angarameer durch eine scheinbar
natürliche Schneise frei hatten.
„Und was macht eure Arbeit?“, fragte Conny Higgs.
„Nun ja“, Sylvester zögerte. „Es könnte schneller gehen, aber
ausschließlich aus meiner Sicht. Und so bitte ich dich, meinen
Besuch als ganz privat aufzufassen; ich habe Urlaub. Ich bin
aber der Meinung, dass uns deine Erfahrungen weiterhelfen
könnten.“
„Wenn du das nicht überschätzt!“, erwiderte sie.
„Mir scheint jeder kleine Hinweis wichtig; denn – was dir
vielleicht unbekannt ist – wir haben die Arbeit an der Faunella
wieder aufgenommen, ohne eure Ergebnisse umfassend zu
kennen. So ist die Situation. Erspare mir, Gründe dafür zu
nennen, die kennt nur Ramona-Ros.“
„Regiert also immer noch, die Unentwegte. Hat sie den
Schlag mit Anne überwunden… Ich finde schon merkwürdig,
was du mir über eure Arbeit sagst.“ Conny Higgs trank einen
Schluck. Nach einer Weile fuhr sie in verändertem Tonfall
fort: „Allerdings sähe ich keinen Grund, dir nicht zu sagen,
was ich weiß. Konkrete Aufzeichnungen wirst du von mir
sicher nicht verlangen. Ich habe keine. Ausgeschieden bin ich,
bevor die Arbeiten abgebrochen wurden.
Was sie danach in Bezug auf die Ergebnisse festlegten,
betrifft mich also nicht. Was willst du wissen?“ Sie lehnte sich
zurück, bereit, freimütig von damals zu berichten.
„Am besten, du beginnst einfach, ich frage dann.“
Auch Alina hatte es sich im Sessel bequem gemacht.
„Spätestens jetzt“, dachte Sylvester, „kann ich ihr beweisen,
dass ich keiner Marotte fröne.“
Als hätte sie seine Gedanken erraten, nickte sie.
„Wir hielten einhellig die Chlorella minutissima für geeignet,
in tierische Zellen zu integrieren“, begann Conny Higgs. „Wir,
das waren die Mitglieder des Bearbeiterteams, an der Spitze
Anne, Allan Nagy als Operateur, drei Laboranten und ich.
Aufgabe war, in das Zellplasma die Alge einzulagern, sie dort
lebensfähig zu halten und synchron in den Prozess der
Zellteilung mit einzubeziehen. Das hört sich, wie du weißt, viel
einfacher an, als es ist. Nagy fand die Position in den DNS, wo
eine Synthese der Flora- und Faunabestandteile möglich
wurde, ohne unerwünschte Mutationen hervorzurufen. Die
Faunella war geboren.
Übrigens, Allan Nagy habe ich in der Zwischenzeit
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