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Die Marsfrau

Die Marsfrau

Titel: Die Marsfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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ein
einziges Mal getroffen. Er verhielt sich sehr seltsam.
Nun, ihr werdet heute keinen anderen Weg gehen als wir
damals. Ihr könnt euch denken, wie stolz wir waren und was
für einen Elan das gab! Eine Erfolgssträhne setzte ein. In
kurzer Zeit gelangen komplizierte Versuche. Es war wie ein
Rausch. Es herrschte Freude – im kleinen Kreis, denn die
Arbeiten zählen zur Kategorie A, sind also der Öffentlichkeit
zunächst nicht zugänglich. Ja, große Freude herrschte, als das
erste assimilierende Schwein in unserem Koben quiekte. Doch
damals schied ich aus dem Institut aus.“ Conny Higgs sah von
Sylvester auf Alina und fügte hinzu: „Das ist eigentlich alles.“
„Ist es unangemessen, wenn ich frage, warum du dort
aufgehört hast?“
Die Higgs lächelte. „Nein. Ich habe nie ein Hehl daraus
gemacht. Vielleicht bin ich altmodisch. Ich konnte es mit
meinem moralischen Empfinden nicht vereinbaren, dass eine
natürliche Entwicklung, wie sie das Vorhandensein von
tierischen und pflanzlichen Zellen nun einmal darstellt, derart
einschneidend vergewaltigt wird.“
Sylvester fragte so schnell, dass es sich anhörte, als
unterbräche er sie: „Aber anfangs hast du, entschuldige, doch
unter derselben Zielstellung mitgewirkt!“
„Nun ja.“ Wieder lächelte sie, diesmal beinahe verlegen.
„Man wird klüger. Außerdem hielt ich zu Beginn die Versuche
mehr für Ausgangspunkte einer Gen-Grundlagenforschung.
Das Ziel existierte für mich nur theoretisch. Je mehr ich
meinen Irrtum einsah, desto mehr geriet ich in einen inneren
Konflikt. Obwohl ich Vorteile sähe in der allgemeinen
Einführung derartiger Forschungsergebnisse… Zum Beispiel
würde es sich in der Masse doch auf den Futterverbrauch
auswirken, in der tierischen Produktion, meine ich. Wir hätten
endlich eine Möglichkeit, die Sonnenenergie unmittelbarer zu
nutzen. Wir könnten sauerstoffarme Regionen mit Tieren
besiedeln, aber hier, glaube ich, wird es bereits anfechtbar. Ich
bin eben der Meinung, dass die Einführung solcher Ergebnisse
dem Wissenschaftsethos widerspricht. Ich denke daran, dass
solch eine Entwicklung schließlich beim Tier nicht aufhören
muss…“ Conny Higgs brach ab, ihr Blick glitt über die
Gesichter der beiden Besucher, ging dann hinunter zum
Stausee. Dann setzte sie versonnen, leise hinzu: „Sicher bist du
anderer Meinung, wie auch damals die jungen Leute. Ich
konnte mich natürlich nicht durchsetzen. So bin ich den Weg
des geringsten Widerstandes gegangen. Glaubt nicht, dass es
mir leichtgefallen ist. Ob ich mich heute noch einmal so
entscheiden würde, weiß ich nicht. Obwohl ich viel Zeit zum
Nachdenken hatte, bin ich darüber zu keinem Ergebnis
gekommen. Wenn du so willst, sitzt da ein Zweifel…“
Sylvester Reim fühlte sich angerührt und ein wenig
beschämt. Er reiste durch die Lande als Schweinetreiber, lief
Leuten hinterher – im Urlaub sogar – und zog noch andere in
seine Probleme mit hinein; alles mit dem Ziel, mehr für den
Fortgang der Arbeiten zu tun – oder? Schwang nicht auch ein
Quantum Neugierde mit? Nun musste er erkennen, dass er sich
solche Fragen überhaupt nicht gestellt hatte, dass er
oberflächlich an eine Sache ging, die tiefes Nachdenken
erforderte. „Aber“, sagte er, und er konnte nicht verhindern,
dass es rechtfertigend klang, „wenn im Rat solche
Forschungen beschlossen werden, dann ist diese Frage
entschieden!“
„Der Meinung bin ich nicht. Nur im Prinzip hast du Recht.
Überlege, wie diese Entscheidungen zu Stande kommen.
Haltung und Persönlichkeit derer, die den Antrag stellen, sind
ausschlaggebend. Dabei unterstelle ich beileibe nicht, dass
solche Menschen täuschen, das wäre absurd! Aber auch ein
Rat muss nicht a priori fehlerlos sein. Wobei“, ihr Blick wurde
unsicher, „es in diesem Fall nicht feststeht, ob es ein Fehler
war. Es könnte ebenso die
– unausgegorene nostalgische
Meinung eines – na, sagen wir es ehrlich – vereinsamten
Menschen sein.“
Sylvester Reim verzieh in diesem Augenblick Conny Higgs
sogar die Raucherei. Welch wunderbare Fähigkeit, sich selbst
zu betrachten! Er meinte, dass er in diesen Minuten mehr
gelernt und erfahren hatte, als in manchen Tagen der
Ausbildung. Ihm blieb nur unverständlich, wie es immer noch
möglich war, solche Menschen wie die Higgs vereinsamen zu
lassen. Und wieder dachte Sylvester an diese günstige
Wohnstatt in Nowosibirsk, die so viele Kontaktmöglichkeiten
bot, ohne das Individuelle im Geringsten zu

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